Herne. Die Herner Gastronomen leiden besonders unter Corona. Nun spitzt sich die Lage wieder zu. Einige Wirte entwickeln aber neue Konzepte.
Die Corona-Pandemie hat auch die Gastwirte in Herne schwer getroffen. In den vergangenen Monaten verzeichneten sie große Umsatzrückgänge, Mitarbeiter mussten gehen. Nun spitzt sich die Lage wieder zu: Die Pächter schauen mit Sorge in den Herbst und Winter. Sie sagen: Bloß kein neuer Shutdown. Um mehr Geld einzunehmen, entwickeln viele aber neue Konzepte.
Seit Freitag dürfen private Feiern in öffentlichen Räumen nur noch mit maximal 25 Personen stattfinden. Zu diesen öffentlichen Räumen zählen auch Restaurants. „Mit gemischten Gefühlen“ schaut Markus Galland in den Herbst und Winter. Er betreibt das Haus Galland in Sodingen und ist Chef der Dehoga, des Hotel- und Gaststättenverbandes in Herne. Mit Blick auf die Branche sagt er: „Manche haben die Lage gut im Griff, andere nicht“, weiß er. Und: „Die einen halten länger durch, andere nicht.“ Umsatzeinbußen von 60 Prozent seien in den Gaststätten keine Seltenheit. Größere Gruppen gebe es kaum noch, Weihnachtsfeiern etwa fielen fast komplett aus.
In den Elsässer Stube setzten sie Pächter auf eine „Doppelbelegung“
In den Elsässer Stuben seien die Einnahme-Ausfälle enorm, berichtet Gudrun Kroll, die mit ihrem Mann Herbert das Restaurant in Herne-Mitte führt. Statt der üblichen 100 Plätze könnten sie jetzt nur noch 60 besetzen, damit die Abstände eingehalten werden könnten. Das spürten sie in der Kasse. Einige Mitarbeiter hätten sie deshalb entlassen, andere in Kurzarbeit schicken müssen. Nach dem Lockdown mit dem Komplettausfall des Restaurants sei der Sommer noch ganz gut gelaufen: „Die Gäste waren froh, dass sie wieder kommen konnten.“ Jetzt im Herbst werde die Lage aber schwierig, da Außenplätze wegfielen. Zahlreiche geplante Feiern seien abgesagt worden, nur die kleinen mit maximal zwölf Personen fänden statt.
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Um mehr Einnahmen zu gewinnen, setzen die Krolls am Wochenende abends nun auf eine „Doppelbelegung“. Heißt: Jeder Tisch werde zweimal vergeben – einmal von 17 bis 20 und einmal ab 20 Uhr. „Die Gäste haben Verständnis dafür“, sagt Kroll. Dadurch komme mehr Geld in die Kasse. Ärgerlich: Die Schreibtischarbeit habe sich durch Corona um 50 Prozent erhöht: Anträge für Hilfen, Kurzarbeit und die geänderte Mehrwertsteuer. „Der Schriftkram ist immens zeit- und nervenraubend“, stöhnt Gudrun Kroll. Sie ist aber zuversichtlich: „Die nächste Zeit wird schwierig, aber wir werden das schaffen, wenn kein weiterer Shutdown kommt.“
Außenbiergarten, Glühweinbude und Kochschule für das Parkhotel
Hendrik van Dillen, Betreiber der Guten Stube im Parkhotel, berichtet von Umsatzeinbußen von knapp 60 Prozent. Aktuell rechnet er mit Umsatzrückgängen von 30 bis 50 Prozent für den Winter. Das sei heftig: „Bei der geringen Umsatzrentabilität in der Gastronomie sind bereits Rückgänge von zehn bis 15 Prozent existenzbedrohend.“ Fast alle seine Mitarbeiter seien noch bis Ende des Jahres zwischen 50 und 100 Prozent in Kurzarbeit. Immerhin: „Kündigungen konnten wir bislang vermeiden, und wir setzen alles daran, diese auch künftig zu vermeiden.“
Der Restaurantchef entwickelt neue Geschäftsmodelle, um Kapazitäten auszulasten und die Mitarbeiter nach und nach wieder aus der Kurzarbeit zu holen. Aktuell werde ein Außenbiergarten geschaffen, in dem rund 40 Menschen beheizt in einem Zelt sitzen, essen und trinken könnten. Zudem werde dort eine Glühweinbude errichtet. Und: „Unsere großteils ungenutzten Kegelbahnen weichen gerade einer neuen Kochschule“, erklärt van Dillen. „Hier hoffen wir die eine oder andere kleine Weihnachtsfeier durchführen zu können.“
Viele Menschen sagen Reservierungen kurzfristig wieder ab
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Im Cranger Restaurant Zum Krummen Hund sind von den einst 15 festen Mitarbeitern wegen Corona nur noch neun übrig. „Wir sind von unserer Lage her eigentlich immer gesegnet mit Großveranstaltungen – deshalb auch das viele Personal“, sagt Geschäftsführer Ivan Kupreskic. So die Cranger Kirmes. In diesem Jahr fiel aber nicht nur der Rummel weg, sondern ebenso alle „Anker-Veranstaltungen“ – Oster- sowie Kommunions- und Konfirmations-Feiern, aber auch die Biergartenvorsaison. Die Umsatzeinbußen übers Jahr gesehen lägen zwischen 50 und 60 Prozent.
Und auch für Herbst und Winter sehe es düster aus. „Ich gehe davon aus, dass wir Feiern mit Gruppen von maximal 25 Personen ausrichten dürfen.“ Ob die lange im Voraus gebuchten Weihnachtsfeiern stattfinden, sei fraglich. Aktuell sagten viele Menschen sehr kurzfristig ab, auch „normale“ Reservierungen. So sei der Krumme Hund am vergangenen Freitag und Samstag zunächst komplett ausgebucht gewesen. „Ab 20 Uhr kamen die ersten Absagen, Samstag dann noch mal drei – so dass die zweite Belegung am Samstag zu 80 Prozent verloren war“, sagt Kupreskic. Die Mehrwertsteuersenkung sei für Gastronomen eine große Erleichterung: „Uns wäre wirklich geholfen, wenn diese für die nächsten fünf Jahr bestehen bleibt.“ Schließlich wisse man ja nicht, was noch kommt. „Das Maßnahmenpaket ist ein bisschen, wie jemanden künstlich am Leben zu halten. Ich fürchte, viele werden daraus nicht mehr aufwachen.“
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