Hattingen. Joshua Caputo verbringt einige Monate in Kanada. Eigentlich wollte er die Reise durch Jobs finanzieren. Dann kam das Coronavirus. Aber er bleibt.

Statt um 6 Uhr, klingelt Joshuas Wecker jetzt um 10. Seit Corona ist auch lange Zeit fürs Frühstück. „Und danach geht’s dann zurück ins Bett oder zum Netflix gucken“, sagt der 22-Jährige. Er erlebt die Corona-Zeit in einer kleinen Wohngemeinschaft im kanadischen Ferienort Whistler. Geplant war „Work & Travel“ (Arbeiten und Reisen). Dann kam das Virus.

Job im Restaurant und Hotel weg

Eigentlich standen Arbeiten und Skifahren für die nächsten Wochen auf dem Plan. „Das hat bei mir nur zwei Wochen gehalten, dann ging es von 100 auf 0“, erzählt er. Der Job ist weg, der Berg geschlossen. Joshua hat vor der Krise in einem Restaurant gejobbt und in einem Hotel im Service gearbeitet. Jetzt haben nur noch Supermärkte auf. „Da gibt es ja auch nur begrenzt Jobs.“

Mit seinen Mitbewohnern erkundet Joshua Kanada auf Wanderschaften. Nicht alle Routen sind aber geöffnet.
Mit seinen Mitbewohnern erkundet Joshua Kanada auf Wanderschaften. Nicht alle Routen sind aber geöffnet. © Caputo

Joshua hat gerade seinen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften an der Uni in Dortmund gemacht und will sich vor dem Master noch eine Auszeit gönnen. Mitte Februar fliegt er nach Vancouver, von dort aus geht es nach Whistler.

Teures Leben im Touristenort

„Ich hab immerhin sechs Stunden Skifahren geschafft“, erzählt er. Damit hat er sogar noch Glück gehabt, findet der 22-Jährige. Andere hatten nur 45 Minuten auf dem Berg bevor alles geschlossen wurde. Jetzt hofft er, dass die Hotels wenigstens zur Sommersaison wieder aufmachen und er in ein bis zwei Monaten wieder eine Arbeitsstelle hat.

Besonders in dem Touristenort ist das System „Work & Travel“ ohne Job schwierig: Essen und Trinken sind sehr teuer. „Ich glaube, es gibt nicht viele andere Städte in Kanada, die teurer als Whistler sind.“ Die kanadische Regierung stellt den Reisenden unter bestimmten Bedingungen Hilfsgelder zur Verfügung. Joshua will sich jetzt informieren, ob er dafür in Frage kommt.

Hass-Mails von der Vermieterin

„Die unsichere Situation ist schon belastend“, sagt der 22-Jährige. Nach Hause fahren will er aber nicht. „In Europa ist es auch nicht besser“, sagt er. Auch seine Eltern in Sprockhövel sehen das so. Immerhin gibt es seit der Corona-Krise kein Problem mehr, eine Unterkunft zu finden. Normalerweise ist Whistler nämlich komplett überfüllt und die Suche ist gar nicht so einfach. „Wenn das nicht geklappt hätte, wäre ich wahrscheinlich wieder nach Hause geflogen.“

Vor allem ist Joshua froh, aus seiner vorherigen Unterkunft raus zu sein. „Die Vermieterin ist völlig paranoid geworden wegen des Coronavirus“, erzählt er. „Sie meinte, wir würden durch unsere Anwesenheit ihr Leben riskieren und dafür würden wir in den Knast kommen. Einmal hatten wir sogar die Polizei da“, erinnert sich der 22-Jährige. Er bekomme immer noch Hass-Mails von der ehemaligen Vermieterin.

Schnee und Spiele

Jetzt wohnt Joshua zusammen mit drei anderen Reisenden in einer Wohnung. „Hier lässt es sich erst einmal aushalten.“ Zusammen spielen sie Karten, schauen Filme oder spielen an der Playstation. Das Thema Corona vermeidet die WG. „Es bringt ja nichts, sich jeden Tag den Kopf darüber zu zerbrechen.“

Joshua genießt die Natur und den Winter in Kanada. Allerdings würde er gern mehr vom Land sehen und hofft, bald wieder reisen zu können.
Joshua genießt die Natur und den Winter in Kanada. Allerdings würde er gern mehr vom Land sehen und hofft, bald wieder reisen zu können. © Caputo

Ein Gutes hat die Krise aber: „Wir haben jetzt so viel Zeit, dass wir unsere Spanischkenntnisse aufwerten können“, erzählt Joshua lachend. Ab und zu geht die Gruppe auch wandern – die Strecken, die noch geöffnet sind. „Die Natur um Whistler ist echt mega“, schwärmt der 22-Jährige. Außerdem bekommt er so einen „vernünftigen Winter“, Schnee gibt es genug.

Vorsicht vor den Bären

Auch die Tierwelt in Kanada findet er ziemlich cool. Joshuas neuer Vermieter hat die WG vorgewarnt, keinen Müll auf der Veranda liegen zu lassen – sonst bekommen sie ungewollten Besuch. Die Bären wachen gerade auf. „Ich glaube, in dem Moment wäre das witzig und ein Highlight, aber ob ich das nachher immer noch lustig finden würde, glaube ich nicht“, sagt er lachend.

Die Einschränkungen durch das Virus haben Joshuas Reise sehr verändert. „Ich könnte mir in Kanada normalerweise so viel angucken“, sagt er. Ein paar Sachen will er auf jeden Fall noch sehen, bevor es nach Plan Ende September zurück gehen soll. „Ich möchte unbedingt nach Vancouver Island, da soll es einen guten Platz zum Whale Watching geben.“ Auch Montreal würde ihn interessieren. „Es wäre schade, wenn das nicht klappen würde. Dann wäre ich fast umsonst hier.“

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