Hattingen. Polizei-Auflagen sollten für weniger Lärm bei den Querdenker-Demonstrationen in Hattingen sorgen. Das Gericht gab vorerst den Trommlern recht.
Seit mehr als zwei Jahren ziehen die Montagstrommler nahezu jede Woche lautstark durch Hattingen. Die Beschwerden von Anwohnern nehmen zu. Jetzt ist die Kreispolizei mit einem Anlauf gescheitert, die „Spaziergänger“ durch Auflagen einzuschränken und so etwas für Entspannung zu sorgen. Das Verwaltungsgericht hat den Demonstranten im Eilverfahren recht gegeben. Das letzte Wort ist dennoch nicht gesprochen.
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Am Sonntag (18.2.) ziehen gleich zwei Demonstrationen durch Hattingen - die Montagstrommler und die Gegendemonstranten. Zuletzt war der Protest gegen den Montags-Protest wieder lauter geworden. Die Polizei verzeichnete in den vergangen zwei Wochen allein schriftlich mehr als ein Dutzend Beschwerden. Immer lauter werden auch die Rufe nach Einschränkungen der Trommelaufmärsche
Wie schwierig das ist, zeigt aktuell eine Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts. Für die Trommelaktion in dieser Woche hatte die Kreispolizei Auflagen erlassen, die in letzter Minute gekippt wurden. Es ging um eine Reduzierung der Lautstärke durch das Verbot eines zweiten Lautsprecherwagens, um vorgeschriebene Trommel-Pausen und nach Händler-Beschwerden auch um die Verlegung des Kundgebungsortes vom Reschop-Platz auf den Untermarkt.
Grundgesetz garantiert Versammlungsfreiheit
Die Anmelder der Demonstration reichten Klage dagegen ein. Zwar steht eine endgültige Übereinkunft noch aus, das Verwaltungsgericht in Arnsberg räumte der Versammlungsfreiheit in einer Eilentscheidung aber höhere Priorität ein. In dem Beschluss heißt es: „Dabei müssen die Verwaltungsgerichte bei Versammlungen wegen der Bedeutung des Artikel 8 Absatz 1 (...) Grundgesetz (...) dem Umstand Rechnung tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zu einer endgültigen Verhinderung der Versammlung in der beabsichtigten Form führt.“
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Gerichtssprecher Kai Hendrik Teipel erklärt, im Eilverfahren würden Interessen abgewägt. Zum Hattinger Fall sagt er: „Mit dem Grundrecht auf Versammlung steht ein hochrangiges Rechtsgut auf dem Spiel. Eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit war nicht gegeben.“
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Auch für die Kreispolizei bedeutet jede Anmeldung einer neuen Demonstration eine Abwägung der betroffenen Rechte.„Beschränkenden Verfügungen gehen in der Regel Kooperationsgespräche mit der anzeigenden Person voraus, in denen versucht wird, gemeinsame Absprachen zum konkreten Verlauf zu treffen, um kollidierende Interessen in Ausgleich zu bringen. Wegen der hohen Bedeutung, die die Rechtsprechung der Versammlungsfreiheit zuerkennt, müssen die Grundrechte Dritter im Einzelfall zurücktreten und eine Beeinträchtigung - beispielsweise durch erhöhte Lautstärke - hingenommen werden“, erklärt Polizeisprecher Christoph Neuhaus. Für jeden Montag gebe es aber eine Einzelfallprüfung.
Damit sind Auflagen für die Zukunft nicht ausgeschlossen, weiß auch Gerichtssprecher Kai Hendrik Teipel - wenn das Gericht zum Schluss kommt, dass ohne Einschränkungen die öffentliche Sicherheit gefährdet sei. Er erklärt, dass dieses Mal die Begründung der Polizei nicht ausgereicht habe. Allein Verweise auf Proteste aus der Bevölkerung seien als Begründung nicht tragfähig, eine genauere Darlegung könne aber unter Umständen zu einem anderen Ergebnis führen.
Beschwerden von Bürgern in Hattingen werden berücksichtigt
Denn, so erklärt Teipel, die öffentliche Sicherheit schließe auch die Rechte des Einzelnen ein, wenn der Lärm zum Beispiel den Emissionsschutz überschreite. Die Polizei nimmt jede Beschwerde entgegen und bezieht sie in ihre Abwägung ein. Derzeit werden alle Beschwerden beantwortet.
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Polizeisprecher Christoph Neuhaus hebt zudem den Ausschluss strafbarer Handlungen oder der Verletzung der Menschenwürde bei den Demos hervor. Er betont: „Um eine Versammlung zu verbieten oder aufzulösen, reichen die Taten einzelner Versammlungsteilnehmer regelmäßig nicht aus. Es muss erkennbar sein, dass die gesamte Demonstration einen solchen Charakter annimmt oder billigt.“