Hattingen. In Hattingen mangelt es an Medikamenten. Experte klärt auf: Warum sich Hamsterkäufe nicht lohnen und was Langzeitpatienten wissen müssen.

Der Medikamentenmangel in den Hattinger Apotheken hält an. Schon im vergangenen Jahr kam es immer wieder zu Lieferengpässen bei bestimmten Medikamenten. Der Mangel bleibt bestehen, hat sich aber auf andere Medikamente verschoben. Welche Medikamente knapp sind und was Kunden jetzt tun können:

Während im vergangenen Jahr vor allem Kinderarzneimittel wie zum Beispiel Hustensäfte von Lieferengpässen betroffen waren, verschiebe sich das Problem in diesem Jahr auf andere Medikamente. „Die Fiebersäfte für Kinder sind jetzt besser lieferbar, dafür sind manche Antibiotika und Antidiabetika schwer zu bekommen“, sagt Michael Mahl, Sprecher der Apotheken in Hattingen und Sprockhövel.

Diese Medikamente sind nicht lieferbar

Unter den fehlenden Antidiabetika leiden besonders Senioren: Ein Insulin-Einmal-Pen, der speziell für Senioren ausgelegt ist, kann nicht geliefert werden. Der Pen verfügt über eine Art „Eieruhr“, die ist gut lesbar und kann auch von Menschen mit motorischen Problemen bedient werden. Über die „Eieruhr“ können Patienten die korrekte Insulindosis einstellen. Senioren, die bisher solche Pens genutzt haben, müssen sich nun umgewöhnen. Aber auch andere Antidiabetika seien betroffen, sagt Mahl.

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Eine schnelle Lösung sieht er nicht kommen, denn das „Systemproblem im Gesundheitswesen“ sei „die Unterfinanzierung“. Zweimal standen Patienten in diesem Jahr vor verschlossenen Apothekentüren. Über einen Streik wollten sich die Apotheker Gehör verschaffen und auf Missstände aufmerksam machen, auch vereinzelte Arztpraxen schlossen sich dem Streik an. Und auch für die Tage zwischen den Jahren drohen Tausende Ärzte bundesweit mit Praxisschließungen. Was hat der Protest bisher genützt? „Uns ist sehr viel Verständnis entgegengebracht worden“, sagt Mahl.

Das darf in keiner Hausapotheke fehlen

Apothekensprecher Michael Mahl rät zur Allzweckwaffe Ibuprofen gegen Fieber, Zahnschmerzen und andere Schmerzen.

Gegen verstopfte Nasen sollte immer ein abschwellendes Nasenspray vorrätig gehalten werden. Bestenfalls trägt man es immer bei sich, so der Expertenrat.

Auch ein Mittel gegen Durchfall darf in keiner Hausapotheke fehlen. Genau wie das Nasenspray sollte es - gerade auf Reisen - immer mit dabei sein. „Den Rest würde ich bei Bedarf kaufen“, sagt Mahl.

Dennoch werden Fachkräfte in Apotheken noch immer weit unter Tarif entlohnt. Apotheken können aufgrund des Systems gar nicht mehr zahlen. Besonders im Hinblick auf andere Berufsgruppen, wie zum Beispiel Lokführern, die weit mehr verdienen, hat Mahl kein Verständnis für diese Diskrepanz.

Einige Fächer in den Vorratsschränken der Apotheken bleiben derzeit wieder leer.
Einige Fächer in den Vorratsschränken der Apotheken bleiben derzeit wieder leer. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Auch bei den Medikamentenlieferungen habe sich wenig ins Positive verändert. „Wenn sie zu mir in die Apotheke kommen und sich etwas empfehlen lassen, rate ich nicht direkt zu einem Mittel, sondern muss erst prüfen, ob es auch lieferbar ist.“ Versorgungsängsten schiebt er aber einen Riegel vor: „Wir bekommen es schon irgendwie hin“.

Die Lage zum Jahresende - Hamsterkäufe ergeben wenig Sinn

Verschärfen sich die Lieferprobleme bis zum Jahresende? Michael Mahl geht davon aus, dass alle wichtigen Basis-Medikamente erhältlich sein werden. Der Ibuprofenmangel aus dem vergangenen Jahr habe sich gelegt. Bei Nasensprays gebe es derzeit einen kleinen Engpass, aber sie seien zu bekommen. Bei gleichem Wirkstoff könne man zudem immer auf einen anderen Hersteller umsteigen.

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Hamsterkäufe ergeben im Hinblick auf die fehlenden Medikamente wenig Sinn. Das hat mehrere Gründe: Einerseits „wissen sie gar nicht, welches Antibiotikum sie brauchen. Sie kaufen ja nicht ein Mittel, weil sie glauben, in einem halben Jahr eine Mandelentzündung zu bekommen.“ Andererseits haben Medikamente Verfallsdaten und werden zudem häufig falsch gelagert. Wer seine Medizin im Badezimmer aufbewahre, sollte dies schleunigst überdenken. Hier können Temperatur und Luftfeuchtigkeit schnell ansteigen und so Medikamente beeinträchtigen.

Michael Mahl ist Sprecher der Apotheken in Hattingen und Sprockhövel.
Michael Mahl ist Sprecher der Apotheken in Hattingen und Sprockhövel. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

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Sobald dauerhafte Medikationen von Lieferengpässen betroffen sind, sollten sich Patienten frühzeitig bei den Apotheken melden, damit der Apotheke genug Zeit für eine Bestellung bleibt.