Herne. 63.000 freie Impftermine soll es laut NRW-Gesundheitsminister Laumann in Westfalen-Lippe geben. Die Herner sind verärgert. Ein Missverständnis?
„Es wurden keine freien Termine in Ihrer Region gefunden. Bitte probieren Sie es später erneut.“ – seit mehr als zwei Wochen liest Martin Schata täglich diese beiden Sätze. Seine Mutter Anna Maria Schata lebt in Herne und feiert im Mai ihren 97. Geburtstag. Einen Termin für die Corona-Schutzimpfung hat sie aber noch nicht – obwohl es, wie NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Montag (8.2.) in Düsseldorf mitteilte, etwa 63.000 freie Termine in Westfalen Lippe geben soll.
„Mich ärgert diese Diskrepanz zwischen den öffentlichen Aussagen ‚Wir haben alles im Griff!‘ und der Realität“, sagt Martin Schata. So gebe es für das Impfzentrum in Herne derzeit keine freien Termine – und das, obwohl die Stadt wochenlang ein Corona-Hotspot gewesen sei. Seine Mutter traue sich aus Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken und im Krankenhaus zu landen, kaum noch vor die Tür.
KVWL: „Es ist nicht so, dass wird über 60.000 freie Termine im System haben“
Vanessa Pudlo, Sprecherin der KVWL, befürchtet ein Missverständnis. So hätten in Westfalen-Lippe bislang rund 290.000 Menschen Termine für die Erst- und Zweitimpfung erhalten. Etwa 350.000Bürger, die über 80 sind, zuhause wohnen und die Möglichkeit haben, in ein Impfzentrum zu kommen, leben in der Region. 60.000 Menschen haben demnach bisher keinen Termin ausmachen können. „Ich kann es mir nur so erklären“, sagt Pudlo. „Es ist nicht so, dass wird über 60.000 freie Termine im System haben, die keiner bucht.“
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Einige Hernerinnen und Herner, die sich zu Beginn der Terminvergabe im Januar bereits über überlastete Internetseiten und besetzte Telefonleitungen ärgerten, müssen sich also noch gedulden. „Es werden täglich neue Termine eingestellt – auch für Herne“, versichert die Sprecherin der KVWL. Dabei handele es sich jedoch in den meisten Fällen nur um „ein kleines Terminkontingent“. Die Impftermine seien dementsprechend schnell ausgebucht. Die Mitarbeiter raten daher, sich möglichst täglich auf der Webseite zu informieren oder telefonisch unter 116 117 oder 0800 116 117 02 zu erfragen, ob Termine frei sind. Wer jetzt einen Termin bucht, sei aber frühestens im April dran, so Pudlo.
„Die Terminvergabe ist einfach nicht altersgerecht“
Doch nicht alle älteren Menschen haben jemanden, der sich für sie um die Terminvergabe kümmert, weiß Martin Schata. Zwar führe seine Mutter mit ihren 96 Jahren noch immer – wenn auch nicht zu Corona-Zeiten – ihr kleines Lädchen „Rumpelstilzchen“ in der Hiberniaschule und besitze auch ein iPad, mit dem sie gelegentlich im Internet surfe, einen E-Mail-Account habe sie allerdings nicht. Doch den braucht sie zwingend, wenn sie online einen Termin vereinbaren möchte. Und auch eine telefonische Terminvereinbarung sei für sie aufgrund ihrer Schwerhörigkeit nicht problemlos möglich.
Zweittermin ist gesichert
In einigen Fällen ist es aufgrund eines technischen Fehlers bei Online-Buchungen vorgekommen, dass Bürger einen Ersttermin, aber keinen Zweittermin erhalten haben.
Hernerinnen und Herner, die davon betroffen sind, sollen den Ersttermin dennoch wahrnehmen, teilt die KVWL mit. Sie erhalten ihren Zweittermin spätestens bei ihrem ersten Termin im Impfzentrum.
„Die Terminvergabe ist einfach nicht altersgerecht“, sagt der Arzt aus Düsseldorf, der sich insbesondere für die ältesten Menschen unserer Gesellschaft „etwas mehr Fürsorglichkeit“ gewünscht hätte. Die KVWL aber mache bei der Terminvergabe keinen Unterschied zwischen 80- und 96-Jährigen. „Wie hieß es doch aus aller Munde? Die alten Menschen schützen“, so der 68-Jährige. „Schöne, aber leere Worte. Meine Mutter traut sich seit Monaten nicht mehr aus dem Haus.“
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