Hattingen. Im Juli 2021 kam das Wasser in Hattingen schnell. Herbert Hornung verlor sein Zuhause, in der Vogelstation Paasmühle wurde die Tiere gerettet.

Das Hochwasser Mitte Juli 2021 hat viele Hattinger schwer getroffen. Zwei Jahre später blicken zwei von ihnen zurück – Thorsten Kestner, der die Tiere der Paasmühle rettete und Herbert Hornung, der sein komplettes Zuhause verlor.

Natürlich hat die Flut Nerven gekostet, räumt Thorsten Kestner von der Paasmühle ein. Um verletzte Eulen, Greif- und Wasservögel kümmert er sich seit Jahren, pflegt sie gesund, damit sie in ein neues Leben starten können. Aber in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 verschwamm ihm sprichwörtlich alles vor Augen. „Da konnten wir nur zugucken, wie alles weggespült wurde. Viel Zeit blieb nicht. Das Wasser kam schnell, sehr schnell. Wir haben die gefährdeten Tiere in eine Kiste gepackt und in Sicherheit gebracht.“

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Am nächsten Tag fuhr er ins Ahrtal, um dort mit anzupacken. „Da hat sich dann der Schaden, den wir hatten, in einem ganz anderen Licht dargestellt. Das war gar nicht zu vergleichen.“ Obwohl auch die Paasmühle heftig in Mitleidenschaft gezogen worden war. Die schweren Brücken, die Bagger auf das Gelände transportiert hatten, sie wurden durch die Kraft des Wassers einfach ein Stück weitergespült. Die angeschwemmten Äste und Stämme drückten gegen die Zäune, die der Kraft nicht standhalten konnten.

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„Die Reparaturen haben schon viel Geld gekostet, aber es ist niemandem etwas passiert. Abends haben wir schon wieder gegrillt“, sagt Thorsten Kestner.

Einen Tag nachdem das Wasser kam, sichtete Thorsten Kestner die Schäden an der Vogel-Auffangstation Paasmühle.
Einen Tag nachdem das Wasser kam, sichtete Thorsten Kestner die Schäden an der Vogel-Auffangstation Paasmühle. © Liliane Zuuring

Denn es war nicht die erste Katastrophe, mit der er fertig werden musste. „Viel schlimmer für dieses Gebiet war der Orkan Kyrill. Der hat wirklich viel kaputt gemacht“, sagt der sturmerprobte Tierschützer, der auch beim Jahrhunderthochwasser seinen Humor nicht verloren hat. „Sonst spendet mir Gelsenwasser immer Wasser. Heute könnte ich mal was zurückgeben“, war sein Kommentar bei der Flut vor zwei Jahren.

Zuhause verloren

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Als sich im Juli 2021 die Schleusen des Himmels auftaten und es stundenlang schüttete, verlor Herbert Hornung aus der Schleusenstraße 6a sein komplettes Zuhause. Unvergessen die traumatischen Erlebnisse dieser Nacht. „Frühzeitig gewarnt worden sind wir von niemandem“, sagt er. Das ärgert ihn immer noch. Dann hätte er noch einige Habseligkeiten zusammenpacken können. Denn Hochwasser in dem Haus direkt an der Ruhr, das sei ja keine Seltenheit.

„Aber plötzlich stieg das Wasser so schnell und um fünf Uhr morgens schlug die Feuerwehr Alarm. „Nur raus hier, raus“, riefen die Helfer. „Uns blieb überhaupt keine Zeit mehr, wichtige Sachen zu packen.“

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Plötzlich stand der Keller unter Wasser, dann wurde die Wohnung im Erdgeschoss geflutet. „Das Wenige, was wir nach der Flut noch in Containern eingelagert hatten, mussten wir wegschmeißen, als wir es wieder benutzen wollten. Der Schlamm hatte sich eingefressen, es stank grauenhaft“, schildert der 77-Jährige, der mit seiner schwerkranken Frau Marica (80) seit 16 Jahren die für ihn „schönste Wohnlage Hattingens“ genießt.

Hochwasser-Katastrophe

Bei der Hochwasser-Katastrophe Mitte Juli 2021 starben in Deutschland mehr als 180 Menschen. Ein Schaden in Milliardenhöhe wurde verursacht, am schlimmsten betroffen waren NRW und Rheinland-Pfalz. Auch für Hattingen war es die schlimmste Flutkatastrophe bisher.

Für viele Millionen Euro werden viele Maßnahmen zum Schutz vor ähnlichen Wetterereignissen ergriffen. Vor allem muss die „Gewässerverrohrung Werkstraße“ des Sprockhöveler Bachs, der an dieser Stelle offiziell Paasbach heißt, komplett erneuert werden.

Die beiden müssen damit klarkommen, dass sie nur noch die Bilder des gemeinsamen Lebens im Kopf haben. Geblieben ist ihnen nichts mehr. Persönliche Erinnerungen wie Fotoalben, Porzellan, wertvolle Teppiche, Kristallgläser, die sie geliebt haben – es ist alles in den Fluten untergegangen.

Der zwischenzeitliche Aufenthalt in einer Ferienwohnung, bis ihr Domizil wieder bewohnbar war, dauerte 13 Monate. Entschädigungen, die er vom Staat und von der Stadt bekam, reichten bei weitem nicht, um die notwendigen Anschaffungen zu tätigen.

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Das Ehepaar blieb auf vielen Kosten sitzen, denn eine Elementarversicherung hatten sie als Mieter nicht abgeschlossen. Jetzt haben sie eine, aber die Hoffnung bleibt, dass sich so ein Ereignis in ihrem Leben nicht wiederholt. Im Gegensatz zu den Nachbarn, die die Schleusenstraße für immer verlassen haben, sind die Hornungs geblieben. Geblieben ist aber auch der kritische Blick auf die Ruhr, wenn der Wasserstand wieder steigt.