Heiligenhaus. Sozialstunden abbauen können Jugendliche bei der Aktion des Vereins Neue Wege und der Jugendhilfe. Geschichtsverein freut sich über bunte Wand.
Wie viele Wände schon verschönert wurden in Heiligenhaus durch das Graffiti-Projekt des Vereins Neue Wege in Kooperation mit der Jugendgerichtshilfe der Stadt ist kaum noch nachzuhalten. Sie prägen an vielen Orten das Stadtbild – und nun ist ein neues, richtig langes Werk dazu gekommen: Auf der gesamten Länge der Mauer am Museum Abtsküche ist nun die Stadtsilhouette zu sehen – und das auch noch in den städtischen Farben rot, blau und grün.
Sie sind groß, sie sind bunt, sie sind ganz große Kunst, die Werke des spanischen Graffiti-Künstlers Javier Landa Blanco. Dennoch kommt er Jahr für Jahr wieder nach Heiligenhaus – und nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause freut er sich, wieder in der alt bekannten Region zu sein. „Ich bin erstmal alle Orte abgefahren, an denen wir aktiv waren, nur mein Lieblingsprojekt ist leider nicht mehr da, sonst sind alle noch wunderbar.“ An der Rösterei hatte der Verein einst ein großes Bild gemalt, doch andere Werke, wie die Café-Szene am Kaffeeklatsch, die Flieger am Segelflugplatz, diverse Projekte rund um die Gesamtschule und vieles mehr sind nach wie vor erhalten.
Sozialstunden werden in Heiligenhaus abgebaut
Künstlerische Unterstützung erhält Javi, wie ihn alle nur nennen, in diesem Jahr von Aylin Behringer. „Vor fünf Jahren habe ich hier selber mitgemacht, damals nicht ganz freiwillig“, berichtet sie mit einem Lächeln, „jetzt bin ich selber Künstlerin.“ Darauf ist sie stolz – und die anderen Jugendlichen haben schnell einen Draht zu ihr. Denn die acht Jungen und Mädchen haben zwar Spaß an der Aktion, doch mit machen sie wieder, weil sie hier ihre Sozialstunden abarbeiten müssen. „Alle Teilnehmer haben eine super Leistung erbracht“, freut sich Jugendgerichtshelferin Melanie Rohde. Und kontert direkt Kritikern, dass das ja keine wirkliche Strafarbeit sei: „Der Sinn dieser Sozialstunden ist es, mit gemeinnütziger Arbeit der Gesellschaft etwas zurückzugeben.“
Und das können sie hier sehr nachhaltig, wie die vielen Projekte beweisen. „Die Teilnehmer lassen hier etwas entstehen. Hier sehen sie direkt ein Ergebnis ihrer Arbeit, wo hat man das sonst? Wir haben zudem die Möglichkeit, die Jugendlichen anders kennenzulernen und können ganz anders pädagogisch während dieser Tage mit ihnen arbeiten“, freut sie sich, dass es auch in dieser Woche erfolgreich lief. In Haan wurde zu Anfang der Woche eine Grundschule verschönert, am Mittwoch dann die Museumswand verziert: „Die ist ja schon sehr lang, ich konnte mir zu Beginn nicht vorstellen, wie das am Ende aussieht.“
Erfolg wird schnell sichtbar
Wie schnell – und vor allem schön – am Ende alles ging, darüber freuen sich auch Gerda und Detlef Gerull vom Geschichtsverein. „Wir hatten überlegt, was wir mit der Mauer machen können“, berichtet Detlef Gerull. „Jetzt war das Museum so schön aber die Wand so karg, das fanden wir schade. Ich habe mich dann an die Aktion erinnert und Kontakt zur Stadt und zum Verein aufgenommen“, berichtet Gerda Gerull. Die Idee mit der Silhouette hatten sie beim Blick auf eine Tasse, die es bei der Stadt gibt. „Das war schon eine Herausforderung, die hier komplett auf die Wand zu kriegen“, muss Javier Blanco zugeben.
Und auch die Jugendlichen konnten sich anfangs nicht vorstellen, wie es am Ende aussehen soll. „Ich kann wirklich nicht malen“, berichtet eine Teilnehmerin lachend, „aber hier musste ich ganz genau sein, damit nichts verläuft und alles schön aussieht.“ Hier haben sie mit Farbe und Pinseln gearbeitet, Sprayen fanden alle jedoch noch besser, „aber es hat schon Spaß gemacht. Es hat sich null nach Strafe angefühlt“, berichten zwei weitere Mädels. Ob es zu spaßig für eine Strafe sei? „Nein, wir haben schon sehr draus gelernt und würden unsere Fehler nicht mehr wieder machen“, betonen sie mit Ausdruck.
Zufriedene Aktion für alle
Wirkliche Erfahrungen hatte keiner der Teilnehmer in diesem Jahr. Am letzten Tag konnten sie nun alle ein Bild selber gestalten. Ein Junge hat schon eine Rose vorbereitet – „das Bild schenke ich, glaube ich, meiner Mutter“, meint er verschmitzt. Spaß hatte auch er, versteht aber auch die Wirkung dahinter: „Im Gegensatz zu anderen Projekten ist das ja aber wirklich etwas, was andere freiwillig machen würden.“ Dankbar sind sie alle – die Jugendlichen für die Chance, die Verantwortlichen, weil sie tolle Teilnehmer hatten, der Geschichtsverein über eine richtig schicke Wand – und die Gesellschaft sollte dankbar sein, dass die Jugendlichen durch Projekte wie diese nicht nur pädagogisch profitieren, sondern das ganze Stadtbild.
>>> Über den Verein
Der Verein Neue Wege hat seinen Sitz in Mettmann und unterstützt Projekte in Mettmann, Erkrath, Haan, Wülfrath und Heiligenhaus, bei denen straffällig gewordene Kinder, Jugendliche und Heranwachsende teilnehmen.
Er unterstützt die städtischen Jugendgerichtshilfen bei Maßnahmen. Weitere Infos unter verein-neue-wege.de.