Hattingen. Die Zahl der Teilnehmer an den Montagsdemos in Hattingen ist zwar erheblich geschrumpft. Doch Beschwerden sind geblieben. Was Bürger verärgert.
Das ganze Jahr über zieht immer wieder montagabends ein Protestzug durch Hattingen. In der Spitze waren es mal 800 Teilnehmer, inzwischen ist die Zahl auf etwa 80 geschrumpft. Doch nicht nur die Größe hat sich geändert, auch Aussagen und Auftreten haben sich gewandelt, was mehrfach Bürger auf den Plan rief und ruft.
Mit ohrenbetäubendem Trommelwirbel durch die Innenstadt von Hattingen
Im Visier der Demonstranten blieb über viele Monate vor allem die Coronapolitik. Einschränkungen im Alltag, die Impfpflicht im Gesundheitswesen stellen die Akteure an den Pranger, zu denen nicht nur Impfgegner, sondern vor allem auch Querdenker und Verschwörungstheoretiker gehören.
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Damals wie heute begleitet ohrenbetäubender Trommelwirbel das Auftreten der Demonstranten. Mit Hilfe von Megafonen und Lautsprechern scheppern dumpfe Parolen durch das abendliche Hattingen. Offiziell gingen bei der Polizei drei Beschwerden über den Lärm der Montagsdemos ein, woraufhin die Behörde die zulässige Lautstärke beschränkte und sie auf 95 Dezibel festlegte. Bei Überschreitungen wird seither nach Aussage der Polizei der Versammlungsleiter aufgefordert, sich ans Regelwerk zu halten.
Doch es dürfte auch eine Dunkelziffer derer geben, denen der Krach gewaltig auf die Nerven geht, die aber nicht gleich die Polizei einschalten wollen. Leon Reinecke., SPD-Kreistagsabgeordneter und Mitglied im Polizeibeirat im EN-Kreis, weiß von Anwohnern, die sich häufig belästigt fühlen, wenn der Montagabend herein- und die Demoschar aufbricht. Denn es trifft immer wieder dieselben Anlieger, weil die Strecke in aller Regel über die August-Bebel-Straße und die Augustastraße bis zur Roonstraße führt.
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Sprüche über die Grünen juristisch prüfen
Manchmal legen die Teilnehmer einen Zwischenstopp sehr nah des Grünen-Fraktionsbüros im Rathaus ein oder ziehen dort sehr bewusst entlang. Denn die Akteure haben die Agenda ihrer Themen nach und nach verändert. Da offensichtlich Corona nicht mehr so viel herzugeben scheint, „bestimmen vordergründig die Inflation und der Krieg Russlands gegen die Ukraine die Parolen“, erklärt Heiko Koch von der Hattinger Fachstelle „Partnerschaft für Demokratie“ und ergänzt: „Radikale Hassparolen gegen vermeintliche Eliten, Parteien und Einzelpersonen gehören mittlerweile zum Standardrepertoire der Protestierenden“. Zur Zielscheibe der verbalen Attacken sind, wie man es bei den Protestzügen erleben kann, dabei die Grünen geworden.
So ist beispielsweise bei den Demos mehrfach der Satz zu hören: „Jagd die Grünen aus dem Land, tut es für den Mittelstand.“ Ein solcher Spruch sei doch nichts anders als eine Verunglimpfung und darauf ausgelegt, Hass hervorzurufen, sagt Heiko Koch. Man sollte auf jeden Fall rechtlich prüfen, ob diese Aussagen noch zulässig sind. Die Grünen selbst, so Vorstandsmitglied und Ratsherr Marvin Bruckmann, halten sich zurück, „wollen die offene Konfrontation vermeiden“.
Staatsschutz will Versammlungen aufmerksam beobachten
Der Staatsschutz, der sich mit politisch motivierter Kriminalität befasst, erklärt grundsätzlich dazu: „Grundlegendes Element von Versammlungen im Allgemeinen ist die Meinungsbildung, die oftmals durch verbale oder plakative Provokation des politischen oder sonstigen inhaltlichen Gegners und dessen Herabwürdigung vorangetrieben wird.“ Bislang seien von den Montagsdemos in Hattingen „keine strafrechtlich relevanten Äußerungen bekannt“. Die Entwicklungen der Versammlungen würden allerdings „aufmerksam beobachtet“, so der Staatsschutz. Hinter den Aktionen stünde eine „Mischszene der Coronaprotestler“, die Themen wie „Ressourcenmängellage oder Wirtschaftskrise für ihre Zwecke instrumentalisieren“.
Im O-Ton des Protestzuges heißt es dann unter anderem „Was bedeutet Gelb-Grün-Rot? Hunger, Elend, Krieg und Tod“. Sprecher rufen wahlweise zum Aufstand, zum Widerstand oder dem Abschaffen der Regierung auf, während manche Teilnehmer derweil die Fäuste nach oben recken.
Da mag man sich auch schon deshalb verwundert die Augen reiben, weil zum Auftakt am Reschop-Carré gern John Lennons „Give Peace a Chance“ erklingt.