Herne. Kommende Woche beginnt der Rückbau der Schachthalle der früheren Zeche Pluto in Herne. Der Abriss ist kompliziert, stellt aber wichtige Weichen.
„Glückauf Zukunft“ soll das Gewerbegebiet heißen, das auf dem Areal der ehemaligen Zeche Pluto 2/3/7 an der Wilhelmstraße entstehen soll. Bevor die Zukunft beginnt, muss ein Teil der Vergangenheit weichen. Ab der kommenden Woche wird die alte Schachthalle unter dem Förderturm zurückgebaut - ein kompliziertes Projekt mit einer wichtigen Weichenstellung.
Gerade die Anwohner der nahen Thiesstraße dürften „endlich“ seufzen angesichts des bevorstehenden Abrisses. Der Grund: Seit Jahren läuft der Verkehr zum Chemieunternehmen Innospec und zum Heitkmap-Betriebshof über deren kleine Straße. In der Vergangenheit hatte es mehrfach Ortstermine wegen dieses Problems gegeben. Verschwindet die Schachthalle, kann der Verkehr später neben oder unter dem Förderturm hergeführt werden. Die heutige Privatstraße soll ertüchtigt und in eine öffentliche Straße umgewandelt werden. Nach den Worten von Jörg Kranz, Chef des Bau-Unternehmens Heitkamp, werden sich durch die neue Verkehrsführung neue Wachstumsmöglichkeiten für Innospec eröffnen.
Bis die ersten Fahrzeuge über die neue Straße rollen, wird es noch einige Zeit dauern. Allein der Abriss könnte bis April 2021 dauern. Dafür, dass der Rückbau so lange auf sich warten ließ, gibt es verschiedene Gründe. So musste die Halle aus dem Denkmalschutz befreit werden. Hinzu kommt, dass das Gebäude marode ist. RAG Montan Immobilien hatte schon 2007 Mängel an der Fassade festgestellt, inzwischen ist das Gebäude einsturzgefährdet.
Der Rückbau, den die Heitkamp-Sparte Umwelttechnik realisiert, ist ein kompliziertes Unterfangen. Statt eine Abrissbirne ins Mauerwerk sausen zu lassen, muss die Halle teilweise von Hand abgebrochen werden. Damit die Halle nicht wie ein Kartenhaus unkontrolliert einstürzt, werden sogar Träger zur statischen Sicherung angeschweißt.
Sperrungen um Umleitungen
Der Rückbau sorgt für verschiedene Einschränkungen wie Sperrungen und Umleitungen.
So muss sicherheitsbedingt der Radweg zwischen der Thiesstraße und der Halde Pluto von Anfang Oktober bis voraussichtlich Anfang Januar gesperrt werden.
Darüber hinaus sind nicht alle Gebäude der RAG oder die Forensik über die Wilhelmstraße erreichbar. Dazu wird sowohl eine Umleitung für RAG-Mitarbeiter über die Zufahrt der Firma Heitkamp an der Thiesstraße sowie eine interne Umleitung auf dem RAG-Gelände eingerichtet.
Ein weiterer Grund für die besondere Herausforderung: Der Kitt der Fensterelemente ist asbesthaltig. Um diese auszubauen, ohne gesundheitsschädliche Emissionen zu verursachen, werde ein spezielles Verfahren angewandt, so Lothar Mikolajewski, Prokurist bei Heitkamp Umwelttechnik. Dieses Verfahren sei bereits in einem Pilotprojekt getestet worden. Die Fensterelemente sowie das Fassaden-Mauerwerk werden von einer gondelähnlichen Arbeitsplattform aus in Handarbeit entfernt. Erst in einem zweiten Schritt kommt ein Bagger zum Einsatz, um den Rest der Halle (63 Meter lang, 19 Meter breit und 25 Meter hoch) abzureißen.
Der Förderturm, der ebenfalls denkmalgeschützt ist, wird erhalten bleiben. Einen schönen Anblick bietet er angesichts des Rosts zwar nicht, doch einsturzgefährdet sei er keinesfalls, so Hernes Planungsdezernent Karlheinz Friedrichs. Mittelfristig soll er saniert werden, dazu sei zunächst ein Gutachten nötig - und später ein Fördertopf, um die Kosten aufzubringen. An der Bedeutung des „Doppelbocks“ gibt es keine Zweifel bei der Stadt. Neben Teutoburgia ist er der einzige noch existierende Förderturm in Herne und eine Landmarke mit hoher Identifikationskraft.
RAG-Vorstand Michael Kalthoff betonte bei der Vorstellung des Rückbaukonzepts, dass es spannend sei, dass Pluto mit seiner über 100 Jahre alten Tradition ein Zukunftsstandort sei. Einerseits für die RAG selbst, weil dort die Leitwarte für die gesamte Wasserhaltung der RAG steht, andererseits, weil die Fläche weiter entwickelt wird.
Diese Zukunft hat bereits mit dem Bau der neuen Heitkamp-Unternehmenszentrale begonnen, Firmenchef Jörg Kranz hat bereits klare Vorstellungen für eine weitere Entwicklung. Oberbürgermeister Frank Dudda sieht den Abriss auch als neues Kapitel im Strukturwandel und eine Renaissance der Industrie. Auch er zeigt sich erleichtert, dass die Anwohner entlastet werden.