Herne. Bei der Kundgebung der „besorgten Bürger“ hat es einen Zwischenfall gegeben. Auch Gegendemonstranten waren wieder in der Herner Innenstadt.
Bei der Kundgebung von selbst ernannten „besorgten Bürgern“ hat ein Hitlergruß eines Mitläufers eine Anzeige der Polizei nach sich gezogen.
Etwa 90 „besorgte Bürger“ hatten sich wie angekündigt um 18 Uhr am Netto-Parkplatz an der Von-der-Heydt-Straße getroffen. Eine Einsatzhundertschaft schirmte die Strecke über einen Teil der Bahnhofstraße von der Kundgebung am Robert-Brauner-Platz ab.
Auseinandersetzung mit Gegnern der „besorgten Bürgern“
Foto-Stopp am Herner Bahnhof: Mit Daumen hoch posierten die Teilnehmer der Kundgebung. Daneben hatten sich Gegner der „besorgten Bürger“ postiert. Sie hielten ihnen ein Plakat mit der Aufschrift „Liebe deinen Nächsten“ entgegen. „Ich habe auch Kinder. Gnade euch Gott, wenn denen etwas passiert“, rief einer der „besorgten Bürger“ den Gegnern zu. Ein wartender Autofahrer schleuderte indes den „besorgten Bürgern“ Beleidigungen entgegen.
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Auf der Manteuffelstraße stockte dann der Zug. Ein Teilnehmer hatte nach Polizeiangaben „Heil Hitler“ gerufen. Die Polizei stellte seine Personalien fest. Den Mann erwartet eine Anzeige wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Im strömenden Regen lief die Gruppe schließlich über den für kurze Zeit gesperrten Westring zurück zum Netto-Parkplatz. Dort zerstreute sich die Versammlung ohne weitere Zwischenfälle.
Breiter „Gegen-Protest“ auf der Fußgängerzone
Wie in den vergangenen Wochen gab es in Herne-Mitte auch einen breiten „Gegen-Protest“ gegen die „besorgten Bürger“. Vor der Kreuzkirche fand ab 18 Uhr nach einem Glockengeläut und bald in strömendem Regen ein ökumenischer Friedensgottesdienst mit Musik und Gebeten statt.
Thema auf dem Europaplatz war unter anderem das Gleichnis vom „barmherzigen Samariter“ aus dem Lukas-Evangelium: Ein Reisender wird schwer verletzt und auf dem Boden liegend ignoriert, bis sich schließlich ein Samaritaner kümmert.
Das sagt das Strafgesetzbuch zum Hitlergruß
Das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen kann eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Gelds trafe nach sich ziehen.
Als Kennzeichen gelten laut Strafgesetzbuch Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen.
Auch wer verbotenen Zeichen und Parolen ähnliche Kennzeichen nutzt, kann bestraft werden.
Was das mit den „besorgten Bürgern“ zu tun hat? Sie wünsche sich, dass Fremden geholfen werde, statt sie zu ignorieren, abzulehnen oder auszugrenzen, sagte Pfarrerin Melanie Jansen zur WAZ. Die Vertreterin der Kreuzkirchengemeinde stand in bunten Ringelsocken vor dem Mikrofon.
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Melanie Jansen kündigte an, dass auch an den kommenden Dienstagen als Reaktion auf die „Spaziergänge“ Friedensgottesdienste vor der Kreuzkirche stattfinden, Beginn sei dann jeweils um 17.30 Uhr. Entschieden sich die „besorgten Bürger“, an einem anderen Tag zu laufen, sollen – wie an diesem Mittwoch geschehen – zusätzliche Gottesdienste stattfinden.
Mikrofon wurde herumgereicht
Ähnlich äußerte sich Jacob Liedtke, Sprecher des parteiübergreifenden Bündnis’ gegen die „Spaziergänge“. Ziel sei es, den zivilgesellschaftlichen Protest gegen den Rechtsruck zu festigen – durch einen „Gegen-Protest“ an jedem Dienstag und, wenn nötig, auch an weiteren Tagen, sollten „besorgte Bürger“ für diese ihre Rundgänge anmelden.
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Am Mittwoch mussten die Teilnehmer des „Gegen-Protests“ zusammenrücken: Wegen des bevorstehenden Winzerfests waren Teile des Robert-Brauner-Platzes mit Ständen vollgestellt. Bei der Kundgebung wurde auch ein Mikrofon herumgereicht. „Herne ist bunt, tolerant und weltoffen“, sagte ein Teilnehmer, Herne dürfe nicht „zum Aufmarschgebiet von Rechten“ werden, forderte er.