Hattingen/ Canberra. Jenny Wienands aus Hattingen ist als Au-Pair in Canberra in Australien. In Down Under erlebt sie die Corona-Krise. An Rückflug denkt sie nicht.
„Mal ganz weit weg“, will Jenny Wienands nach ihrem Abitur im vergangenen Jahr. Anfang Januar sitzt die Hattingerin dann im Flieger nach Australien. Als Au-Pair erlebt die 19-Jährige die Corona-Krise nun auf der anderen Seite der Erde.
Selbstständiger will Jenny werden, ihr Englisch verbessern und das Land sehen. Als Au-Pair passt Jenny auf die beiden Kinder ihrer Gastfamilie in der australischen Hauptstadt Canberra auf. Paige ist drei, ihr großer Bruder Connor acht Jahre alt. Er ist in der dritten Klasse. Ab Ende März sollte Paige alleine in einen Kindergarten gehen, Jenny hätte dann tagsüber Freizeit. Doch es kommt anders.
Umgang mit dem Virus in Australien
Das Coronavirus erreicht Australien und die Regierung schließt Ende März die Schulen. Statt Freizeit betreut Jenny jetzt beide Kinder. „Das ist nicht ganz so einfach, weil ja auch die Spielplätze geschlossen haben.“ Also bemalt sie mit den beiden Ostereier, puzzelt oder macht Yoga.
Connors Lehrerin lädt jeden Tag ein Video hoch, in dem sie die Aufgabe erklärt, die der Achtjährige machen soll. Das klappe im Moment aber eher so „semi-gut“, sagt Jenny. „Er versteht nicht, dass er die Aufgaben trotzdem machen muss, obwohl er nicht in der Schule ist." Das macht es auch für die Hattingerin stressiger. Ihre Gastfamilie kommt ihr aber so gut es geht entgegen – Jenny fängt jetzt später mit der Betreuung an.
Kinder verstehen Corona noch nicht
Connor und Paige verstehen noch nicht, was gerade passiert. „Ich will Coronavirus haben“, hat die dreijährige Paige kürzlich gerufen, erzählt Jenny. „Sie will im Moment halt immer das haben, was andere Leute haben“, sagt sie lachend.
Die 19-Jährige ist froh, als Au-Pair in Australien zu sein und nicht nur durchs Land zu reisen. So hat sie ein Zuhause und einen Job. „Das macht es für mich einfacher, weil ich eben nicht gucken muss wo ich heute schlafen oder was ich essen kann.“
Von Treffen abgeraten
Corona ist ein großes Thema in Australien. Ihre Gastfamilie geht aber immer noch entspannt damit um. „Nutze die Zeit richtig aus und mach so viel es geht, solange es noch möglich ist“, sagen Jennys Gasteltern. Das sei nicht in allen Familien so. Ein Freund habe sich auf Wunsch seiner Gastfamilie sogar testen lassen müssen und eine generelle Ausgangssperre von seiner Gastfamilie verpasst bekommen.
Inzwischen geht aber auch Jenny nicht mehr raus. Seit dem 30. März rät die Regierung, sich nicht mehr mit anderen Menschen zu treffen. Besonders abends ist der Hattingerin jetzt langweilig. „Manchmal muss man einfach raus, wenn man den ganzen Tag mit den Kindern beschäftigt war.“ Immerhin spare sie jetzt Geld, wenn sie nicht mehr so viel unternehme.
Erlebnisse vor Corona
Aber vor Corona habe es schon einige gute Tage gegeben - wie den Ausflug nach Sydney, den Fünf-Kilometer-Lauf durch Schaum oder ein kostenloses Farbfestival in Canberra. „Auf der anderen Seite ist mir auch schon ein Känguru vors Auto gehüpft“, sagt sie. „Das werde ich auch nie wieder vergessen.“
Ihr Freund will Jenny im Juni besuchen kommen. Ob das aber klappt, steht noch nicht fest. Falls nicht, würden sie sich ein ganzes Jahr lang nicht sehen. Auch der Urlaub mit ihrer Gastfamilie in Tasmanien steht auf der Kippe. Eigentlich wären sie im Juli gefahren, also im australischen Winter. „Die Chancen stehen gut, dass man die Polarlichter des Südens sieht. Das wäre ein absoluter Traum, wenn das doch klappen würde“, erzählt die 19-Jährige hoffnungsvoll.
Heimreise ist keine Option
Die Hattingerin hat gar nicht erst überlegt, wegen Corona nach Hause zu fahren. „Ich fühle mich hier sicher“, sagt sie. Außerdem sei es ein zu hohes Risiko, am Flughafen mit Leuten aus unterschiedlichen Ländern zu sitzen. In Australien könne sie ihren Job behalten und will sich die Chance nicht nehmen lassen, nach ihrer Au-Pair-Zeit im September dann doch noch zu reisen. Und: „Ich kann meiner Gastfamilie einen riesigen Gefallen tun, wenn ich hier bleibe und auf die Kinder aufpasse.“
Bundesregierung holte Reisende zurück
Für deutsche Reisende in Australien hat eine Rückholaktion der Bundesregierung bereits stattgefunden. Die konzentrierte sich unter anderem auf Notfälle und Familien mit kleinen Kindern. Weitere Rückholflüge sind im Moment nicht vorgesehen.
Das Land Australien hatte Touristen und arbeitenden Besuchern, die sich für die nächsten sechs Monate nicht finanziell selbst versorgen können, zwischenzeitlich auch empfohlen, das Land zu verlassen.
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