Hattingen. Ralf Brauksiepe (CDU) und Anna Neumann (FDP) warnen vor einer Zerstückelung des Bundestagswahlkreises EN II. Was eine Kommission dazu plant.
Um den Bundestag in Berlin zu verkleinern, soll die Zahl der Wahlkreise verringert werden – von bundesweit 299 auf 280. Die Pläne dafür betreffen auch Hattingen und Sprockhövel. Auf dem Tisch liegt der Vorschlag einer Kommission, den Wahlkreis 139 (Ennepe-Ruhr II), zu dem Hattingen, Herdecke, Sprockhövel, Wetter und Witten gehören, mit Teilen von Bochum zusammenzulegen. Aus der Politik vor Ort kommt scharfe Kritik.
Nach einem Papier, dass der Redaktion vorliegt, würden Sprockhövel und Wetter künftig nicht mehr zu Ennepe-Ruhr-II gehören, sondern dem Wahlkreis 138 (Hagen/Ennepe-Ruhr I) zugeschlagen. Bis 2002 war Hagen allein, bevor die Stadt wegen ihrer sinkenden Einwohnerzahl Teile des EN-Südkreises dazubekam. Wachsen würde der Hattinger Wahlkreis dagegen um Wattenscheid, Bochum-Süd und Bochum Südwest.
250.000 Menschen sollen einen Wahlkreis bilden
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Der Grund liegt in der Zahl der Wahlberechtigten. Eigentlich sollten es 250.000 sein – und der Durchschnittswert nicht um mehr als 15 Prozent unterschritten werden. Das ist aber im 139er-Wahlkreis der Fall. Laut Kommission weicht die Zahl um 22,4 Prozent ab. Bei einer Zusammenlegung mit Bochum käme der Wahlkreis dagegen auf ein Plus von 17,6 Prozent. Bochum liegt momentan nur um 8,9 Prozent unter der gewünschten Durchschnittsgröße.
Scharfe Kritik an den jetzt bekannt gewordenen Plänen kommt von Ralf Brauksiepe. Der Christdemokrat aus Niederwenigern hat den Wahlkreis 139 von 1998 bis 2017 im Deutschen Bundestag vertreten und wechselte 2018 als Geschäftsführer und Arbeitsdirektor zu Wohnungsunternehmen Vivawest.
„Das klingt nicht plausibel und ist für Hattingen und die anderen EN-Städte nicht gut“, sagt der Mann, der stets über die Reserveliste in den Bundestag einrückte, dem Direktmandat über die 19 Jahre hinweg aber immer näherkam. Die Zerstücklung des Wahlkreises durch den Abzug von Sprockhövel und Wetter sowie die Hinzunahme von Bochumer Stadtteilen könne dem Ennepe-Ruhr-Kreis nur schaden.
Die FDP Ennepe-Ruhr hat Beschwerde eingelegt
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„Das Gegenteil wäre richtig, und darum haben wir auch schon seit vielen Jahren gekämpft: eine Erweiterung des Wahlkreises 139 um Städte aus dem Südkreis. Dann würden die Menschen im EN-Kreis endlich zusammenwachsen, statt noch weiter getrennt zu werden.“
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Vor allem die Kreisstadt Schwelm zählt nach Brauksiepes Ansicht unbedingt dazu. Dort sitze die Wahlleitung für den 139er, und die gehöre in den Wahlkreis.
Ähnlich äußert sich die ehemalige FDP-Bundestagkandidatin Kandidatin Anna Neumann, ebenfalls eine Hattingerin. „Für den EN-Kreis ist dieser Vorschlag eine Katastrophe. Ich habe erhebliche Bauchschmerzen bei dem Gedanken, dass eine mühsam zusammengewachsene Identität unseres Kreises nun politisch gefährdet wird.“ Deshalb habe die FDP Ennepe-Ruhr Beschwerde eingelegt. Sie setze sich intensiv dafür ein, dass andere Lösungen gefunden werden. Eine Verkleinerung des Bundestags hält die 27-Jährige aber für dringend geboten. „Nur die Ausführung ist handwerklich echt schlecht gemacht.“
Axel Echeverria, der das Direktmandat bei der Bundestagswahl 2021 für die SPD verteidigt hat, hält zwar die Idee für richtig, den Bundestag von über 700 auf 598 Abgeordnete zu verringern, schon aus Kostengründen. „Eine Reduzierung um 20 Wahlkreise bringt da aber wenig“, sagt er. Der Wittener hält es für besser, das Wahlrecht „mal grundsätzlich anzufassen“.
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In die Sorge vor der weiteren Zerstückelung des Ennepe-Ruhr-Kreises mischt sich in der Diskussion über die Änderungspläne auch die Furcht, bei der neuen Einteilung hätten Bundestagskandidaten aus Bochum größere Chancen auf eine Nominierung.