Ennepe-Ruhr. Die Gewalt gegen Busfahrer eskaliert. Die VER reagiert auf massive Personalprobleme und kürzt ihren Busfahrplan auch für Hattingen & Sprockhövel.
Es ist eine drastische Situation für die Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr (VER), die Geschäftsführer Peter Bökenkötter schildert. Weil sich zu viele Mitarbeitende krank gemeldet haben, sieht sich das Unternehmen gezwungen, seinen Busfahrplan voraussichtlich bis Samstag, 30. September, einzuschränken. Grund für die Ausfälle sind auch Probleme mit Fahrgästen: „Die Aggressivität steigt ins Unermessliche“, macht Bökenkötter deutlich.
Bemerkenswert sind die Gründe, auf die der Geschäftsführer den hohen Krankenstand zurückführt. So sei der Kontakt zu Fahrgästen aus seiner Sicht ein Faktor. „Ein Kollege ist fahruntauglich, weil er geschlagen wurde“, zeigt Bökenkötter sich entsetzt. Zunehmend beobachte man Aggressivität bei Fahrgästen.
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Ein weiterer Faktor für Ausfälle: „Es ist immer noch recht einfach, sich telefonisch krankschreiben zu lassen“, sagt Bökenkötter. Es habe Fälle von Mitarbeitenden gegeben, die sich per Krankenschein ihren Urlaub verlängert hätten, was auch abgemahnt worden sei.
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Geschäftsführer Peter Bökenkötter geht noch mehr ins Detail. Während Corona sei der Krankenstand auf bis zu 35 Prozent der Belegschaft gestiegen. Sonst seien acht Prozent normal gewesen. Schließlich habe sich die Quote bei etwa zwölf Prozent eingependelt. Der VER-Aufsichtsrat hat eine dementsprechende personelle Aufstockung genehmigt. Im Moment manifestiere sich aber eine Quote von 15 Prozent, also mehr als die genehmigte Aufstockung.
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Personalausfälle ließen sich kaum kompensieren. „Der Arbeitsmarkt ist so gut wie leer“, weiß der Geschäftsführer. Und fänden sich Bewerber, seien diese zum Teil unzuverlässig. „Drei Mitarbeiter mussten wir über die Probezeit entlassen, weil sie unzuverlässig waren“, so der Geschäftsführer. Manchen falle ein paar Minuten vor Dienstantritt plötzlich ein, dass sie krank seien. Andere hätten Probleme damit, am Wochenende zu arbeiten. Er betont dabei aber auch, dass der Großteil der VER-Belegschaft seine Arbeit ganz hervorragend mache.
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Dem Bericht war eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an die Verwaltung des Ennepe-Ruhr-Kreises vorweggegangen. Darin heißt es: „Seit rund einem Jahr kommt es immer wieder zu Busausfällen in mehr oder weniger starkem Umfang. Die im Nahverkehrsplan vorgesehenen Leistungen werden nicht erbracht. Zusätzlich fallen auch im Schienenverkehr immer wieder Züge beziehungsweise zeitweise ganze Linien aus. Dies macht den ÖPNV unzuverlässig und damit unattraktiv.“
Bewerber gesucht und Infos für Kunden
Die VER wirbt um Zuwachs für ihr Team. „Zusätzlich bieten wir eine psychologische Hotline, Fitness-Studio, Jobrad, Mitarbeiterticket und Freifahrten für die Familie auf den eigenen Linien“, zählt Geschäftsführer Peter Bökenkötter die Vorteile für die VER-Belegschaft auf.
Die Fahrgastinformationen sollen sich laut Bökenkötter bald verbessern. Ab dem 1. September übernehme die Bogestra 24/7 die Fahrgastinfo und informiere auch in der App. Sobald der Fahrplan nicht erfüllt wird, greift die Mobilitätsgarantie unter den Regularien des VRR. Wenn der Fahrplan durch die geplante Anpassung erfüllt wird, greift das nicht mehr.
Informationen zur Mobilitätsgarantie gibt es unter www.mobil.nrw/fahren/mobigarantie.html. Das eingeschränkte Fahrplanangebot wird in die elektronische Fahrplanauskunft eingepflegt. Mehr dazu auch unter www.ver-kehr.de
Jürgen Tannenfels, ÖPNV-Experte der Kreisverwaltung, bestätigt die geschilderten Eindrücke: „Es ist richtig, dass es in Wellen seit letztem Jahr zu einem erhöhten Krankenstand gekommen ist“. Er erklärt, es gebe regelmäßig Abstimmungen, „wo wir die Situation abfragen und gucken, was man machen kann.“ Seit Ende der Sommerferien sei es noch mal schlimm geworden. Die Reaktion sei der abgestimmte und reduzierte Fahrplan.
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Vorgesehen ist nun der Wegfall einzelner Fahrten im gesamten VER-Liniennetz, um zumindest auf den angebotenen Fahrten wieder mehr Verlässlichkeit zu schaffen. Das Unternehmen betont, dass es weiterhin alle Stadtteile bedient. Das Fahrplanangebot werde jetzt um 3,3 Prozent reduziert – auf den Linien, die ohnehin stark getaktet seien und so, dass der Schülerverkehr gewährleistet sei.
Falls sich der Krankenstand zwischenzeitlich entsprechend reduzieren sollte, möchte die VER zum vollständigen Angebot zurückkehren. Ziel ist es nach eigenen Angaben, rund 97 Prozent des gewohnten Angebots aufrechtzuerhalten.