Wie verliefen die Treffen der „besorgten Bürger“ und der Menschen des „Gegen-Protests“? Viele Gerüchte kochen hoch. Hier ein Faktencheck.

Nach dem Treffen von „besorgten Bürgern“ an der Kreuzkirche, ihrem abgesagten Gang durch die Innenstadt und dem „Gegen-Protest“ auf dem Robert-Brauner-Platz ist die Gerüchteküche vor allem in den sozialen Netzwerken hochgekocht.

Die WAZ hat einen Faktencheck gemacht: Hier meist diskutierten Gerüchte und ihr Bezug zur Realität.

Gerücht: Die Antifa hat die Gelegenheit genutzt, um in Herne Flagge zu zeigen.

Antwort: Im Vorfeld, sagt Polizeisprecher Frank Lemanis, hatte die Polizei Kenntnis darüber, dass etwa 30 Antifa-Mitglieder aus Bochum und zehn aus Witten nach Herne reisen wollten. Vor Ort seien Antifa-Mitglieder aber nicht offen in Erscheinung getreten. Wenn sie da gewesen seien, hätten sie sich unter die über 300 Menschen des „Gegen-Protests“ gemischt: „Sie sind polizeilich nicht ins Auge gefallen.“

Gerücht: Die „besorgten Bürger“ durften nicht über die Bahnhofstraße laufen, weil die angereiste Antifa-Gruppe mit Gewalt gedroht hat.

Facebook-Kommentar unter einem Posting der WAZ Herne.
Facebook-Kommentar unter einem Posting der WAZ Herne. © Screenshot

Antwort: Stimmt nicht, sagt der Polizeisprecher. Siehe oben: Antifa-Gruppen seien nicht in Erscheinung getreten. Die „besorgten Bürger“ hätten nicht über die Bahnhofstraße laufen dürfen, weil die Polizei befürchtet habe, dass es beim Aufeinandertreffen der beiden Gruppen am Robert-Brauner-Platz zu Konflikten komme könnte. Wegen dieses „möglichen Konfliktpotenzials“ habe die Polizei den Gang der Gruppe unterbunden. Im Übrigen hätten die „besorgten Bürger“ – im Gegensatz zu den Gegendemonstranten – ihr Treffen nicht als Versammlung angemeldet. Hätten sie das rechtzeitig getan, hätten sie laut Polizei laufen dürfen. Wenn sie ihren Lauf vor der Gegenveranstaltung auf dem Robert-Brauner-Platz angemeldet hätten, hätten sie auch über die Bahnhofstraße laufen dürfen.

Gerücht: Die Antifa-Gruppe hat besorgte Bürger mit Steinen bedroht/beworfen.

Antwort: Falsch – siehe oben. Die Menschen des „Gegen-Protests“ hätten friedlich, demokratisch und „völlig störungsfrei“ demonstriert, so der Polizeisprecher. Auch an der Polizeikette zwischen Kirche und City Center sei es völlig friedlich gewesen.

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Gerücht: „Besorgte Bürger“ sollen bereits nach dem vergangenen Marsch durch Herne den Inhaber eines Sushi-Ladens am Europaplatz angegriffen haben.

Antwort: „Ein solcher Sachverhalt ist mir nicht bekannt“, sagt Lemanis.

Gerücht: Viele Menschen, die bei den „besorgten Bürgern“ mitlaufen, sind Größen der rechten Szene aus umliegenden Städten.

Antwort: Der Polizeisprecher bestätigt, dass „einige Teilnehmer“ dem „rechten Spektrum“ zuzuordnen seien. Namen nennt Lemanis nicht, auch will er nicht bestätigen, dass unter anderem der bekannte und mehrfach vorbestrafte Neonazi Siegfried Borchardt, genannt SS-Siggi, unter den „besorgten Bürgern“ war. Borchardt war von vielen Teilnehmern des „Gegen-Protests“ an der Kreuzkirche erkannt worden. Nur so viel: Es seien „polizei-bekannte Menschen aus Dortmund“ und „gewaltbereite Hooligans aus der Herner und der Bochumer der Fußballszene“ angreist, darunter HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten)-Aktivisten, so der Polizeisprecher.