Heiligenhaus. Die Heiligenhauser Grünen sind besorgt im die Aufrechterhaltung der kommunalen Selbstverwaltung, sollten Ausschüsse weiterhin kaum stattfinden.

Normalerweise wahrt Bürgermeister Michael Beck trotz CDU-Parteizugehörigkeit unter anderem in seiner Funktion als Vorsitzender im Haupt- und Finanzausschuss die nötige professionelle und souveräne Neutralität, diesmal aber klingt sein Ton deutlich kritisch: „Den Untergang der demokratischen Selbstverwaltung heraufzubeschwören, das ist wirklich der blanke Hohn“, richtet das Stadtoberhaupt seine Worte an die Fraktionsvorsitzende der Heiligenhauser Grünen, Beate-Marion Hoffmann.

Was war dem vorausgegangen? In der zweiten Sitzung nach der Corona-Pause ging es nun noch einmal, wie bereits im Bildungs- und Sportausschuss zuvor, um die zentrale Frage, ob und wie man der Umsetzung von Gremien- und Ratssitzungen unter Berücksichtigung der derzeitigen Ausnahmesituation bestmöglich begegnen wolle.

Termine in die Aula verlegen

Die Heiligenhauser Grünen, hier Beate-Marion Hoffmann und Lothar Nuthmann, haben beantragt, dass alle Sitzungen, wenn auch in abgeänderter Form, künftig wieder stattfinden sollen.
Die Heiligenhauser Grünen, hier Beate-Marion Hoffmann und Lothar Nuthmann, haben beantragt, dass alle Sitzungen, wenn auch in abgeänderter Form, künftig wieder stattfinden sollen. © FUNKE Foto Services | Uwe Möller

Die Grünen hatten in einem Antrag gefordert, dass grundsätzlich alle Ausschuss- und Ratssitzungen stattfinden und die bereits seit März ausgefallenen Sitzungen nachgeholt werden, allerdings unter besonderen Voraussetzungen: Die Termine sollten in der Aula des IKG und nach dem „Sollstärken-Modell“ stattfinden. Dies würde bedeuten, dass die Beschlussfähigkeit eines Gremiums trotz personell abgespeckter Anzahl der Mitglieder unter Wahrung der Mehrheitsverhältnisse bestehen bleibt.

Kommunale Selbstverwaltung darf nicht gefährdet sein

In der Antragsbegründung heißt es dazu, man sei sich seiner Verantwortung als gewählter Bürgervertreter bewusst und wolle auf diesem Weg erreichen, dass die kommunale Selbstverwaltung weiterhin gewährleistet sei. Schließlich wisse niemand, ob die Coronakrise nicht noch für Jahre bestehen bliebe. Für die anderen Parteien ist das nicht nachvollziehbar. Die CDU erklärt, nur bei Tagesordnungspunkten, die nicht aufschiebbar seien, sollten Sitzungen stattfinden. Die parlamentarische Demokratie sieht Fraktionschef Ralf Herre in keiner Weise gefährdet, dem schließt sich auch Stefan Okon von der WAHL an.

Vorbildfunktion gegenüber Bürgern

Und Volker Ebel (FDP) erntet mit seinem emotionalen Statement, man habe als gewählter Vertreter schließlich eine Vorbildfunktion und könne nicht Treffen in personeller Größenordnung stattfinden lassen, die den Bürgern nicht möglich seien, lautstarken Zuspruch. „Eine tägliche Selbstdarstellung durch Ausschüsse ist derzeit komplett fehl am Platz“, so Ebel weiter.

Sicherheitsabstand auch in Sitzungen

Der Aussschuss-Vorsitzende Beck – übrigens so wie alle anderen Anwesenden im großen Ratssaal in Zweimeterabstand zu seinen Sitznachbarn – erklärt, ein regelmäßiges Ausweichen auf die Aula aus Platzgründen sei derzeit aufgrund der dort stattfindenden Abiturklausuren kaum machbar, wenngleich der Rat am kommenden Mittwoch, 6. Mai, dort tagen wird.

Millionenschwere Defizite im Finanzhaushalt

Kämmerer Björn Kerkmann muss die finanziellen Auswirkungen von Corona ganz besonders intensiv im Blick haben.
Kämmerer Björn Kerkmann muss die finanziellen Auswirkungen von Corona ganz besonders intensiv im Blick haben. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Ein weiteres Schwerpunktthema des Haupt- und FInanzausschusses kommt ebenfalls von den Grünen: Die Partei möchte die Finanzsituation der Stadt Heiligenhaus angesichts der Coronakrise dargestellt bekommen und eingeordnet wissen. Kämmerer Björn Kerkmann erklärt, dass es aufgrund der Krise bei der Gewerbesteuervorauszahlung bereits 46 Anträge zur Herabsenkung des Betrags auf Null gebe und dies einem Volumen von rund 1,5 Millionen Euro entspräche - ursprünglich hatte die Stadt für 2020 mit 13 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen gerechnet. „Wir müssen auch abwarten, wie sich die Schlüsselzuweisungen des Landes in diesem Jahr gestalten werden, bislang habe wir 9 Millionen Euro erhalten, da könnte es zu deutlichen Einbussungen kommen und wir müssen schauen, wie die Kreisumlage ausfällt“, so der erste Dezernent.

Stadt verfügt über vier Millionen Euro Eigenkapital

Kita- und Schulgebühren entfallen auch im Mai

Im Haupt- und Finanzausschuss wurde einstimmig beschlossen, dass auch für den Mai keine Elternbeiträge für Kitas und Schulen eingezogen werden. Zwar muss die Entscheidung noch vom Stadtrat abgesegnet werden, dies „sei aber reine Formsache“.

Die entfallenen Beiträge belasten den städtischen Haushalt monatlich mit rund 157.000 Euro. Wie bereits im April, wird sich das Land NRW auch im Mai zur Hälfte an den Kosten beteiligen.

Allein nach jetziger Prognose reche die Stadt im laufenden Haushaltsjahr mit einem Defizit von rund drei Millionen Euro. Und, um die Dimensionen einmal gegenüber zu stellen: Nach dem gerade erstellten Jahresabschluss für das Jahr 2017 betrage das Eigenkapital der Stadt rund 4 Millionen Euro, der Schuldenstand liegt derzeit bei 84 Millionen (vor drei Jahren waren es noch 90 Millionen).

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