Ennepe-Ruhr. Weil Personal fehlt, wackeln Betreuungszeiten. Kitas in Hattingen, Witten, Wetter und Sprockhövel suchen Unterstützer für den Protest am Landtag.

„Es muss jetzt gehandelt werden, sonst bricht das System zusammen. Der Kollaps steht bevor.“ „Wir sind mittendrin in der Bildungs-Katastrophe.“ „Kinder haben ein Recht auf einen behaglichen Kindergarten-Platz und keine Notlösungen.“ Angelika Arend, kaufmännische Geschäftsführerin des Kindergartenverbundes des Kirchenkreises Hattingen-Witten, Gudrun Siepmann und Cornelia Zwilling, das Leitungsteam des Wichern-Kindergartens in Bredenscheid, schlagen Alarm: In den Kitas fehlt Fachpersonal. Gemeinsam mit anderen Kitas, Eltern und Unterstützern möchten sie am 9. Februar vor den Landtag ziehen.

Ausfälle bei der Betreuung in der Kita

Stellvertretend für die 20 Kitas des Verbundes schildern die Leiterin des Wichern-Kindergartens und ihre Stellvertreterin den täglichen Kampf – auch in einem Brief an die Angeordneten des Landtags. „Wir müssen jeden Tag Sachverhalte klären, die wir nicht verursacht haben. Wir sind an einer Grenze, das können wir nicht mehr vertreten“, betont Cornelia Zwilling. Denn immer wieder müssen Kitas Eltern informieren, dass die gebuchte Betreuung durch Ausfälle nicht umgesetzt werden kann.

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„Und das liegt nicht daran, dass Erzieherinnen öfter krank sind. Die Kitas sind zu, weil das Kibiz (das Kinderbildungsgesetz des Landes NRW) zu knapp gerechnet ist“, unterstreicht die stellvertretende Leiterin Gudrun Siepmann. Davor habe man seit Jahren gemahnt und gewarnt.

Auch aktuell ist der Kita im eingeschränkten Regelbetrieb, heißt, dass zum Beispiel Betreuungszeiten gekürzt werden müssen. Dabei steht sie auch im Vergleich zu anderen Einrichtungen des Verbundes noch gut da. Doch fest steht: Fachkräfte fehlen. „Wir sind im Spannungsfeld, dass wir pädagogisch nicht so arbeiten können, wie wir es möchten“, erklärt Siepmann die Auswirkungen. Denn eine Kita ist weit mehr als eine Verwahrstelle für Kinder.

Quereinsteiger in der Kita helfen nur bedingt

Deshalb sei das Thema auch nicht durch Alltagshelfer, für die die Kita-Leitungen sehr dankbar sind, oder Quereinsteiger, die die schwarz-gründe Koalition verstärkt in den Blick nehmen will, erledigt. Nach Vorgaben des Landesjugendamtes müssen mindestens zwei Betreuer in einer Gruppe sein, davon mindestens eine Fachkraft, erklärt Angelika Arend. Demnach können Helfer abseits der Fachkräfte gar nicht allein eine Gruppe betreuen.

„Wir brauchen ausgebildete Fachkräfte. Beim Frisör käme auch niemand auf die Idee, anderen ohne Ausbildung die Haare zu schneiden, aber bei uns wird gemeint, man könne mal eben mitmachen“, sagt Cornelia Zwilling über gut gemeinte Hilfsangebote. Doch Fachkräfte sind rar. Allein im Kirchenkreis sind zehn Stellen ausgeschrieben, in ganz NRW dürften es Tausende sein, weiß Geschäftsführerin Arend. Sie mahnt: „Auch wenn wir Quereinsteiger, wie eine Grundschul-Lehrerin einstellen, reißen wir damit an anderer Stelle eine Lücke.“ Außerdem beobachtet sie seit etwa einem Jahr einen deutlichen Einbruch bei den Bewerberzahlen für eine der 45 Ausbildungsstellen im Verbund des Kirchenkreises.

Die Kitas in NRW klagen über Personalnot. Für die 20 Kitas des evangelischen Kirchenkreises Hattingen-Witten in Hattingen, Witten, Wetter und Sprockhövel stellen die Leiterinnen des Wichern-Kindergartens in Bredenscheid, Cornelia Zwilling (Leiterin, Mitte) und Gudrun Siepmannn (Stellvertreterin, rechts) gemeinsam mit Angelika Arend (Kaufmännische Geschäftsführerin Ev. Kirchenkreis) die Probleme dar und suchen Unterstützer.
Die Kitas in NRW klagen über Personalnot. Für die 20 Kitas des evangelischen Kirchenkreises Hattingen-Witten in Hattingen, Witten, Wetter und Sprockhövel stellen die Leiterinnen des Wichern-Kindergartens in Bredenscheid, Cornelia Zwilling (Leiterin, Mitte) und Gudrun Siepmannn (Stellvertreterin, rechts) gemeinsam mit Angelika Arend (Kaufmännische Geschäftsführerin Ev. Kirchenkreis) die Probleme dar und suchen Unterstützer. © FUNKE Foto Services | Christof Köpsel

Forderungen der Kitas an die Politik

Deshalb sind die Forderungen deutlich: Der Beruf muss gesellschaftlich und auch finanziell mehr Ansehen erhalten. „Frühkindliche Bildung muss ausreichend finanziert werden“, fordert Cornelia Zwilling stellvertretend für die anderen Kita-Leitungen. Und Gudrun Siepmann betont: „Die Politik muss entscheiden, was ihnen Kinder in diesem Land wert sind. Was sie aktuell machen ist bald fahrlässig.“ Denn Betreuungs-Versprechen an Eltern, die vor Ort nicht gehalten werden können, verbessern auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht. „Sie müssen zu den Eltern ehrlich sein und Verantwortung übernehmen.“

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Schon vor einem Jahr hatten die Kitas Politiker angeschrieben, jedoch keine Antwort erhalten. Nun wollen sie ihrem Anliegen erneut Nachdruck verleihen. Wenn es im Landtag am 9. Februar um das Thema „Betreuungs-Gipfel jetzt“ geht, sind sie dabei – und hoffen auf viele Mitstreiter. Kontakt: .