Hattingen. Das Krämersdorf in Hattingen ist ein Platz, für den es im Laufe der Geschichte immer wieder viele Ideen gegeben hat. Wir sagen, welche.
Das Krämersdorf ist eines der ältesten Stadtviertel und sah einst völlig anders aus als heute. Zwischen den beiden Weltkriegen nämlich war der heute freie Platz bebaut.
Doch zu den Anfängen: Wohl im 14. Jahrhundert entstand das Krämersdorf aus einer Ansiedlung von Kaufleuten und Krämern. Daher der Name. Es gab malerisch an engen Gassen und Winkeln gelegene spitzwinklige Fachwerkhäuser.
Das Krämersdorf in Hattingen war einst mit dem Weinhaus ein zentraler Ort – ohne Platz
Mittelpunkt der Ansiedlung: das Weinhaus. Wann das erste erbaut wurde, ist unklar. Das erste jedenfalls wurde Anfang des 15. Jahrhunderts durch einen Brand zerstört. Belegt ist dann auch wieder ein Bau für 1474. Verträge wurden damals erst rechtskräftig, wenn die Vertragspartner den Akt mit einem Viertel Wein besiegelten. Einen Saal erhielt das Weinhaus nach 1500. Gegen Ende des 16. Jahrhundert diente das Weinhaus bei Reformationsstreitigkeiten als Hilfskirche. die reformierte Gemeinde baute es 1711 bis 1737 zur St. Johannis-Kirche um.
Laut dem Bericht des Zeitzeugen Friedrich Ohm gibt es die enge Bebauung in den 1930er Jahren, darin ein Lebensmittelhändler „Ellbrichmann“, ein Sattler, ein Metzger und eine Stromsäule.
Im Zweiten Weltkrieg wird das Krämersdorf fast völlig zerstört
Im Zweiten Weltkrieg wird das Krämersdorf bei einem Luftangriff im März 1945 fast völlig zerstört. Von der Kirche bleibt nur der Kirchturm stehen. Nach dem Krieg legt der damalige Stadtbaurat schon 1946, so ist es in der Broschüre „Hattingen historisch“ zu lesen, Entwürfe für den Platz mit Ladenlokalen und Arkadengängen vor. Einen Marktplatzcharakter und Platz für parkende Autos soll er haben und dem Platzmangel auf dem Untermarkt begegnen.
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Die Gesamtplanung unterliegt damals der Genehmigung des Verbandspräsidenten in Essen. Der beurteilt 1947 das Vorhaben so: „Die Ausführung des Projekts wird zu einer wesentlichen Bereicherung des Stadtbildes beitragen, da die Anordnung und Erhaltung der Baumasse dem Ortsbild entspricht. Der Entwurf passt sich auch dem Charakter jenes Städtebildes, wie er im Bereich der alten Stadtkirche zum Ausdruck kommt, einwandfrei an.“
Für den Neuordnungsplan Krämersdorf müssen Grundstücke gekauft werden
Für den Neuordnungsplan müssen Grundstücke gekauft werden: Die erforderlichen 20.000 Deutsche Mark stehen aus Landesmitteln zur Verfügung. 1951 beginnen die Arbeiten im Krämersdorf. Im September 1953 dann eröffnet das Textilhaus Kipper, im Mai 1955 das Lebensmittelgeschäft von Elfriede Elbrigmann.
Anfang der 1970er Jahre entbrennt wieder eine Diskussion ums Krämersdorf. Denn der damalige Stadtdirektor will hier eine „Zone der Ruhe“. Händler kritisieren das, befürchten ein Abschneiden des Platzes vom Publikumsverkehr. Der Vorsitzender des Hattinger Schachvereins Robert Porbeck schlägt den Einbau einer Bodenschachanlage vor.
Die Idee einer Markthalle Krämersdorf scheitert
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Im Jahr 2008 prescht Architekt Josef Hermanns mit einer Idee vor: eine Markthalle Krämersdorf. Auf dem 900 Quadratmeter großen Platz sah er bis zu 20 fest eingebaute Marktstände – überdacht. Doch weder dieser Vorschlag noch dessen abgespeckte Variante wird realisiert. Sie scheitern an: Eigentümerzustimmung, Brandschutz – und Investor. 2009 meldet die WAZ, dass das Krämersdorf wieder auflebe. Martin Grewer, All-Inn, Kaffeeröster und -betreiber Olaf Scherff (Mayola) und Andrea Durante (Altstadttreppchen) geben sich zuversichtlich. Auch das Hotel Garni ist noch da. Bis auf die Hardrock-Kneipe All-Inn sind sie heute nicht mehr am Platz zu finden.
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2019 will Heinz Hasenkamp, Geschäftsführer der Bad-Oase, den Platz beleben – mit auch einem überdachten Bereich in der Mitte und Marktleben.
Heute ist der Platz nur bei großen Stadtfesten richtig belebt
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Auch diese Initiative fürs Krämersdorf, dem Wirtschaftsförderer Martin Serres damals bescheinigt, dass es eine 1b-Lage bleiben werde, scheitert. Und so ist das Krämersdorf immer noch ungewollte eine Oase der Ruhe mit Wettbüro, aber auch einem Antik-Spielzeug-Laden und Traditions-Friseur. Belebt ist es bei großen Stadtfesten mit dem Franzosen-Markt.