Bottrop. Restaurantbetriebe sind im Lockdown, Abschlussprüfungen finden trotzdem statt. Drei Bottroper Azubis über ein verlorenes Jahr.

Vom Corona-Lockdown besonders stark gebeutelt ist – und bleibt zunächst - die Gastro- und Hotelbranche. Und mit ihr die Azubis, die sich ihre berufliche Zukunft in diesem Bereich aufbauen wollen.

Gerade mal zwei Monate lief zum Beispiel die Ausbildung für Koch-Azubi Sathukrischna Nageswaran (18; erstes Lehrjahr) in geordneten Bahnen, bevor der Bahnhof Nord Anfang November in den zweiten Lockdown gehen musste. Einen Lieferservice bietet das gehobene Restaurant nicht an. „Ich konnte hier in der Küche schon viel lernen“, sagt er. Doch jetzt kommt die Praxis ohne Frage zu kurz, das Über-die-Schulter-Gucken beim Profi. Selbst wenn Sathukrischna daheim auch kocht. „Ich habe Angst, dass es mit Corona so weitergeht. Und ich bin leicht verärgert, dass nichts zu tun ist. Dass ich die Gäste sich nicht freuen sehen kann.“

Aufgaben für daheim gibt’s für die Azubis vom Betrieb und im Distanzunterricht von der Berufsschule. Der sei natürlich nicht gleichzusetzen mit dem echten Berufsschulbesuch in Gelsenkirchen, sagt Sathukrischna. Zudem breche die Iserv-Schulplattform des Öfteren zusammen.

Für angehende Restaurantfachfrau stehen bald Prüfungen an

Für Laura Laszetzki (21), Restaurantfachfrau im dritten Lehrjahr, ist die Lage noch schwieriger: Im Mai/ Juni stehen ihre Prüfungen an. „Die Theorie wird in der Berufsschule gut vorbereitet. Mir fehlt das Praktische“, sagt sie. Beim Filetieren oder Tranchieren zum Beispiel fehle ihr die Übung, „das könnte kritisch werden“, macht sie sich schon ein paar Sorgen um die Prüfung. Immerhin: „Unsere Lehrerin sagt, wenn die Schule wieder beginnt, können wir dort üben.“ Vorgesehen ist Präsenzunterricht für Abschlussklassen grundsätzlich ab dem 22. Februar. Die Stimmung in ihrer Klasse sei nervös, ihre Mitstreiter hätten auch Angst, in der wirtschaftlich gebeutelten Gastro-Branche selbst nach Corona keine Zukunft zu haben.

Der Koch und Gastronom Thorsten Stöcker bildet in seinem Betrieb Azubis aus - durch den Corona-Lockdown unter erschwerten Bedinungen.
Der Koch und Gastronom Thorsten Stöcker bildet in seinem Betrieb Azubis aus - durch den Corona-Lockdown unter erschwerten Bedinungen. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Noch am Anfang ihrer Restaurantfachfrau-Lehre steht Joyce Dettke (17), und auch für sie ist frustrierend, dass das Praktische auf Eis liegt. „Mir fehlt zum Beispiel der Umgang mit den Gästen, mit den Getränken.“ Zum Glück sei nicht alles gestoppt, Lernen kann der Nachwuchs ja weiterhin. „Ich denke, dass ich durch die Zeit alle einholen kann“, blickt Joyce zuversichtlich auf ihre weitere Lehrzeit.

Routine müssen Azubis im Betrieb bekommen

„Das ist für sie ein verlorenes Jahr“, kommentiert Bahnhof-Nord-Inhaber Thorsten Stöcker die Situation der Azubis. „2020 haben wir vielleicht drei normale Monate gehabt.“ Und in diesem Jahr noch keinen einzigen Tag. „Wir werden versuchen, das irgendwie zu kompensieren.“ Vielleicht durch eine intensivere Prüfungsvorbereitung. Die Grundlagen vermittle ja die Berufsschule, aber die Routine müsse einfach im Betrieb dazu kommen. „Bei Joyce und Sathukrischna sehe ich das nicht so problematisch“, so Stöcker – die beiden stehen ja erst am Anfang ihrer Ausbildung, und die könne im Bedarfsfall um ein halbes Jahr verlängert werden. „Schade ist es für Laura.“ Die sei bereits Fachkraft im Gastgewerbe und habe sich entschlossen, den höherwertigen Abschluss draufzusetzen. „Da müssen wir rangehen, wenn wir wieder Präsenz zeigen dürfen.“ Stöcker geht davon aus, dass die Restaurants ab Ostern ihren Betrieb wieder aufnehmen dürfen.

Zur Sorge des Nachwuchses um die Zukunft der Branche meint der Gastronom: „Ich glaube, dass die Betriebe, die vor der Corona-Krise ordentlich finanziell aufgestellt waren, danach genauso gut dastehen werden wie vorher.“ Nach dem ersten Lockdown habe man gesehen, was für ein Nachholbedarf da war. „Ich kann aber die gesamtgesellschaftliche Situation nicht einordnen – haben die Leute noch genauso viel Geld wie vorher?“ Sein Betrieb habe im Übrigen die unterstützende Abschlagszahlung bekommen, auf die andere Unternehmen offenbar noch warten.

Und Joyce und Sathukrischna in der Krise gar nicht erst einzustellen oder ihnen aufgrund des zweiten Lockdowns in der Probezeit noch zu kündigen, wäre für Stöcker keine Lösung gewesen. „Das fände ich auch unfair. Keiner hat sich so etwas gewünscht. Wir waren sehr enttäuscht, dass wir die ersten waren, die geschlossen wurden. Wir haben viel getan, um die Corona-Regeln einzuhalten.“

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Alle Prüfungen finden statt

Laut der IHK Nord Westfalen finden alle anstehenden Prüfungen in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung wie geplant statt, auch die Frühjahrs-Zwischenprüfungen. Carsten Taudt, Leiter des Geschäftsbereichs Bildung und Fachkräftesicherung: „Unstrittig war bislang die Durchführung der Fortbildungs- und Abschlussprüfungen, noch nicht ganz sicher vor allem die Zwischenprüfung.“

Nach der Einigung zwischen Bund und Ländern sei jedoch nun klar, dass sowohl die Abschlussprüfung Teil 1 als auch die Zwischenprüfungen unter anderem wegen ihrer Bundeseinheitlichkeit stattfinden, „solange es die örtlichen Rechtsvorschriften zulassen.“ Aktuelle Infos gibt es hier: www.ihk-nw.de/pruefungstermine