Hattingen. Der Mutterkonzern der Abellio Rail NRW stellt sein Engagement in Deutschland in Frage. Davon betroffen wäre auch die S-Bahn-Linie 3 in Hattingen.
Paukenschlag im Bahnverkehr: Der niederländische Mutterkonzern des Unternehmens Abellio, das im vergangenen Dezember den Betrieb des S-Bahn-Linie 3 zwischen Hattingen und Oberhausen übernommen hat, droht wegen Millionenverlusten mit Rückzug. Abellio NRW stemmt sich nun gegen die Aussagen des Finanzchefs Bert Groenewegen und erklärt, dass man „den langfristig eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen nach bestem Wissen und Gewissen“ nachkommen wolle.
Erstes Betriebsjahr der S 3 durch Abellio in Hattingen unter keinem guten Stern
Das erste Betriebsjahr der S 3 unter Federführung der Abellio Rail NRW GmbH steht unter keinem guten Stern. Gleich nach der Übernahme mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 hat das Unternehmen die Fahrten für zweieinhalb Monate an die DB Regio weitervergeben, weil es nicht genügend Zugführer hatte. Die Bahn hat indes aufgrund von eigenen Engpässen zu Beginn des Jahres Fahrten nach Hattingen zum Teil schon in Bochum-Dahlhausen beendet.
Die Veränderungen auf der S-Bahn-Linie 3
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat den Betrieb der S-Bahn-Linie 3 zwischen Hattingen und Oberhausen im Herbst 2016 an die Abellio Rail NRW vergeben. Drei Jahre lang stand somit der Übernahmetermin fest – und trotzdem gab es gleich zu Beginn Personalprobleme.
Unabhängig von der Übernahme durch Abellio wurde mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2019 auch der Fahrtakt zwischen Hattingen und Oberhausen von 20 auf 30 Minuten umgestellt. Seitdem fahren unter der Woche also nur noch zwei statt zuvor drei Züge in der Stunde am Bahnhof Hattingen Mitte los. Bei dieser Planung gab es keine Widersprüche von der Kreispolitik.
Seit dem 1. März ist Abellio selbst in der Verantwortung – jedoch fehlte weiterhin Personal. Deshalb wurde zeitweise das Eisenbahnunternehmen TRI Train Rental dazugenommen, von einem Tag auf den anderen fuhren Eisenbahnen aus den 1970er-Jahren in Hattingen.
Bei den neuen Abellio-Bahnen der Firma Stadler werden Rollstuhlfahrer vor eine 20-Zentimeter-Hürde gestellt – denn der Hattinger Bahnsteig ist 96 Zentimeter hoch, der Einstieg liegt aber bei 76 Zentimetern. Rampen sind erforderlich. Abellio-Sprecherin Julia Limia y Campos erklärte hierzu beim Besuch der WAZ-Redaktion, dass die Anschaffung dieser Züge bei Vertragsabschluss vorgeschrieben wurde und dass die Bahn (DB) für die Anpassung der Bahnsteige zuständig sei.
Abmahnung durch den Verkehrsverbund Rhein-Ruhr für Abellio im Mai
Mitte Mai platzte dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) der Kragen. Abellio wurde abgemahnt und aufgefordert, „schnellstmöglich alle Maßnahmen zu ergreifen, um die verkehrsvertraglichen Leistungen jederzeit in ausreichendem Maß erfüllen zu können“. Das Schienen-Unternehmen reagierte mit Verständnis auf die Abmahnung: „Für diese Schlechtleistung können wir uns nur entschuldigen.“
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Jetzt stellt der niederländische Mutterkonzern die Zukunft der rund 50 Abellio-Linien in Deutschland in Frage – bei einer halben Milliarde Euro Umsatz habe man zuletzt mehr als 30 Millionen Euro Verlust geschrieben. „Wenn wir keine Lösung finden, müssen wir dies vorzeitig beenden. Unsere Auftraggeber verstehen, dass wir nicht zwölf Jahre lang Verluste hinnehmen wollen, das ist kein tragfähiges Modell“, so Bert Groenwegen, Finanzvorstand der Niederländischen Staatsbahnen (NS), in der niederländischen Zeitung „NRC Handelsblad“.
Julia Limia y Campos erklärt nun für die Abellio Rail NRW: „Zur Lösung der strukturellen Probleme im deutschen Markt befindet sich Abellio in intensiven Gesprächen mit den einzelnen Aufgabenträgern.“
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