Hattingen/Bochum. Im Prozess um Steuerhinterziehung in Hattingen spricht der Vorsitzende Richter von Anfang an klare Worte. Jetzt hat er eine eindeutige Forderung.
Klare Kante zeigte auch am dritten Tag des Prozesses wegen Steuerhinterziehung in Hattingen der Vorsitzende Richter am Landgericht Bochum, Michael Janßen.
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Es geht um eine Reinigungsfirma aus Hattingen, die Arbeitsentgelte in Höhe von 688.000 Euro vorenthalten sowie Lohnsteuer von rund 174.000 Euro und Umsatzsteuer in Höhe von rund 37.000 Euro verkürzt haben soll. Als Geschäftsführerin der Firma fungiert eine 27-jährige Hattingerin, die Hauptangeklagte im Prozess ist. Zunächst geht aber es um die Mitangeklagte Y., die sich in der vorigen Woche bereiterklärt hatte, auszusagen. Einmal mehr gibt es eine überraschende Wende.
Wieder eine überraschende Wende im Prozess
Nachdem sie vor einigen Tagen die Karten auf den Tisch legen wollte, ist davon jetzt keine Rede mehr. Im Gegenteil: Ihr Anwalt erklärt, seine Mandantin sei nicht richtig im Bilde gewesen und habe eine falsche Aussage gemacht. Sie habe keine Schwarzarbeiter beschäftigt, sondern ihre eigenen Leute.
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Richter Janßen bleibt gelassen. „Wir haben ja die Buchführung hier und und werden selbst ausrechnen, um welche Höhe es geht. Wir sind schon sehr weit gekommen und es sind ja auch alles Sachen, die man selbst berechnen kann“, erklärt er. „Das werden wir auch tun.“
Umsatzsteuer in Höhe von 37.000 Euro bereits bezahlt
Dann geht es wieder um die Hauptangeklagte: Die Umsatzsteuer in Höhe von rund 37.000 Euro sei bereits bezahlt, sagt Anwalt Henner Sentner. Das bestätigt ein Mitarbeiter des Finanzamts, der am Prozess teilnimmt. Er legt einen Auszug vor, aus dem hervorgeht, dass die Umsatzsteuer einen Saldo von Null aufweist. Dabei seien alle Zahlungen bis zum 9. Februar 2024 berücksichtigt.
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Für den nächsten Verhandlungstag soll nun ein Mitarbeiter des Zolls gehört werden. Er soll beschreiben, wie die Durchsuchung stattgefunden hat, und zudem die näheren Umstände schildern. „Ich gehe davon aus, dass wir dann die Beweisaufnahme schließen können“, stellt der Richter fest. Rechtsanwalt Henner Sentner will für die Hauptangeklagte gerne über Bewährungsauflagen reden. Aber darauf lässt sich der Richter nicht ein. Er will zuerst Geld sehen.
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„Erst einmal muss was bezahlt werden“, stellt er klar. „Die Umsatzsteuer ist beglichen, aber es müssen ja noch die Lohnsteuer und die Sozialabgaben bezahlt werden. Mit was sie anfangen, ist mir egal. Da kann sich ihre Mandantin ja noch mal mit ihrer Schwester oder mit denen absprechen, die das Sagen haben“, schlägt der Richter vor. Als Sentner einwirft, Janßen müsse keine Ratschläge geben, wird der Richter deutlich: „Ihre Mandantin hat noch nie das Sagen gehabt. Vielleicht sitzen die ja da hinten, die das Sagen haben.“
Familiäre Verflechtungen der GmbH-Betreiber beleuchtet
Zuvor hatte er aus einem Dienst, der Wirtschaftsdaten sammelt und veröffentlicht, die familiären Verflechtungen der GmbH-Betreiber beleuchtet, deren Geschäftsführerin die Hauptangeklagte war. Es werden darin eine Reihe von Familienmitgliedern aufgeführt. Auf den Zuschauerstühlen verfolgen seit Beginn des Prozesses auch kontinuierlich enge Verwandte der 27-Jährigen den Prozess. Man müsse ja mal weiterkommen, natürlich werde man genau hingucken, welche Summen hinterzogen worden sind und wer für welchen Teil verantwortlich ist.
Strafmaß bei Steuerhinterziehung
Bei Steuerhinterziehung hängt die Strafe von der Schwere des Vergehens ab. Die Höhe des Hinterziehungsbetrages hat dabei für die Strafe besonderes Gewicht. Das Landgericht Landshut hatte einen Angeklagen beispielsweise zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten ohne Bewährung verurteilt. Dagegen war der Mann vorgegangen.
In dem Fall waren weder Lohnsteuern noch Sozialabgaben abgeführt worden. Eine Umsatzsteuererklärung hatte er ebenfalls nicht abgegeben, sondern es wurden Scheinrechnungen ausgestellt. Dadurch war ein Schaden von fast einer Million Euro entstanden.
Doch der Bundesgerichtshof verwarf die Revision und traf eine Grundsatzentscheidung zur Strafhöhe bei Steuerhinterziehung. Eine der Begründungen: Ab einem Steuerschaden von über 50.000 Euro liegt eine Hinterziehung „in großem Ausmaß“ vor, die in der Regel eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht.
Natürlich, erklärt der Richter, werde hingeschaut, wer für welchen Schaden verantwortlich sei. „Danach richtet sich dann die Strafe und die Schuld des einzelnen.“
Der Prozess wird fortgesetzt.