Heiligenhaus. Poller hin, Poller weg – nun wieder Poller hin: Der Schleichweg in der Heiligenhauser Rossdelle soll nun wieder für Autos dichtgemacht werden.

Ein Schleichweg mitten durchs Naturschutzgebiet: Die Kettwiger Straße sorgt im nördlichen Verlauf seit Jahrzehnten für Diskussionen. Poller ja, Poller nein, Schranken, starke Poller, Verkehrsberuhigung. Nun sollte die Straße nach Messungen dauerhaft geöffnet werden, vor allem, um die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr zu gewährleisten. Doch am Ende des Jahres die überraschende Wende.

Wer die Rossdelle schon mal mit dem Auto befahren ist, kennt die Begebenheiten: Maximal 20 km/h sind hier erlaubt, während an manchen Stellen selbst das zu schnell zu sein scheint, locken andere Passagen, auch mal mehr aufs Gas zu drücken – vor allem, wenn kein anderes Fahrzeug oder kein Passant weit und breit zu sehen ist. Die Straße hat sicher schon bessere Zeiten erlebt, die Führung ist sehr verschnörkelt. Doch da es sich hier um ein Naherholungsgebiet sowie eine Trinkwasserschutzzone handelt, soll es auch gar nicht schneller gehen: Fußgänger nutzen den Weg zwischen Kettwiger Straße und Ruhrstraße zum Spazieren, Jogger und Radler sind unterwegs, es ist eine idyllische, sehr hügelige Lage, quasi mitten durch den Wald. Und wer Glück hat, kann hier auch Wildtiere beobachten und den Bach rund ums Regenrückhaltebecken des BRW plätschern hören.

Heiligenhauser befürchteten Zunahme von Durchgangsverkehr

Bis zum Müllerbaum wird man künftig wieder nur die Kettwiger Straße befahren können von der Ruhrstraße aus.
Bis zum Müllerbaum wird man künftig wieder nur die Kettwiger Straße befahren können von der Ruhrstraße aus. © Katrin Schmidt

Diese Idylle sahen nun Anwohner und Menschen, die diese Strecke zur Erholung nutzen, nach der Entfernung des Pollers gefährdet. Nicht nur wegen vermehrter Autofahrer, sondern wegen der abgeschiedenen Lage auch eine mögliche Zunahme von Sperrmüllablagerungen. Poller und Schranke waren 2014 dort, von der Ruhrstraße aus kommend hinter dem Reiterhof Rossdelle, installiert worden, da die Anliegerstraße schon immer gerne als Abkürzung von einigen Autofahrern genutzt wurde – um sich den Umweg über die Höseler Straße zur Stadtmitte und umgekehrt zu ersparen. Doch nicht erst 2014 hatte man sich mit dem Schleichweg auseinandergesetzt – diese Debatte gibt es schon seit Jahrzehnten.

Warum wurde Anfang 2022 die Durchfahrtsbeschränkung aufgehoben? Im Verlauf des Jahres 2021 sei, nach einigen schwierigen Einsätzen, von der Feuerwehr gefordert worden, den Poller zu entfernen, damit der Rettungsweg möglich sei. In einigen Fällen hätten Rettungsfahrzeuge von Essen kommend nur über den privaten Reiterhof Rossdelle zum Ziel gelangen können. Eingesetzt wurde hier zuletzt ein massiver Poller, für den ein eigener Schlüssel erforderlich ist – und nicht ein Dreikantschlüssel, mit dem man einfache Poller entfernen kann, was viele Autofahrer mal eben machten. Doch schlimmer wäre es, wenn es zu Vandalismus käme – dann sei es auch für die Feuerwehr nicht möglich, das Schloss des Pollers zu öffnen.

Bessere Anbindung für Pferdehof und Anwohner

Als weitere Gründe, die für die Öffnung des Wegs sprechen würden, nennt die Verwaltung, dass auch der Pferdehof Probleme mit der Anlieferung mit größeren Fahrzeugen in Bezug auf die beiden möglichen Zufahrten hätte, zudem hätten die Anwohner des Müllerbaums etc. einen kürzeren Weg nach Kettwig als in die Heiligenhauser Innenstadt.

Die Ablagerung von Sperrmüll hatten Anwohner befürchtet -- und WAZ-Leserin Anke Reetz hat gleich was entdeckt.
Die Ablagerung von Sperrmüll hatten Anwohner befürchtet -- und WAZ-Leserin Anke Reetz hat gleich was entdeckt. © Anke Reetz

Es folgten nach der Öffnung jedoch vermehrt Beschwerden seitens Anwohner aus dem Bereich Kettwiger Straße, Rossdeller Straße und In der Butterwelle darüber, dass der Durchgangsverkehr deutlich zugenommen hätte. Also führte die Verwaltung zwei Messungen durch, um zu prüfen, wie sich die Verkehrssituation tatsächlich darstellt – eine während der Sperrung der Isenbügeler Straße, eine im Anschluss an die Sperrung.

Verwaltung führte Messungen durch

Die Ergebnisse: vom 24. bis zum 30. Juni 2022 fuhren durchschnittlich 216 Fahrzeuge mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 22 km/h durch die Messstelle Kettwiger Straße, vom 17. bis 30. Januar 2022 nur 66 mit 21 km/h, vom 28. August bis 3. September 2021 waren es 109 mit 30 km/h. An der Butterwelle waren es 164 mit 29 km/h im Zeitraum 2. bis 15. März 2021 und vom 3. bis 16. März 2022 191 mit 33 km/h.

Das Fazit der Verwaltung war damit klar: „Gemäß den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen werden Wohnwege als niedrigste Kategorie von Erschließungsstraßen bis zu einer Verkehrsstärke von 150 Kfz/h definiert. Die gemessene Verkehrsstärke liegt deutlich darunter.“ Auch die angeordneten Geschwindigkeiten würden weitestgehend eingehalten und seien insgesamt unauffällig. „Objektiv betrachtet liegt in den beiden Straßen eine dem Charakter der Straße und des Wohngebietes angemessene Verkehrsstärke und Geschwindigkeit vor. Weitere Eingriffe seitens der Straßenverkehrsbehörde sind fachlich nicht erforderlich.“

Während der Krötenwanderung nachts gesperrt

Doch das sahen die Mitglieder im Mobilitätsausschuss auf der letzten Sitzung Ende November 2022 anders: Neun stimmten für den Vorschlag der Verwaltung (CDU/FDP), neun stimmten dagegen (Grüne, SPD, WAHL, SKB/Linke, Malisch), bei einer Enthaltung (UHB) gilt der Antrag als mehrheitlich abgelehnt. Somit ist die Verwaltung beauftragt worden, die Absperrung im Bereich des Reiterhofs wiederherzustellen.

Während der Krötenwanderung wird der Poller entfernt, damit in der Schutzzeit der relevante Abschnitt für Fahrzeuge gesperrt werden kann. Die Anwohner des westlichen Teilstücks bis Am Sprung sind in dieser Zeit dann nachts ausschließlich in Richtung Ruhrstraße angebunden. Die Bewohner ab der Kettwiger Straße einschließlich Müllerbaum und Pferdehof ausschließlich über die Kettwiger Straße in Richtung Innenstadt.