Hattingen. Wirtschaft, Ärzte, Kirche und Bürger stellen sich in der ganzen Region gegen Rechts. In Hattingen sind Demonstrationen für Vielfalt geplant.

Seit mittlerweile Wochen wird in Deutschland, NRW und auch in Hattingen gegen Rechts demonstriert. Immer mehr Bürger, Institutionen, Vereine, Verbände und mehr positionieren sich klar für die Demokratie. Auch vor Ort geht der Protest weiter.

Hatten sich die Anmelder der Demonstrationen für Vielfalt, Demokratie und Toleranz in den vergangenen Wochen noch zurückhaltend in ihrer Einschätzung der zu erwartenden Teilnehmerzahl gezeigt, haben sie für diesen Montag (29.1.) eine Demonstration mit 250 Teilnehmern angemeldet. Erneut stellt sich die um 18 Uhr am Platz vor dem Reschop-Carré gegen die Montagsspaziergänger, die seit zwei Jahren jede Woche trommelnd durch Hattingen ziehen.

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Um die 200 Menschen waren schon an den vergangenen Montagen zusammengekommen, um klare Kante gegen Rechts und für die Demokratie zu zeigen. In Witten hatten sich in der vergangenen Woche sogar mehr als 4000 Menschen aus dem EN-Kreis versammelt, um gegen eine AfD-Veranstaltung im Saalbau zu demonstrieren.

In Hattingen soll außerdem auch am Samstag (3.2.) ein Demonstrationszug durch die Stadt führen. Start ist um 13 Uhr vom Rathaus. Die Veranstalter von Hattingen für Vielfalt und Demokratie bitten: „Bringt Schilder, Banner und Transparente, die Eure Vielfältigkeit zum Ausdruck bringt, zu beiden Veranstaltungen mit.“

In Witten demonstrierten in der vergangenen Woche 4000 Menschen aus dem gesamten EN-Kreis gegen eine AfD-Veranstaltung.
In Witten demonstrierten in der vergangenen Woche 4000 Menschen aus dem gesamten EN-Kreis gegen eine AfD-Veranstaltung. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Wirtschaft: Fremdenfeindlichkeit bringt Wohlstand in Gefahr

Auch die Wirtschaft setzt mit der IHK Mittleres Ruhrgebiet, den Arbeitgeberverbänden Ruhr/Westfalen und der Kreishandwerkerschaft Ruhr ein klares Zeichen für Vielfalt. „Unsere global vernetzte Wirtschaft braucht eine weltoffene Gesellschaft und offene Grenzen, ansonsten ist unser Wohlstand in Gefahr“, sagen Michael Bergmann (IHK-Hauptgeschäftsführer), Dirk W. Erlhöfer (AGV-Hauptgeschäftsführer) und Johannes Motz (Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft) unisono.

Ärzte sagen Nein zu Rassismus und Hass

„In den Praxen in Westfalen-Lippe ist für Rechtsextremismus kein Platz“, erklärt die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL). Die Ärzte und Psychotherapeuten stünden für Respekt, Weltoffenheit und Toleranz. „Wir haben keinen Platz für Rechtsextremismus und sagen nein zu Hass und Rassismus“, bekennt Vorstandsvorsitzender Dr. Dirk Spelmeyer.

„Nein, wir schauen nicht weg“, unterstreicht Spelmeyer. „Wir leben ein gleichberechtigtes und friedliches Miteinander und dulden keine Fremdenfeindlichkeit – nirgendwo in unserer Gesellschaft.“ Spelmeyer erinnert an die ärztliche Ethik und Pflicht, alle „Kranken vor Schaden und willkürlichem Unrecht zu bewahren“, wie es im Hippokratischen Eid heißt.

„Nein, wir schweigen nicht“, pflichtet Dr. Volker Schrage ihm bei, „denn wer schweigt, stimmt zu“, unterstreicht der stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Er betont: „Wir erklären uns solidarisch mit allen, die gerade für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung auf die Straße gehen. Wir sind mehr. Wir stehen für Weltoffenheit.“

Ohne Migration wäre der wirtschaftliche Aufschwung besonders auch im Ruhrgebiet nicht gelungen – und er habe auch keine Zukunft, so Bergmann. Deshalb seien Ruhrgebiets-Unternehmen in besonderem Maße verpflichtet, sich einzumischen und klar Stellung zu beziehen gegen jegliche Form von Fremdenfeindlichkeit und Extremismus. „Das ist ja schon vielfach passiert. Je mehr sich beteiligen, desto besser“, so Johannes Motz.

Je mehr sich beteiligen, desto besser.“
Johannes Motz - Geschäftsführer Kreishandwerkerschaft

Bergmann, Erlhöfer und Motz appellierten an die demokratischen Parteien, politische Entscheidungsprozesse transparenter zu gestalten. Politik müsse künftig wieder mehr erklären und sich nicht im Klein-Klein parteipolitischer Kompromisse verlieren.

Abgeordneter warnt vor Abschaffung der Demokratie

Axel Echeverria, der Abgeordnete (SPD) auch für Hattingen und Sprockhövel, betont, die AfD versuche, den Diskurs immer weiter nach rechts zu verschieben und Politikverdrossenheit zu fördern, in der Hoffnung eine Gleichgültigkeit gegenüber ihrer menschenverachtenden Ideologie zu erreichen. „Dass mehrere Tausend und sogar zehntausende Menschen gegen Hass, Hetze und Spaltung auf die Straßen gehen, zeigt, dass unsere Demokratie wehrhaft ist und die Demokraten immer noch in der Mehrheit sind. Denn klar ist, dass sich eine Demokratie, die über Stimmzettel einmal abgeschafft wurde, nicht mehr über die Wahlurne zurückgeholt werden kann“, unterstreicht er.

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Auch, wenn das Verfahren komplex sei, sei es „richtig und wichtig, spätestens jetzt die politische Debatte über ein AfD-Verbot zu führen“.

Bischof erinnert an Hattinger Kämpfer gegen Faschismus

Mit einer deutlichen Stellungnahme meldet sich auch der Bischof des Ruhrbistums zum Todestag des Hattinger Widerstandskämpfers Nikolaus Groß in der vergangenen Woche zu Wort. Groß war vor 79 Jahren von den Nationalsozialisten ermordet worden. Bischof Franz-Josef Overbeck stellt klar: „Wenn Mitglieder rechter Gruppierungen und rechter Parteien wie der AfD das Fundament unseres freiheitlichen Zusammenlebens mit Füßen treten, dann müssen wir uns dem mit aller Entschlossenheit entgegenstellen.“

Uns allen (...) kommt die demokratische wie christliche Pflicht zu, jetzt gemeinsam und entschieden für das einzutreten, was schlicht und ergreifend nicht verhandelbar sein darf: ,Nie wieder Faschismus!“
Franz-Josef Overbeck - Bischof Ruhrbistum

Es gehe darum, die Demokratie lebendig zu halten. „Sie steht für Freiheit, für den Schutz der Menschenrechte, für die Sicherheit eines Rechtsstaates. Das müssen wir immer wieder gegenüber allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern deutlich machen, die in freien Wahlen Parteien wählen, die unsere Freiheit abschaffen wollen“, hebt Overbeck hervor. Er unterstreicht: „Uns allen, die wir in Freiheit leben dürfen, kommt die demokratische wie christliche Pflicht zu, jetzt gemeinsam und entschieden für das einzutreten, was schlicht und ergreifend nicht verhandelbar sein darf: ,Nie wieder Faschismus!‘“

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