Heiligenhaus. . Kämmerer Björn Kerkmann hat den Entwurf des Doppelhaushalts für 2019/2020 eingebracht. Überschüsse von 1,1 und 1,6 Millionen Euro erwartet.
„Wir stehen am Scheideweg“ – mit diesen Worten begann der Erste Beigeordnete Björn Kerkmann seine Rede im Rat der Stadt bei der Einbringung seines Entwurfs für den Doppelhaushalt 2019/20 Mitte Dezember. Klar sei: Heiligenhaus gehe es langsam finanziell besser, bis es zur finanziellen Gesundung käme, heiße es jedoch weiter sparen. WAZ-Redakteurin Katrin Schmidt sprach mit Kämmerer Björn Kerkmann über Chancen, die dieser Entwurf bietet.
Herr Kerkmann, bei der Einbringung des Entwurfs des Doppelhaushalts 2019/2020 sprachen Sie davon, dass die finanzielle Talsohle durchschritten sei. Wie hat sich der Schuldenstand der Stadt entwickelt?
In den letzten Jahren hat sich die Stadt hervorragend entwickelt. Blicken wir zurück: Im Jahr 2014 hatten wir mit 105 Millionen Euro den höchsten Schuldenstand. Wir rechnen nun damit, dass wir bis 2020 die Gesamtverschuldung auf 86 Millionen Euro senken können. Die positive Entwicklung macht sich auch beim Eigenkapital bemerkbar. Zum Vergleich, 2008 betrug das Eigenkapital noch rund 54 Millionen Euro und nach der Überschuldung mit rund einer halben Million Euro im Jahr 2013 wird dieses – wenn auch nur leicht – bis 2020 wieder auf rund 6,6 Millionen Euro ansteigen.
Seit zwei Jahren spricht die Stadt von einem ausgeglichenen Haushalt. Das ist aber nicht zu verwechseln mit schuldenfrei.
Genau, das sind zwei ganz unterschiedliche Bereiche. Ausgeglichener Haushalt bedeutet, dass wir in dem Haushaltsjahr einen Ausgleich schaffen zwischen Erträgen und Aufwendungen. Wir haben aber jetzt auch Überschüsse erzielt, so dass wir auch langsam den Schuldenberg reduzieren können. Wir haben also trotz eines ausgeglichenen Haushalts Schulden, können diese aber eben langsam abbauen. Und Ziel ist das Ergebnis, auch keine neuen Schulden mehr zu machen. Das wird nach aktueller Planung bereits 2020 der Fall sein.
Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
Wir sind natürlich auch in der glücklichen Lage, dank der Schlüsselzuweisungen und anderer Projekte auch finanzielle Unterstützung vom Land zu erhalten. In 2019 erhalten wir eine Schlüsselzuweisung von 9,74 Millionen Euro, fast mehr als das Doppelte zu 2018. Ich muss aber auch sagen, dass das berechtigt ist, denn zu einigen Faktoren, wie den Kosten zur Unterbringung von Flüchtlingen, sind wir ja auch verpflichtet.
Was ist am hiesigen Haushalt anders als in anderen Kommunen?
Erschreckend finde ich die Gewerbesteuerentwicklung. Die ist bei der Einnahmequelle leider hinter dem kommunalen Anteil an der Einkommenssteuer auf Platz zwei. Das sollte bestenfalls andersrum sein. Wenn man die Durchschnittszahlen pro Einwohner in NRW betrachtet, müssten wir bei 20 Millionen sein. Derzeit rechnen wir in 2019 jedoch mit 11,16 Millionen und in 2020 mit 12,9. Diese Zahlen sind natürlich immer volatil. Deswegen ist es so immens wichtig, dass wir bei der Entwicklung des Gewerbegebiets auf Diversifikation setzen, einen Branchenmix, um eben nicht abhängig von einem Industriezweig zu sein. Um für einen stabilen Haushalt zu sorgen.
Die Fraktionen von CDU und FDP haben den Entwurf bereits gelobt und vorgeschlagen, der Spielraum, der entstehe, können genutzt werden, um die Grundsteuer bereits im nächsten Jahr zu senken – und möglicherweise auch die Gewerbesteuer im Jahr 2020. Wie sehen Sie diesen Vorschlag?
