Herne. Herne will sich zum Zentrum für umweltfreundlichen Lieferverkehr entwickeln. Das sagte OB Frank Dudda beim Forum „Citylogistik der Zukunft“.
Autos belasten durch Staus, Lärm und Luftverschmutzung die Innenstädte. Einen wesentlichen Teil der Fahrten bilden Untersuchungen zufolge Lieferverkehre. Herne entwickele derzeit spezielle Konzepte, die umweltfreundliche Transporte ermöglichen sollen, berichtete Oberbürgermeister Frank Dudda bei der Vorstellung des Projekts „Mobilität im Ruhrgebiet“ der Essener Brost-Stiftung und des NRW-Verkehrsministeriums.
Die jüngste Idee: In Herne soll ein Hotspot umweltfreundlicher Liefertechnik entstehen. Elektrische Lastenfahrzeuge, vom Rad bis zum Transporter, sind ebenso vorgesehen wie Ladesäulen und moderne Paketstationen.
Lieferdienste auf E-Mobilität umstellen
Beim Forum „Citylogistik der Zukunft“ am Montagabend in der Akademie Mont Cenis erläuterte Dudda, dass es wichtig sei, neue E-Lieferwagen auf den Markt zu bringen, wie es unter anderem das Unternehmen Mosolf in Herne ab dem nächsten Jahr beabsichtige. Aber man brauche auch Orte und Räume, an denen E-Fahrzeuge aller Art abgestellt, aufgeladen und wieder abgeholt werden könnten. Ob zwei- oder vierräderig: Die fahrbaren Untersätze sollen nach Duddas Plänen einen Anreiz bieten, damit Pflegedienste, Apotheken, Lebensmittelgeschäfte oder auch weitere Branchen ihre Touren auf Elektromobilität umstellen.
Mit den Paketstationen verfolgt er nach eigenen Worten ein anders gelagertes Ziel: Sie sollen dazu beitragen, die Fahrten von Paketwagen zu verringern, da die Boten die Lieferungen nicht mehr bis zur Haustür bringen müssten. Zudem setzt Dudda auf einen besonderen Clou bei der Ladetechnik. Hier sollen Verfahren entwickelt werden, mit denen die Aufsätze der Lastwagen in der Lage sind, Energie für den Antrieb der Fahrzeuge zu tanken. Auf diese Weise lasse sich der gesamte Aufladevorgang vereinfachen, erklärte der Oberbürgermeister. Die Stadt Herne stehe dazu mit dem Institut für Elektrotechnik der Fachhochschule Bochum in Kontakt.
Umfrage während des Forums mit digitalen Mitteln
An den Konzepten aus Herne bekundeten gleich einige Teilnehmer Interesse. Die Stadt Herne solle doch, wenn sie solche Modelle weiterentwickelt hat, auf ihrer Internetseite darüber berichten. Eine Umfrage unter den Besuchern zeigte stellvertretend, wie sich das Verhalten der Menschen geändert hat, meinte Moderatorin Anja Bröker. Rund die Hälfte der Gäste gab an, mindestens einmal pro Woche online Ware zu bestellen. Die Quote werde sich noch erhöhen, prognostizierte NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst. Vor allem „Lebensmittel kommen mit Macht“, meinte der CDU-Politiker.
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Wenn die Rewe-Gruppe die Vielzahl ihrer Geschäfte beliefere, dann sei sie auf Zeiten des Berufsverkehrs angewiesen und auf Strecken mit reichlich Stau, erklärte Birgit Heitzer, Logistik-Leiterin im Konzern. An drei Standorten habe man jetzt über fünf Wochen eine nächtliche Lieferung ausprobiert, mit geräuscharmen E-Fahrzeugen und weiteren Schutzmaßnahmen, um Lärm, beispielsweise beim Abladen, zu dämmen. Beschwerden habe es keine gegeben, aber rechtliche Hürden stünden ohnehin für eine generelle Handhabe im Weg. Oberbürgermeister Dudda gab sich eher verhalten, ob er solche Anlieferzeiten in Herne befürworten würde. Die nächtliche Ruhe sei doch nun mal ein hohes Gut.
Planungsrecht als Hemmschuh
Bestimmungen des Planungsrechts sind nach Aussage von Minister Wüst ganz entscheidende Hemmschuhe, um Radwege zu bauen oder Bahnstrecken anzulegen. Er wolle keineswegs Bürgerrechte einschränken, noch „mit der Planierraupe“ durchs Land ziehen, aber mehr Handlungsspielräume seien durchaus wünschenswert und vorteilhaft. Nach Einschätzung des Ministers stellt die Finanzierung solcher Verkehrsprojekte ein geringeres Problem dar als die Überwindung juristischer Hürden.
Förderantrag bei Bezirksregierung
Um Geld für die Beratung in Sachen Mobilitätszentrum (E-Fahrzeuge, Ladestationen) zu bekommen, hat der Oberbürgermeister einen Antrag bei der Bezirksregierung gestellt.
Minister Wüst wies auf ein milliardenschweres Förderprogramm hin, um Bus und Bahnangebote auszubauen.
Bodo Hombach, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung, erläuterte, dass das Projekt „Mobilität im Ruhrgebiet“ den ÖPNV ebenso umfasse wie smarte Technik und neue Antriebstechnologien.
Oberhausen entwickelt ein Projekt zu Lastenfahrzeugen, Bottrop zu Depotstationen für Lieferverkehre.
Ein Schulterschluss der Paketdienste wirft Fragen auf
Lange Wege müsse mancher Paketbote zurücklegen, bis er den Empfänger erreicht hat, erklärte Professor Uwe Clausen vom Fraunhofer-Institut. Da stelle sich durchaus die Frage, ob nicht gerade bei entlegeneren Zielen mehrere Paketdienste eine gemeinsame Fahrt organisieren könnten. Logistik sei auch immer eine Frage der Ressourcen. Clemens Beckmann von Deutsche Post DHL gab zu bedenken, dass auch der Transport der Ware ein Teil des Marketings sei und auch rechtliche Aspekte hineinspielen. Denn ein Unternehmen trage Gewähr, dass die Ware wohlbehalten den Kunden erreiche.