Heiligenhaus. .
Giuseppina Cagna hat die letzten Tage viel gebetet. Denn für das Projekt, dass die Heiligenhauser Jugendgerichtshelferin in Zusammenarbeit mit dem Verein Neue Wege und anderen Jugendämtern im Kreis seit einigen Jahren im Sommer anbietet, ist es wichtig, dass es nicht regnet. Hier haben die Jugendlichen die Chance, bei einem einwöchigen Graffiti-Kurs ihre Sozialstunden abzuarbeiten.
Und die haben wieder richtig Glück. Wie in den letzten Jahren zeigt sich auch dieses Mal der Sommer von seiner besten Seite, wenn der spanische Graffiti-Künstler Javier Landa Blanco mit den Jugendlichen Kunstwerke ausarbeitet. „Der erste Tag ist immer der Schwierigste“, berichtet der Spanier. Denn da kennen sich die Jugendlichen noch nicht und müssen erstmal anfangen, kreativ zu werden. „Zunächst müssen sie auf einem Blatt Papier vorzeichnen, was gemalt werden soll. Da muss man sich auch trauen, sich dann kreativ zu zeigen“, berichtet Landa Blanco.
Kleine und große Dummheiten
12 Jugendliche sind dieses Mal dabei, im Alter von 12 bis 24, drei Mädels darunter. Erwischt wurden sie alle bei einer kleineren oder größeren Dummheit: Sei es Diebstahl, Fahrerflucht, Sprayen. Dafür sind sie dann zu Sozialstunden verurteilt worden, manche Kids sind aber auch freiwillig dabei. „Es geht ja nicht darum, den Jugendlichen das Sprayen professionell beizubringen“, berichtet Cagna, „sondern in den Tagen verbringen wir viel Zeit miteinander. Zeit, die ich dann dazu nutze, mit jedem Einzelnen ins Gespräch zu kommen.“
Diese Gespräche sind die eigentliche Sozialarbeit, aber die Jugendlichen müssen auch lernen, zusammenzuarbeiten und sich an Regeln zu halten. Es wird gemeinsam am Konzept gearbeitet, jeder muss einen Teil zu dem Kunstwerk beitragen. „Jeder hat Stärken und Schwächen, wir merken schnell, wem wir was zutrauen können“, erklärt Landa Blanco. Es muss aufgebaut, aber am Ende auch gemeinsam aufgeräumt werden. Keiner geht, bevor Cagna das Okay gibt, und vor allem geht keiner in der Zeit mal an sein Smartphone. Für die Jugendlichen eine Herausforderung.
„Ich hab noch nie gesprayed, aber es macht mir sehr viel Spaß. Ich habe die Kirche gemacht“, berichtet ein Teilnehmer stolz. Ein anderer zeigt: „Hier, die Figuren und diese, die hab ich gemacht.“ Es sind die kleinen Erfolgserlebnisse, die die Jugendlichen stolz machen. Auch in diesem Jahr toben sich die Teilnehmer an unterschiedlichen Orten aus: Am Club entstand das größte Werk, an vier Wänden wurde das Wimmelbild des Heiligenhauser Grafikers Sven Hornscheidt, das man vom Kinderstadtplan kennt, aufgemalt. „Wir haben hier mehr malen müssen als sprayen wegen der vielen kleinen Detailarbeiten“, berichtet der spanische Künstler.
Club-Chefin Edelgard Eichberg ist sichtlich angetan: „Ich möchte mich herzlich bedanken für die tolle Arbeit“, sagt sie zu den Jugendlichen. „Es ist ganz toll geworden, wir sind sehr zufrieden.“ Das bunte Kunstwerk macht direkt einen anderen Eindruck als vorher der triste Hinterhofcharakter, findet sie. Vorarbeiten hatte der Club schon übernommen: „Wir haben auch Jugendliche, die Sozialstunden abarbeiten müssen, die haben den Hintergrund dann schon mal grün und blau vorgestrichen“, berichtet Eichberg. Und ihren Club hat sie im Kunstwerk natürlich auch schnell entdeckt: „Da bin ich froh, dass wir doch so gut geworden sind, bei den Vorzeichnungen hatte ich noch Bedenken.“
Weitere Projekte warteten schon direkt nach dem Beenden des Club-Kunstwerks. In der Heide wurde zudem ein Garagentor mit Monstern bemalt, „nein, keine Pokémons“, lacht Landa Blanco. In Wülfrath wird ein Haus am Panoramaradweg besprüht, mit Adlern und Naturmotiven, um dieses mehr in die Landschaft einzufügen. Und das letzte Motiv sind Hunde beim hiesigen Hundeverein in Tüschen.
Schmierereien in Meiersberg als Racheakt?
Eine gute Aktion für die Jugendlichen, aber nicht so schön findet der Spanier, was am Flughafen Meiersberg passiert ist. Denn hier ist in den letzten zwei Jahren bei der Aktion eine tolle, große Wand entstanden, auf die alle sehr stolz waren. „Das war Rache, da wollte jemand bewusst was zerstören“, ist sich Javier Landa Blanco sicher. Denn: „Sowas habe ich noch nie erlebt in dieser Dimension. Das waren keine kleine-Kinder-Schmierereien, das war eine ganz bewusste Aktion.“ Das glaubt auch Giuseppina Cagna: „Das war keine Spontanaktion, jemand muss eine Leiter aufgebaut haben. Die Linien gehen von unten bis oben durch.“ Und führten über das komplette Gemälde. Beide sind sich sicher: Eine Aktion gegen sie ist das nicht. Ob man irgendwas retten kann, Javier Landa Blanco ist da skeptisch.