Hattingen. Aufstehen für Demokratie: Zum 100. „Spaziergang“ der Querdenker in Hattingen protestierten 350 Menschen dagegen. „Wehret den Anfängen!“
Starkes Zeichen für die Demokratie in Hattingen: Rund 350 Menschen haben sich am Montagabend (27.11.) zu einer Gegendemo vor dem Rathaus versammelt, um deutlich zu machen, dass sie mit den Inhalten der wöchentlichen „Spaziergänge“ der Querdenker nicht einverstanden sind. Eben diese waren fast zeitgleich mit 120 Personen zum 100. Mal auf den Hattinger Straßen unterwegs.
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Zwei Schüler haben diese Gegendemo angestoßen, aufgerufen dazu wurde vom Jugendparlament und der Gruppe „Hattingen gegen Rechts“. Und die Stadtgesellschaft zeigt an diesem Abend Gesicht.
Mittendrin steht Barbara Fritze. „Eigentlich bin ich gegen Massenaufläufe“, so die 77-Jährige. Doch den „Schwurblern“ wolle sie die Straße nicht überlassen: „Ich habe Angst vor diesen Leuten, die sich so breit machen.“ Dabei sei die Mehrheit dagegen, würde aber schweigen. „Und das ist das Falsche. Man muss sofort handeln. Wehret den Anfängen.“
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Auch Bürgermeister Dirk Glaser wendet sich an die Demonstranten. Dass trotz des schlechten Wetters so viele Menschen gekommen sind, sei ein „wunderbares Zeichen“. Dann spricht er die Querdenker an, die so täten, als seien sie die einzigen Friedenskämpfer in Hattingen: „Das ist nicht so. Wir überlassen ihnen die Straße nicht allein. Die Vernünftigen sind auch noch da.“ Schnell macht er klar, was ihm wichtig ist: „Wenn man im Internet nachschaut, was dahintersteckt, entdeckt man häufig demokratiefeindliche Äußerungen. Dagegen müssen wir etwas tun, dagegen müssen wir als echte Demokraten aufstehen und das tun wir gemeinsam.“
Vor einem Monat etwa haben sich Janis und Johannes am Gymnasium Waldstraße unterhalten. „Wir haben darüber geredet, dass man die Querdenker doch nicht einfach hier demonstrieren lassen kann“, berichtet Janis. Und Johannes hat das Ganze ins Jugendparlament getragen. Etwa viereinhalb Wochen dauerte die Organisation der Gegendemo, die den 100. Querdenker-„Spaziergang“ zum Anlass hat.
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„Demokratie ist für mich ein hohes Gut“, sagt Johannes. „Deshalb ist es zu akzeptieren, dass Querdenker demonstrieren – aber sie müssten damit rechnen, dass ihnen widersprochen wird.“
Auch Alex-Marvin Fabrizius (27) ist hier, um seine Meinung zu sagen: „Ich finde es unerträglich, dass die Montags-Schwurbler immer noch durch die Straßen laufen und ihre kruden Fantasien und Theorien durch die Weltgeschichte plärren.“
Demo und Gegendemo im März
Bereits im März diesen Jahres rief das Bündnis „Buntes Hattingen gegen Rechts“ zu einer Gegendemonstration auf dem Rathausplatz auf. Rund 600 Menschen zogen anschließend durch die Innenstadt auf den Untermarkt.
Zeitgleich kamen damals rund 150 Meter entfernt vor dem Reschop Carré etwa 300 Anhänger der „Montagsspaziergänge“, die als „Hattingen für Frieden“ zu einer „Großdemo“ aufgerufen haben.
Bürgermeister Dirk Glaser kam mit den „Spaziergängern“ ins Gespräch, stellte aber klar: „Ich habe wenig Hoffnung, dass wir uns inhaltlich aufeinander zubewegen könnten.“ Auch wenn die Umzüge rechtlich in Ordnung seien, „ist die Wahrnehmung vieler Bürger eine ganz andere.“
Andere haben ihre Meinung auf Schilder und Plakate geschrieben: „100 mal demonstriert – 100 mal nix kapiert!“ heißt es auf einem Plakat, das ein Teilnehmer um den Hals trägt. Bei anderen heißt es: „Hass ist keine Alternative“. Den Kopf des Demozugs bildet das Banner: „Hattingen für Vielfalt“.
Unter den Gegendemonstranten finden sich auch einige Lehrer. „Nie wieder“ steht auf dem Schild, dass Kathrin Meier (45) trägt. Sie und ihre Kollegen wollen „einen Gegenpol bilden zu den Montagsdemonstrationen, die fürchterliche Inhalte verbreiten. Wir sind dagegen und das möchten wir zum Ausdruck bringen – auch, dass unsere Demonstration heute größer ist als die andere Demonstration, die heute in Hattingen stattfindet.“
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Die Polizei berichtet, dass beide Veranstaltungen friedlich verlaufen sind.