Hattingen. Bürger fordern von Stadt Hattingen und Politik bei Bauplänen „zeitgemäße Entscheidungen“. Waldstücke und Gemeindeamt sollen bleiben. Ihre Ideen.
Weitermachen – das ist die Devise der Interessengemeinschaft Welper in Hattingen, die längst mit der Bürgerinitiative „Rettet die Bäume – Gesamtschule Hattingen“ kooperiert. Im Jahr 2022 gibt einige Projekte, auf die die Bürger ihr Augenmerk legen: Bäume und das Gemeindeamt etwa.
Dabei war 2021 schon „ein sehr anstrengendes Jahr für uns“, sagt Martina Kampmann mit Blick auf den gescheiterten Versuch, die Bäume auf dem Schulhof Welper zu erhalten. Sie ist in Welper groß geworden, zeigt ein Foto von sich an der Grünfläche Marxstraße/Ecke Friedhofsweg, das jetzt bebaut werden soll. Ein stattlicher Silberahorn soll 15 neuen Wohnungen weichen. Das Grundstück ist inzwischen eingezäunt. „Wir wissen auch gar nicht, wer hier den Zaun um das Grundstück aufgestellt hat“, sagt sie. Plötzlich sei er da gewesen.
Bürger in Hattingen wollen Bäume und Gemeindeamt Welper als Treff erhalten
Der Baum sei „erhaltenswert“, ihn zu retten, sei nicht so kompliziert, wie die Stadt das sehe, glaubt Architekt Michael Schindler. „Das würde 2000 bis 3000 Euro kosten, um den Baum zu sichern.“ Ende Oktober hatte die Stadt die Pläne fürs Grundstück vorgestellt. „Was da hingesetzt werden soll, ist ein Wahnsinn“, sagt Schindler. „Wie das hier mit dem Verkehr werden soll, weiß man nicht“, sagt Ernst Matl. Von der Gartenstadt Hüttenau ginge immer mehr verloren, bedauert Udo Häusler.
Bürgerbeteiligung und Informationen
Die Stadt Hattingen startet die öffentliche Beteiligung zu den Neubauplänen für die Feuerwache Nord, die auf dem Areal zwischen Blankensteiner Straße, Bergstraße und Zum Ludwigstal ist.
Aber der Bebauungsplan Nr. 172 „Feuerwehrhaus Nord“ wird aufgestellt, um Baurecht zu schaffen. Bürgerinnen und Bürger können sich bis zum 11. Februar nicht nur über den Entwurf des Plans informieren, sondern sich dazu auch äußern.
Die Unterlagen sind auf der Internetseite der Stadt, Stellungnahmen können direkt über das Portal abgegeben werden. Anregungen und Bedenken können auch per E-Mail an fb61@hattingen.de oder auf dem Postweg vorgebracht werden.
Die Bürgerinitiative gegen das Vorhaben hat eine eigene Internetseite: www.wald-hattingen.de
„Inzwischen werden immer mehr Bürger darauf aufmerksam, was hier in Welper passiert“, bemerkt Häusler, viele unterstützten inzwischen das Anliegen der Initiativen. Die sich immer besser vernetzten. „Der Heimatverein Blankenstein unterstützt uns und hat ein Foto vom Gemeindeamt mit in den Kalender 2022 aufgenommen“, freut sich Martina Kampmann.
Architekt Michael Schindler erstellt einen Nutzungsplan fürs Gemeindeamt Welper
Die IG Welper will 2022 ihre Kraft in den Erhalt des Gemeindeamtes auch als Treff setzen. Architekt Michael Schindler erstellt gerade einen Nutzungsplan. „Auch Essener Architekten befassen sich damit“, sagt Kampmann. Die Bürgertreff-Entscheidung sei einfach „keine zeitgemäße Entscheidung“, so Ernst Matl.
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Angelika Schindler betont den Aspekt der Nachhaltigkeit bei Sanierungen. Michael Schindler sagt: „Hätte man das Gemeindeamt Welper saniert und den Bürgertreff dort eingerichtet, wäre es bestimmt finanziell günstiger gewesen – und der Standort des alten, denkmalgeschützten Gemeindeamtes ist zentraler.“ „Was soll ein Treff am Rand des Ortes“, ergänzt Kampmann. Sie sagt: Im Gemeindeamt sei früher auch mal eine Impfstelle gewesen, „ein aktuelles Thema“.
Umbau von Gebäuden wird Neubauten vorgezogen
Schindler verweist auf einen Artikel aus dem Deutschen Architektenblatt, Ausgabe Januar 2022, mit dem Titel „Wir brauchen eine Umbauordnung!“ „Darin wird der Umbau von bestehenden Gebäuden gefordert. Es wird dort die Ergänzung der Bauordnung in eine Umbauordnung präferiert.“
Die Bürger ärgert, dass alles, was die Stadt vorstelle, „schon beschlossene Sache sei“, so Häusler. Wirkliches Interesse an ihrer Meinung spüren die Engagierten nicht. „Es wird so viel unter dem Radar geplant“, meint Häusler.
Kritik am Fehlen einer Baumschutzsatzung
Auch bei dem geplanten Rewe-Markt in Winz-Baak, für den wie für die geplante Feuerwache Nord Bäume fallen sollen, sei das so: Er hat eben die nächste Verwaltungshürde genommen, ein Durchführungsvertrag ist unterschrieben. „Dabei ist doch da noch gar nichts klar. Der Bebauungsplan ist noch nicht rechtskräftig. Und normalerweise sind Märkte für die Nahversorgung 700 bis 1100 Quadratmeter groß, hier werden es etwa 1600 Quadratmeter“, so Schindler.
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Sauer stößt den Bürgern auf, dass es in Hattingen keine Baumschutzsatzung gibt. Die Engagierten sind sich einig: „Wir stehen an einem Wendepunkt. Wir brauchen jedes Stück Grün.“ Hoffnung macht ihnen, dass Bürgermeister Dirk Glaser in seinem Grußwort zum Jahresbeginn Hattingen beim Klimawandel gefordert sieht.