Hattingen. Entsetzen in Hattingen: Der Heimatverein hatte eine Israel-Flagge aus Solidarität am Bügeleisenhaus gehisst. Nun wurde sie abgerissen. Reaktionen.
Eine israelische Flagge hatte der Heimatverein Hattingen/Ruhr nach dem barbarischen Angriff der Hamas auf Israel am Giebel des Bügeleisenhauses gehisst. Mit Entsetzen hat der Vorsitzende Lars Friedrich nun aber feststellen müssen, dass die Fahne mit dem Davidstern abgerissen wurde.
Dass die Israel-Flagge nicht mehr am Giebel des Bügeleisenhauses hängt – in etwa fünf Metern Höhe –, hat Lars Friedrich am Wochenende festgestellt, wenig später sagten ihm Passanten, sie hätten die Flagge in einem nahe gelegenen Abfalleimer gefunden. Friedrich erstattete Anzeige bei der Polizei –„wegen Verletzung von Hoheitszeichen ausländischer Staaten“, so Florian Fackler, Schatzmeister des Heimatvereins Hattingen/Ruhr.
Polizeisprecher sagt, es ermittle der Staatsschutz
Dass in dem Vorfall Anzeige erstattet wurde, bestätigte Sebastian Hirschberg, Pressesprecher der Polizei Hagen. Hirschberg sagte zudem, die Flagge sei sichergestellt worden. Was den Hintergrund des Vorfalls betrifft, so erklärte der Polizeisprecher auf WAZ-Nachfrage: „Es kann alles sein. Aber aufgrund der aktuellen politischen Lage gehen wir erstmal von einem antisemitischen Hintergrund aus.“ Es ermittle der Staatsschutz, Tatverdächtige gebe es bislang indes nicht.
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Der Heimatverein Hattingen/Ruhr schreibt unterdessen, er verurteile den „mutmaßlich antisemitischen Vorfall“, und darüber hinaus „jeglichen Antisemitismus auf das Schärfste, gerade vor dem grausamen Terror der Hamas in der letzten Zeit“. Der Vorstand des Heimatvereins Hattingen/Ruhr sei sich überdies „einig, dass der Angriff auf die am 9. Oktober als Zeichen der Solidarität am Giebel des Bügeleisenhauses aufgehängte israelische Flagge die historische Erinnerung an die Hattinger Jüdinnen und Juden bedroht. Wir werden nicht zulassen, dass Hass und Intoleranz unsere Gemeinschaft spalten, gerade im Kontext der Geschichte des Bügeleisenhauses und seiner jüdischen Eigentümer, der Familie Cahn“.
Das Bügeleisenhaus, einst im Besitz der jüdischen Familie Cahn, sei „ein Symbol für die kulturelle Vielfalt Hattingens“, so der Heimatvereinsvorsitzende Lars Friedrich. Die Dauerausstellung „Die Cahns. Eine jüdische Familie in Hattingen zwischen Integration und Verfolgung“ erinnere dabei an die Bedeutung jüdischen Lebens in Hattingen und mahne, Toleranz und Respekt als hohes gesellschaftliches Gut zu schützen.
Bürgermeister: „Antisemitismus ist in keinster Weise zu tolerieren“
Auf WAZ-Nachfrage äußerte sich auch Bürgermeister Dirk Glaser zu dem Vorfall am Bügeleisenhaus. Sollte sich bei diesem ein antisemitischer Hintergrund bestätigen, so Glaser, „dann verurteile ich diesen aufs Schärfste. Es widerspricht massiv unseren ständigen Bemühungen für ein weltoffenes Hattingen und unseren permanenten Einsatz gegen jede Form von Rassismus in unserer Stadt. Antisemitismus ist in keinster Weise zu tolerieren“.
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Auch der Vorstand des Heimatvereins Hattingen/Ruhr mahnt in diesem Punkt Haltung an: „Es ist unsere bürgerliche Pflicht, nicht wegzuschauen, wenn es um Antisemitismus, Intoleranz und Diskriminierung geht.“
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Einen Beitrag dazu leisten will einmal mehr auch die seit Jahren in Hattingen stattfindende Gedenk- und Aktionswoche „Hattingen hat Haltung“ (3.-12. November). So etwa beschäftigt sich die Demokratiekonferenz der „Partnerschaft für Demokratie Hattingen“ am 4. November, 13 Uhr, im großen Sitzungssaal des Rathauses mit dem aktuellen Rechtsruck in der Gesellschaft und den daraus resultierenden Herausforderungen. Im Sinne einer Solidaritätsbekundung laden alle Hattinger Religionsgemeinschaften zum gemeinsamen Friedensgebet am 12. November, 17 Uhr, in die evangelische Kirche Winz-Baak ein. Und die offizielle Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht am 9. November 1938, in der in ganz Deutschland Juden misshandelt, verhaftet und getötet wurden, erinnert an den Schrecken der Nazidiktatur. Treffpunkt ist um 17 Uhr vor dem Rathaus, um gemeinsam mit Lichtern der Erinnerung durch die Innenstadt zur Kranzniederlegung am Synagogenplatz zu gehen.
Solidaritätsbekundung mit Israel am Bügeleisenhaus soll fortgesetzt werden
Was unterdessen die Israel-Flagge am Bügeleisenhaus betrifft, so kündigt Heimatvereinsvorsitzender Lars Friedrich an, man werde so schnell wie möglich eine neue Israel-Flagge besorgen, „ich bin auf jeden Fall dafür, eine Solidaritätsbekundung mit Israel weiterhin am Bügeleisenhaus öffentlichkeitswirksam zu zeigen“. Ob eine Israel-Flagge indes erneut am Giebel oder aber vor Übergriffen geschützter im Fenster platziert werde, wolle man nun im Vorstand gemeinsam entscheiden.
Hinweise zur Aufklärung des Vorfalls nimmt die Hattinger Polizeiwache auf der Nierenhofer Straße 14 entgegen, 02324 9166-6000, E-Mail: poststelle.ennepe-ruhr-kreis@polizei.nrw.de. Alternativ nimmt die Polizei Hagen Hinweise zur Aufklärung des Vorfalls entgegen: 02331 9862066.