Hattingen. Zweirad Hecken in Hattingen berechnet „Einmalkunden“ höhere Preise. Und geht offensiv damit um. So begründet der Chef das Zwei-Klassen-System.

Sie arbeiten alle am Limit. Die wenigen Fahrradhändler, die auch noch Reparaturen anbieten. Die Wartezeiten sind zum Teil extrem lang, da lassen sich manche Betriebe einiges einfallen, um wenigstens ihre Stammkunden nicht zu vergraulen. Aber der Unterschied zwischen Neu- und Stammkunden ist es, der manchen Radlern sauer aufstößt.

Bei Zweirad Hecken ließ eine Blankensteinerin jetzt ihr E-Bike durchchecken und ärgert sich über den Vermerk „Einmalkunde“ auf dem Zahlungsbeleg. Inhaber Andreas Hecken geht mit dem Unterschied ganz offen um, erklärt auf seiner Internetseite die Gründe für die unterschiedliche Behandlung.

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Dort ist zu lesen, dass durch die extrem hohe Nachfrage nach Reparaturen die Werkstatt (Stand 11. Mai 2023) bis Mitte Juli ausgebucht ist. „Da wir noch immer überrannt werden mit Fremdrädern aus dem Internet oder von großen Filialisten, die meist in einem Zustand abgegeben werden, der den doppelten Arbeitsaufwand erfordert, als bei uns gekaufte Räder, haben wir uns entschlossen, die Preise für Neukunden entsprechend anzupassen.“

Ein Monteur ist seit zwölf Wochen krank geschrieben

So kostet eine Inspektion eines Normalrades für Neukunden 120 Euro, für Bestandskunden 90 Euro. Beim E-Bike sind es für Neukunden 150 Euro, für Stammkunden 120 Euro.

Hecken ärgert sich, dass viele Hattinger oft zu sehr günstigen Preisen ihre Fahrräder im Internet oder umliegenden Städten kaufen, dann aber den weiteren Weg für Reparaturen nicht in Kauf nehmen wollen. „Die kommen dann zu uns und wir wissen nicht mehr, wie wir die Arbeit bewältigen sollen.“

Ein weiteres Problem kommt für die Werkstatt hinzu. „Ein Monteur von uns ist seit zwölf Wochen krank geschrieben. Den hat es gesundheitlich wirklich böse erwischt. Wir würden sofort einen Monteur einstellen, aber wir bekommen keine Fachleute, wie überall.“ Man könne sich als Fachwerkstatt ja auch keine schlampige Reparatur leisten. „Das sind ja sicherheitsrelevante Arbeiten, die wir da machen.“

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Vor allem in der Coronazeit haben sich viele ein Rad gekauft, weil man ja sonst wenig machen konnte. „Die haben meist wenig oder keine Ahnung von Zweirädern und schrauben sich dann selbst ein Rad zusammen. Man stelle sich mal vor, man kauft ein Auto im Internet und schraubt dann Lenker, Räder und Türen selbst dran.“ Gerade bei einem Rad müsse die Sicherheit ja noch viel höher sein.

Jörn Steschulat, Chef bei Fahrrad Wurm, hat Ideen, wie Kunden lange Wartezeiten vermeiden können
Jörn Steschulat, Chef bei Fahrrad Wurm, hat Ideen, wie Kunden lange Wartezeiten vermeiden können © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Einen Unterschied zwischen Neu- und Stammkunden macht Jörg Steschulat, Inhaber von Fahrrad Wurm auf der Kreisstraße 31, zwar nicht. Ansonsten hat er aber genau dieselben Argumente und Probleme. „Wir haben extreme Wartezeiten, weil wir seit Corona hundert Prozent mehr Räder auf der Straße haben. Wir können sie einfach nicht mehr unterbringen.“

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Das Drama sei auch, dass sich die meisten Radler um eine Wartung nicht kümmerten. „Das könnte man ja prima im Winter machen lassen, Autos bringt man ja auch zur Inspektion. Aber dann kommen die ersten Sonnenstrahlen und man will mal eben das Rad nachgucken lassen. Das geht schlicht und einfach nicht mehr.“

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Man würde ja auch nicht in der Haupturlaubszeit einen Tag vor der Abreise eine Wohnung buchen. Mit einer vorausschauenden Sichtweise könnten die Radler selbst für Entspannung sorgen, erklärt Steschulat.