Düsseldorf. NRW-Verkehrsminister Wüst hat ein Problem mit der Düsseldorfer Umweltspur. Hier verrät er, was er sich von der „ÖPNV-Offensive“ verspricht.
Im Büro von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) im zehnten Stock des Düsseldorfer Stadttors stehen allerhand Spaten als Andenken an die Eröffnung von Straßenbaustellen. In der Garderobe hängt sein Fahrradhelm für die kurzen Dienstfahrten in der Landeshauptstadt. Stau, Verkehrswende, Rad – über seine aktuellen Herausforderungen sprach Wüst mit unserer Redaktion.
Herr Minister, Sie haben mit scharfen Worten die dritte Düsseldorfer Umweltspur kritisiert. Was haben Sie gegen eine Fahrbahn, die für klimafreundlichen Verkehr reserviert ist?
Als es um die ersten beiden Umweltspuren ging, habe ich mich sogar beim Bundesverkehrsministerium dafür eingesetzt, dass die Stadt Düsseldorf diesen Verkehrsversuch unternehmen kann. Ich bin auch nicht prinzipiell dagegen, Radverkehr, Elektroautos und Fahrgemeinschaften Vorrang einzuräumen. Die Kommunen bauchten noch ein Instrument zur Einhaltung der Luftreinhaltepläne. Andere Kommunen haben vergleichbare Probleme. Sie richten Umweltspuren aber intelligenter ein wie zum Beispiel die Stadt Essen, wo mit intelligenter Ampelsteuerung gearbeitet wird. Vor Einrichtung einer dritten Umweltspur hätte die Stadt Düsseldorf die Erfahrungen mit den ersten beiden Umweltspuren auswerten sollen. Schon diese Umweltspuren haben zu Rückstau bis auf die A46 geführt.
Werden Sie einschreiten?
Verkehrssicherheit und saubere Luft müssen unter einen Hut gebracht werden. Wir dürfen uns nicht saubere Luft mit der Gefährdung von Menschenleben erkaufen. Wir werden genau beobachten, ob sich die Verkehrslage zu den Stoßzeiten beruhigt oder nicht und notfalls einschreiten.
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VRR-Chef Lünser hat Umweltspuren als Variante gelobt, Individualverkehr „unattraktiver zu machen“. Ist das Ihr Ansatz?
Die Reihenfolge ist entscheidend. Wir brauchen erst ein besseres Angebot - im ÖPNV, mehr Park & Ride-Parkplätze und bessere Radwege. Die Pendler fahren nicht aus Jux und Dollerei mit dem Auto in die Städte, sondern weil sie anders nicht zur Arbeit kommen. Ein künstlich erzeugter Stau hilft der Umwelt überhaupt nicht.
Der Bundesrechnungshof wirft den Ländern vor, die sogenannten Regionalisierungsmittel für den Nahverkehr nicht auszugeben. Warum lassen Sie Geld für Bus und Bahn liegen?
Die Kritik des Bundesrechnungshofs bezieht sich auf das Jahr 2016 und war berechtigt. Rot-Grün hatte nicht genug Pläne für einen besseren ÖPNV. Wir haben nach dem Regierungswechsel 2017 einen Kassensturz gemacht und gleich losgelegt, zusätzliche ÖPNV-Projekte zu fördern. Selbst wenn man für Großprojekte wie die Betuwe-Linie oder den RRX einen finanziellen Puffer einplanen muss, kann man keinem Pendler erklären, dass bei Rot-Grün Geld für den Nahverkehr einfach nicht ausgegeben wurde. Das haben wir geändert. Wir können heute zusagen, dass wir alle bis 2031 zur Verfügung stehenden Regionalisierungsmittel auch in den ÖPNV investieren werden. Hier bleibt kein Geld aus Berlin mehr liegen.
Sie versprechen eine „ÖPNV-Offensive“. Was soll das sein?
Allein eine Milliarde Euro stellen wir bis 2031 für die dringend notwendige Erneuerung der Stadt- und Straßenbahnen zur Verfügung. Außerdem investieren wir in die Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken und in ein robustes Netz, also in die Ertüchtigung von Gleisen für mehr Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.
Müssten Sie bei der angestrebten Verkehrswende nicht innovativer denken?
Das tun wir. Deshalb wird es die Förderung ganz neuer Projekte geben: Rund 100 Millionen Euro fließen in den nächsten zwölf Jahren in Schnellbus-Linien im ländlichen Raum oder im Speckgürtel der Großstädte und weitere 120 Millionen Euro in On- demand-Verkehre.
Was verstehen Sie unter „On-demand-Verkehr“?
Das ist eine Art Shuttleservice, den man per Smartphone-App bestellen kann. Das kann eine wichtige Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs werden und mehr Autofahrer motivieren, den Wagen auch mal stehen zu lassen. Die Duisburger Verkehrsgesellschaft hat das erfolgreich mit dem Projekt „My Bus“ getestet.
Bürger und Kommunen rufen auch zunehmend nach Radwegen. Wann reagieren Sie?
Wir geben so viel Geld wie nie zuvor für Radwege aus. Es gibt eine Menge an guten Radwegeprojekten entlang von Bundes- und Landesstraßen, die wir gerne schnell umsetzen würden. Dafür brauchen wir mehr Planungskapazitäten. Deshalb bauen wir im nächsten Jahr erstmals beim Landesbetrieb Straßen.NRW eine eigene „Planungsgruppe Rad“ auf mit zehn zusätzlichen Planern, die sich nur um Radwege kümmern.