Hattingen. Linda Ohliger aus Hattingen verbringt ein Auslandssemester in Wien. Statt Kultur erlebt sie in Österreich bisher nur die Corona-Quarantäne.

Einen großen Teil ihres Auslandssemesters hat Linda Ohliger bis jetzt in Quarantäne verbracht. „Das hab ich mir anders vorgestellt“, sagt die Hattingerin. An der Ruhr-Universität in Bochum studiert Linda Sozial- und Theaterwissenschaften. Ihr sechstes Semester will sie in Wien verbringen. Doch einen Tag nach dem Start ihrer Kurse schließt Österreich wegen Corona die Universitäten.

Kaum E-Learning an der Universität

Linda macht ein Erasmus-Auslandssemester in Wien. Eineinhalb Wochen ist noch alles gut, genauso wie sich die 20-Jährige das vorgestellt hat. Dann starten die Kurse an der Uni – einen Tag später werden die Universitäten geschlossen. E-Learning mit Onlinekursen und Videochat gibt es kaum, erzählt Linda am Telefon. Für sie heißt online lernen meist Text lesen und verstehen. „Im Idealfall gibt es auch eine Aufgabe dazu.“

Bis Juli dauert ihr Auslandssemester noch. In Wien bleiben oder nach Hause fahren: Da ist sich die Studentin nicht ganz sicher. „Ich will aber auch nichts überstürzen.“ Jetzt will sie weitersehen, wie sich die Situation entwickelt. Denn eigentlich will sie lieber bleiben. „Bis jetzt fühle ich mich noch gut und ich hoffe einfach, dass wir nicht bis Juli komplett in Quarantäne bleiben.“

Freunde im Wohnheim

Linda wohnt in Wien im Wohnheim und ist durch die Corona-Maßnahmen ziemlich isoliert. „Am Anfang hatte ich Angst alleine zu sein, weil ich eben nicht in einer WG wohne“, sagt sie. Die tägliche Struktur wäre normalerweise die Uni, dort hätte sie auch Leute kennengelernt. „Gott sei Dank“ gibt es Enrico (24) und Hélene (28). Sie wohnen mit Linda im Wohnheim. „Wir sehen uns fast jeden Tag und es fühlt sich schon nach Freundschaft an, auch wenn wir uns erst seit ein paar Wochen kennen“, erzählt die Studentin.

Enrico kommt ursprünglich aus Italien, Hélene aus Frankreich. Beide arbeiten aber in Wien. Mittags essen sie oft zusammen. Seit der Quarantäne kocht Linda generell viel mehr. Deswegen geht sie auch öfter einkaufen. Bevor sie in den Supermarkt darf, muss sie allerdings einen Mundschutz aufsetzen. „Ich finde es gut, weil ich andere dadurch schützen kann.“ Trotzdem fühle sich das ziemlich komisch an. „Danach weiß man normales Atmen auf jeden Fall wieder wertzuschätzen“, erzählt sie lachend.

Kontakt nach Hause

Enrico wollte über Ostern zu seiner Familie fahren. Hélene hat versucht nach Frankreich zu kommen, durfte aber nicht, sagt Linda. „Ich finde es echt krass, dass die ihre Familien nicht sehen können. Besonders, weil ich weiß, dass ich im Notfall immer nach Hause kann.“

Mit ihrer Familie telefoniert sie oft. „Sie wissen, dass es mir gut geht und dass ich nicht im Risikogebiet bin“, sagt die 20-Jährige. Österreich treffe gute Maßnahmen, meist schneller als Deutschland – das beruhige zusätzlich.

Enrico versucht, Linda ein bisschen Italienisch beizubringen. Es sei gut, mit der Zeit Sinnvolles anzufangen. Auch ihre Hattinger Schulfreunde sorgen für ein bisschen Ablenkung und organisieren einen Online-Brettspieleabend. „Das ist richtig witzig und wir wollen das jetzt ein bis zweimal pro Woche machen.“

Pläne liegen auf Eis

Trotzdem ersetzt das nicht die Kultur, die Wien normalerweise zu bieten hat. Auf die hat sich Linda eigentlich am meisten gefreut. „Ich wollte unbedingt in Wien ins Theater gehen und habe das in der ersten Woche nicht gemacht, weil ich dachte, ich hab noch so viel Zeit.“

Mit einer Freundin hatte sie noch einen Walzer-Crashkurs gemacht. Das habe so viel Spaß gemacht, dass sie sich gleich für einen Tanzkurs an der Uni angemeldet haben – auch daraus wird jetzt nichts mehr. „Immerhin habe ich den Wiener Eistraum, also die Schlittschuhbahn am Rathaus, mitgekriegt“, sagt sie. Mit Enrico und Hélene hat sie eine Liste gemacht, was sie nach der Quarantäne alles machen wollen. „Wir bleiben nämlich optimistisch.“

Erste Lockerungen der Beschränkungen

Nach Ostern hat Österreich langsam die Beschränkungen gelockert. Kleinere Geschäfte und Bau- und Gartenmärkte dürfen wieder öffnen, die Wiener dürfen wieder in Parks. „Dann kann ich wieder ein bisschen was machen“, sagt Linda.

Mitte Mai könnten unter bestimmten Auflagen auch Restaurants wieder öffnen, hofft Linda. Das werde sicher immer noch etwas merkwürdig sein, glaubt die 20-Jährige. Aber: „Das macht auf jeden Fall Hoffnung.“

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