Eine zeitgeschichtliche Führung durch den historischen Luftschutzstollen der Henrichshütte.

Eine kleine Gruppe Menschen mit gelben Helmen steht vor dem Eingang des Luftschutzstollens der Henrichshütte. Man glaubt es sind Kumpel, die sich – wie in früheren Zeiten – zur Arbeit begeben. Allerdings handelt es sich um Besucher des Industriemuseums. Seit 2003 gibt es Führungen durch den Luftschutzstollen – es ist die erste im neuen Jahr. Wilfried Maehler führt die Gruppe durch den Stollen.

Durch einen kleinen Vorbau gelangen die Besucher hinein. Erstaunlicherweise ist es im Inneren wärmer als an der freien Luft. Der eigentliche Eingang des Luftschutzstollens befindet sich an der Hüttenstraße. Erkennbar ist die militärische Bauweise, denn es gibt einen Mundlochschutz, welcher den Druck von einschlagenden Bomben auffangen sollte.

Der Luftschutzstollen wurde 1943 von Zwangsarbeitern per Sprengvortrieb gebaut. Er diente nach Inbetriebnahme als kriegswichtiger Betrieb. Höhere Beamte arbeiteten in dem Stollen. Aus diesem Grunde wurde auf doppelte Sicherheit gesetzt: Gasschutztüren und Absicherungsnischen sollten durch Druckneutralisation Explosionen vorbeugen. „Man glaubt, die Arbeiter haben einfach zu weit gesprengt. Dabei haben die Nischen tatsächlich eine wichtige Funktion”, erläutert Wilfried Maehler. Somit war das Überleben der Arbeiter – gleichzeitig auch das des Stollens – gewährleistet.

Neben der Arbeitsfunktion erfüllte der Luftschutzstollen zusätzlich die Aufgaben eines Bunkers. Der 151 Meter lange Stollengang hat eine Kapazität von bis zu 250 Menschen, die im Falle eines Bombenangriffs in dem Stollen Schutz fanden.

Der Luftschutzstollen ist mit allem ausgestattet, was ein Mensch zum Überleben braucht. Sogar Telefone waren vorhanden, denn in Notfällen betrug die Verweilzeit in dem Stollen bis zu 24 Stunden. Außerdem erblickt man immer wieder dünne Rinnen, die den Gang flankieren. „Diese sollen die Wasserabfuhr bewerkstelligen”, erklärt Wilfried Maehler. „Wenn 250 Personen für längere Zeit in dem Stollen bleiben müssen, hat man nicht so viel Platz, und folglich bildet sich schnell Kondenswasser.” Interessant sind auch die blauen Farbreste an den Wänden. Blaue Farbe soll laut dem Psychologen Sigmund Freud die Nerven beruhigen. Und das sei im Falle eines Bombenangriffs besonders hilfreich.

In einer Baunische stehen drei staubige Steinblöcke. Die Besucher fragen sich, wofür die gut waren. Die Antwort darauf gibt Wilfried Maehler: „Auf den Steinblöcken haben früher elektrische Luftfilter gestanden, die sich um die Sauerstoffregulierung gekümmert haben.”