Das ist eine Entscheidung der Politik, aber ja, es ergibt sich ein gewisser Spielraum, das zeigen die Überschüsse. Und da ist es natürlich für die Bürger ein nettes Signal, die Grundsteuer zu senken – wenn es die Politik denn so möchte. Bei der Gewerbesteuer ist es so, wenn ich sie senke, habe ich auch weniger Einnahmen. Aber wir wissen auch, bei der Vermarktung von Grundstücken kommt es natürlich zunächst auf die Verfügbarkeit von Flächen und deren Qualität an, aber es werden auch die Hebesätze verglichen. Und da sind wir im Kreisvergleich eben weit oben. Wenn wir uns also dem Wettbewerb stellen möchten, wäre das etwas, worüber man nachdenken könnte.
In der letzten Haushaltsberatung hatten einige Fraktionen angeprangert, dass immer noch kein Abschluss für das Haushaltsjahr 2016 vorliege, was rechtswidrig sei. Gibt es den nun?
Die Gemeindeordnung sieht vor, dass der Entwurf eines Jahresabschlusses drei Monate nach Ablauf des Haushaltsjahres vorliegt. Die Feststellung des geprüften Jahresabschlusses soll dann bis zum 31. Dezember erfolgen. Es stimmt, dass es hierbei in der Vergangenheit zu Verzögerungen kam – wohlgemerkt ist Heiligenhaus da keine Ausnahme. Der Abschluss 2016 ist in der Prüfung, er soll im ersten Quartal 2019 abschließend geprüft vorliegen und dann soll auch die Feststellung erfolgen. Auch den Abschluss für 2017 werden wir schnellstmöglich im Entwurf präsentieren. In Zukunft sollen Abschlüsse im vorgeschriebenen Zeitrahmen vorgelegt werden, das ist mein Ziel.
Ebenfalls beantragten einige Fraktionen, den Haushalt lesbarer zu gestalten. Konnten Sie das nun schon umsetzen?
Alleine die Umstellung auf Sachkontenebene hat das Lesen erheblich vereinfacht. Mit entsprechenden Vergleichszahlen zum Vorjahr kann man gezielt schauen, wie sich welche Summen zusammensetzen und wie sich die Ansätze entwickelt haben. Die Erläuterungen dazu sind auch verständlich. Ich habe zum ersten Mal den Haushalt zu verantworten und bei der Erstellung gedacht: Wenn ich etwas nicht sofort verstehe, müssen wir es einfacher formulieren, weil es andere dann vielleicht auch nicht verstehen werden.
Wird es dieses Jahr denn wieder einen Bürgerhaushalt geben?
Ja, den gibt es bereits. Wir haben den Entwurf des Haushalts bereits online gestellt auf unsere Homepage, heiligenhaus.de. Außerdem liegen Exemplare im Bürgerbüro aus. Jeder kann nun Einwendungen geltend machen, wir freuen uns auch, wenn Bürger mit eigenen Ideen gestalterisch tätig werden können.
In Ihrer Rede haben Sie an den Kreis appelliert, bezogen auf die steigende Umlage im Jahr 2020, dass auch er sparen sollte, wenn seine Kommunen schon dazu gezwungen seien.
Ja, wir freuen uns natürlich, dass der Kreis nun den Überschuss aus dem Jahr 2017 an die Kommunen zurückzahlt. 2020 müssen wir jedoch rund 1,4 Millionen mehr Umlage zahlen. Der finanzielle Bedarf des Kreises wächst von 2019 auf 2020 um rund 40 Millionen Euro, also von 382 auf 423 Millionen. Die Mehrbelastung in 2020 ist Geld, das wir an anderer Stelle einsparen müssen. Und manche Einsparungen, auch in der Vergangenheit, tun eben richtig weh. Wir sind eine Solidargemeinschaft, aber man muss als finanziell schwache Kommune genau hinsehen.
>>> ÜBERSCHÜSSE WERDEN ERWARTET
- Für 2019 wird mit 72,69 Millionen Euro Erträgen und 71,58 Millionen Euro Aufwendungen gerechnet – was einen Überschuss von etwa 1,1 Millionen Euro ausmacht. Für 2020 sehen die Zahlen noch besser aus: 73,15 Millionen Euro an Erträgen stehen 71,49 Millionen Euro Aufwendungen gegenüber – ein Überschuss von 1,66 Millionen.
- 619 Seiten umfasst der Doppelhaushalt für die Jahre 2019/2020. Die Beratungen der Fraktionen erfolgen im Haupt- und Finanzausschuss am 1 9., 20. und 21. März; der Rat wird eine Woche später entscheiden.
- Bürger können ihre Vorschläge bis zum 6. Februar 2019 bei der Stadt einreichen.