Hattingen. . Es ist ruhig und grün in Niederbonsfeld – ein toller Ort zum Wohnen. Mit der Infrastruktur allerdings geht es mächtig bergab

2473 Einwohner hat Niederbonsfeld. Sie lieben ihren Stadtteil. Und sitzen viel im Auto. Denn Brötchen, Wurst und Milch sind um die Ecke schon längst nicht mehr zu bekommen. Keinen einzigen Laden gibt es heute noch in Niederbonsfeld. Das war mal anders. Sieben, acht Geschäfte sorgten einst für Nahversorgung. Sie alle gaben auf. Jetzt ist Aldi an der Kohlenstraße die nächste Anlaufstelle. Wobei: Laufen wird dorthin kaum einer. Zu weit weg.

Weg ist überhaupt so manches. Die Buslinie 177 zum Beispiel, die die Essener Verkehrs-AG 2010 einstellte. Unter großem Protest natürlich. Aber eben auch, weil die Fahrgastzahlen sanken. So wie die im Bürgerbus. Der hatte beim Start vor zehn Jahren Niederbonsfeld angesteuert. Doch: Einsteigen wollte kaum jemand. Das war’s.

Menschen grüßten sich nicht mehr

„Die Infrastruktur ist ein großes Problem“, sagt Ulrich Born (77). Der Geschäftsführer des Kultur- und Bürgervereins Niederbonsfeld sieht mit Sorge, dass die Schere immer weiter aufgeht. Ruhige Lage, viel Natur – es wohnt sich schön im Stadtteil. Nur die Lebensqualität, damit geht’s steil bergab. Wie mit den Gaststätten, die wichtig sind auch wegen der Veranstaltungsräume. Zehn Lokale seien es einst gewesen, erinnert sich Ulrich Born. Vier sind geblieben. „Gut, dass es noch das Pfarrheim der rührigen Katholischen Kirchengemeinde gibt“, sagt der Winzermarker. „Treffpunkte sind sehr wichtig für Gemeinschaft und Geselligkeit.“

Doch auch da geht der Daumen nach unten. Gab es 1993, im Gründungsjahr des Kultur- und Bürgervereins Niederbonsfeld, noch 18 Vereine, sind es aktuell noch neun. Wobei der SuS mit 630 Mitgliedern die mit Abstand stärkste Kraft ist. Und immer wieder mahnt: Nur wenn endlich junge Familien nach Niederbonsfeld kommen, hat der Stadtteil eine Zukunft.

„Wir haben das ja versucht“, sagt Ulrich Born. Und erinnert an ein dunkles Kapitel der Stadtteilgeschichte. 2008 erreichte eine Fehde ihren Höhepunkt, die Niederbonsfeld fast zerriss. Schmutzige Wäsche wurde gewaschen, Menschen grüßten sich nicht mehr, weil ein Bauprojekt den Stadtteil spaltete. Hier die CDU und der Bürger- und Kulturverein, aus deren Reihen Grundbesitzer stammten, die an der Winzermarkstraße Häuser hochziehen wollten. Dort die Aktionsgemeinschaft Winzermark, die genau das verhindert wollte. Und verhindert hat. Weil der Bereich im Landschaftsschutzgebiet liegt. „Die Sache ist erledigt“, sagt Ulrich Born. Die Wunden sind geleckt. Die Menschen grüßen sich wieder. Heute grasen Ponys auf den Grundstücken. Ein Idyll mit zwei Aussagen. Erstens: Niederbonsfeld – ein schöner Stadtteil mit viel Grün. Zweitens: Hier könnten jetzt auch junge Familien wohnen.