Hattingen. Ungewöhnlich ist die Anlage des Luftschutzstollens an der Henrichshütte in Hattingen. Derzeit richten Experten ihn wieder für Besucher her.
Ursprünglich für den Hütten-Adel gedacht war der Luftschutzstollen am Industriemuseum Hattingen, der aktuell so wiederhergestellt wird, dass ihn künftig geführte Kleingruppen wieder erkunden können. „Die Form ist der eines Tennisschlägers ähnlich“, sagt Museumschef Robert Laube.
Schmuck sieht der Zugang aus, der dem Museum Henrichshütte zugewandt ist. Er war einst nur der Notausgang und liegt hinter der Übergabestation. Solide, sauber, neu zeigt sich der deutsche Türstock. Doch der Eingang auf dem Hüttengelände trügt. Dunkel ist es im Stollen, der sich unter dem Gelände des Wasserturmbesitzers durchzieht, mit dem Laube alle Stollenmaßnahmen abspricht.
Aktive machen Luftschutz-Stollen in Hattingen für Besucher wieder fit
Feuchtigkeit hat dem Stollen, in dem bis zu 250 Menschen während der Kriegszeit Zuflucht fanden, in den vergangenen Jahrzehnten zugesetzt. Das macht sich nicht nur an Wassertropfen an der Firste und an den dick verrosteten ehemaligen Türen bemerkbar, die teils nur noch im Felsstollen liegen. Er ist teilweise ausgemauert – mit Hüttensteinen. Die Fugen zwischen den Steinen sind hier und da sichtbar.
„Seit 2014 ist der 1943 gebaute Stollen für Museumsbesucher geschlossen“, erklärt Laube. Vor einem guten halben Jahr nahm er Gespräche auf mit dem Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier und dem Arbeitskreis Altbergbauaktiv. Deren ehrenamtliche Mitglieder sichern jetzt den Stollen nach und nach.
Ehemaliger Eingang ist fast zugewachsen
Der einstige Eingang liegt oben auf dem Berg. Brennnesseln, Brombeeren und Co. erobern sich den Zugang. Ein dickes Stahlgitter sichert, dass nur „die Männer in Weiß“, wie Laube sie nennt, und nicht etwa Unbefugte die Gänge betreten.
Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier
Der Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier e.V. ist zu erreichen per E-Mail an info@bergbauhistorie.ruhr
Der Arbeitskreis Hattingen, für den Sigurd Lettau Ansprechpartner ist (01 57 81 27 05 10, E-Mail: silett@web.de), wurde 2012 innerhalb des Fördervereins gegründet, nachdem es bereits eine jahrelange Zusammenarbeit des Vereins mit dem BGVR (Bergbau- und Grubenarchäologischer Verein Ruhr e.V.), dem SBB (Studienkreis Bochumer Bunker e.V.) und mehreren Stellen der Stadt Hattingen gegeben hatte.
Informationen gibt es auf der Homepage www.bergbauhistorie.ruhr
„Der Eingang lag gleich hinter den großen Gärten des Hütten-Adels, also der leitenden Angestellten – dort, wo jetzt eine große Straße herläuft“, so Laube. Grau erhebt sich der Betonklotz mit zwei Eingängen. „Die Angestellten haben dann protestiert, dass es für so viele Familien keinen Schutz gebe. Da hat man dann auch einen Raum für andere eingerichtet.“
Testanker im Stoß
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Vom Vorraum jedenfalls geht’s rechts ab in einen dunklen Raum, der Vorschleuse. Die ehrenamtlichen Experten brachten zwei Testanker in dem Stoß, also in der schrägstehenden Wand, ein, um zu testen, wie gut das Gestein gesichert ist. Stefan Juchert vom Förderverein Bergbauhistorischer Stätten Ruhrrevier ist mit seinen Mitstreitern gerade dabei, den Stollen „manuell zu berauben, sprich: lose Steine werden abgeklopft“, sagt Peter Otte, Mitglied im Förderverein und Arbeitskreisleiter „Altbergbauaktiv“.
Schräg und niedrig führt ein Gang, die Schleuse, dann in den Berg. Die Sohle ist uneben, quer verlaufen Wasserauffangrinnen. Gleich am Anfang steht auf einem Maschinensockel noch ein alter Kurbellüfter, der inzwischen Rost angesetzt hat. Hinab geht’s, bis sich der Weg teilt – rechts hin zum Notausgang, links hin zum Raum für Zivilpersonen. Laube weist auf eine gemauerte halbe Röhre, niedrig, schmal, gerade mal 2,50 mal acht Meter groß. „Hier haben 50 Menschen das letzte Jahr vor dem Kriegsende verbracht“.
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Zwischen der Gewölbemauerung und dem Gestein ist ein Hohlraum, auf dem alte Stahlplatten liegen. Gegenüber ist eine Nische, wohl einst für Werkzeug und Ausrüstung. Zwei rechteckige Aufenthaltsräume folgen, auch sie dunkel, bevor eine Mini-Treppe zu den ehemaligen Toiletten und dann zum für den Hüttenadel gebauten U-förmigen Raum führt.
Aufwendig hergestellter Stollenverlauf
Hier stehen noch Steinblöcke, auf denen früher Bretter lagen – die Sitzbänke. Nur vorsichtig und ständig den Kopf einziehend können sich die Besucher im Stollen bewegen, von dem Wilfried Maehler und Michael Ide in ihrem Buch „Luftschutz in Bochum“ schreiben, dass „ein ähnlich aufwendig hergestellter Stollen-Verlauf derzeit nicht bekannt ist“.
Peter Otte, der wie seine Kollegen den Stollen mit Grubenlampe betritt, sagt: „Bis Ende des Jahres wollen wir mit den Arbeiten fertig sein.“ Und dann gibt es Hoffnung, dass sich Interessierte den Stollen bald ansehen können. Sie werden ihn dann vom einstigen Notausgang her betreten, vor dem noch zu Ansichtszwecken eine Splitterschutzzelle steht. „Diese Ein-Mann-Bunker waren überall an größeren Gleisanlagen, um den Mitarbeitern Schutz zu bieten gegen Tiefflieger“, erklärt Laube. Davon habe es viele gegeben – auch in Hattingen.