Heiligenhaus. Eine Bahnverbindung nach Düsseldorf würde viele freuen. Wir haben getestet, wie lange die Fahrt aktuell mit verschiedenen Verkehrsmitteln dauert.
Eine U-Bahn von Heiligenhaus direkt nach Düsseldorf – ohne Umstieg. Diese Vision, über die zuletzt in Heiligenhaus diskutiert wurde, klingt vor allem für viele Pendler traumhaft, stehen sie derzeit doch tagtäglich auf dem Weg in die Landeshauptstadt entweder im Stau oder müssen mit öffentlichen Verkehrsmitteln mehrfach umsteigen und hoffen, dass alle Anschlüsse klappen.
Dass die Mehrheit der WAZ-Leserinnen und Leser die Idee einer U-Bahn-Verlängerung vom Düsseldorfer Flughafen über Ratingen-West bis nach Heiligenhaus für „absolut unrealistisch“ hält, haben die Reaktionen auf unserer Berichterstattung gezeigt.
Wie aber ist die aktuelle Situation? Wir haben den Check gemacht: Unsere Testperson wohnt im Heiligenhauser Süden am Schmiedeweg – der Arbeitsplatz befindet sich im Düsseldorfer Medienhafen an der Kaistraße. Luftlinie knappe 20 Kilometer. Man sollte meinen: Für Pendler eine durchaus gut zu bewältigende Strecke. In der Praxis sieht das allerdings anders aus.
Fahrt mit Bus und Bahn von Heiligenhaus nach Düsseldorf dauert lange
Wer die Strecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln absolvieren möchte, zahlt mit dem Deutschlandticket dafür zwar nur 49 Euro pro Monat, begibt sich aber gleichzeitig auf eine lange Reise. Bei einer angepeilten Ankunftszeit von 9 Uhr im Düsseldorfer Büro heißt es für den Pendler: früh aufstehen. Um 7.20 Uhr muss er laut Fahrplanapp los und erst einmal knapp 20 Minuten zu Fuß gehen – denn ein Bus fährt dort zumindest zu dieser Uhrzeit nicht: Der Bürgerbus startet erst später. So empfiehlt der Routenplaner den Fußweg zur Bushaltestelle „Heiligenhaus, Kirche“. Dort fährt der 771er um 7.34 Uhr ab und kommt laut Fahrplan eine knappe halbe Stunde später in „Ratingen, Mitte“ an.
Meiersberger Straße in Ratingen wird zum Problem
Aber erfahrene Pendler wissen natürlich: Um diese Zeit ist die Meiersberger bzw. Brachter Straße in Homberg dicht – und auch der Bus steht dort im Stau. Insofern klappt es natürlich auch nicht, um 8.12 Uhr in die U72 zum Düsseldorfer Kirchplatz (von dort geht es dann mit dem Bus 732 in den Medienhafen weiter) einzusteigen. Also muss der Test-Pendler realistisch stattdessen schon um 7 Uhr das Haus verlassen, um planmäßig um 8.39 – mit Umsteigeproblemen um kurz vor 9 Uhr – im Büro anzukommen.
Das Auto ist nur auf den ersten Blick die bessere Alternative
Also doch lieber den Weg mit dem Auto zurücklegen? Ein flüchtiger Blick in den Routenplaner verspricht: Das ist auf jeden Fall die schnellere Alternative. 27 Kilometer – eine knappe halbe Stunde Fahrzeit – perfekt. Aber Moment: Man sollte natürlich zu den passenden Uhrzeiten schauen. Und dann zeigt sich: aus der halben Stunde werden schnell mehr als 60 Minuten.
22 Minuten für zwei Kilometer – Pendler brauchen gute Nerven
Der Start verläuft noch recht problemlos: Raus aus der Siedlung und ab auf der Ratinger Straße in Richtung Homberg. Natürlich am Blitzer Hofermühle aufgepasst und schnell rechts abbiegen auf die Meiersberger Straße – so zumindest der Plan. Doch schnell geht ab jetzt nichts mehr. Der Verkehr staut sich bereits an der Kreuzung zurück – und nach dem Abbiegen geht es nur noch im Schneckentempo voran. Die Minuten auf der Uhr werden schnell mehr, die Kilometer auf dem Tacho hingegen nicht. Mehr als 15 Minuten dauert es bis zur Autobahn-Auffahrt. Über die A44, die ja irgendwann auch Heiligenhaus erreichen soll, geht es dann wieder recht gut voran, doch die Ausfahrt Stockum macht ihrem Namen alle Ehre: Der Verkehr stockt. Nur wenige Autos quälen sich pro Ampelphase über die Kreuzung – einfach bei dunkelgelb fahren, ist keine gute Idee. Das gibt dann teure Fotos. Die zwei Kilometer auf der Einfallstraße dauern so stolze 22 Minuten – da wäre Laufen die schnellere Variante gewesen. Durch den Rheinufertunnel geht es dafür heute halbwegs zügig – so dass der Medienhafen nach rund 75 Minuten in Sicht kommt – wer hier keinen Dauerstellplatz hat, zahlt allerdings ordentlich Geld fürs Parken, neben Benzin und den allgemeinen Fahrzeugkosten.
Radler kämpfen beim Pendeln mit Laub und nicht immer rücksichtsvollen Autofahrern
Bleibt ja noch die dritte Möglichkeit: das Fahrrad. Mit dem Pedelec sind Steigungen ja kein großes Problem mehr. Als schnellste Route wirft Google eine Verbindung über die Hofermühle, Metzkausener Straße, einige Feldwege und die B7 aus, dann quer durch Düsseldorf bis ans Ziel. Etwa eine Stunde und 20 Minuten soll das dauern. Der Fußweg entlang der Ratinger Straße ist zwar streckenweise für Radfahrer freigegeben, aber eng und im Herbst oft sehr laubig. Danach muss dann auf der Straße Richtung Mettmann weitergestrampelt werden, der Weg neben der Straße ist offiziell nur für Fußgänger gedacht. Nach dem Abbiegen auf den Schellscheidtweg wird der Verkehr weniger, das Licht aber auch. Ob man als Frau dort allein im Dunklen entlangradeln möchte?
Auf dem Rückweg nach Heiligenhaus warten fast 300 Höhenmeter
Nach reichlich Auf und Ab geht es dann entlang der B7 bequem auf einem Fuß-/Radweg – und auch durch Gerresheim und Flingern gibt es entsprechende Wege. Hier in der Stadt macht das Fahren so tatsächlich mehr Spaß als „auf dem Land“ – nach einem Abstecher durch den Hofgarten geht das letzte Stück entlang des Rheins. Vergessen sollte man aber nicht: Auf dem Radweg müssen fast 300 Aufwärts-Höhenmeter absolviert werden. Die günstigste Variante ist das Rad auf jeden Fall – aber auch die schweißtreibendste.