Gladbeck / Recklinghausen. Wer Bilder von mutmaßlichen Straftätern ins Netz stellt, macht sich selber strafbar. Die Angelegenheit kann schnell außer Kontrolle geraten.

Zwischen einer Straftat und einer Öffentlichkeitsfahndung der Polizei vergehen häufig Monate. Denn an eine Bildfahndung werden hohe rechtliche Ansprüche gestellt; zum Beispiel, dass zunächst alle weiteren Ermittlungsansätze ausgeschöpft sein müssen. Manchem Bürger geht das nicht schnell genug.

Bei privaten Fahndungsaufrufen, z.B. auf Facebook, kann der Schuss böse nach hinten losgehen

Manchmal werden dann private Fahndungsaufrufe gestartet, zum Beispiel bei Facebook oder in WhatsApp-Gruppen. Damit verlässt man allerdings den Boden der Legalität. „Der Schuss kann böse nach hinten losgehen“, sagt Ramona Hörst, Sprecherin der Polizei Recklinghausen. Denn mit einer solchen Aktion würden Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzt, insbesondere das Recht am eigenen Bild. Auch Verstöße gegen weitere Strafgesetze stünden zur Debatte.

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Ein reales Beispiel: Im Umfeld von Schulen, Kitas oder Kinderspielplätzen verbreitet sich das Gerücht, dass ein Mann Kinder anspricht. Die Eltern sind in Aufruhr. Irgendjemand macht ein Foto vom vermeintlich Verdächtigen und veröffentlicht das Bild in den sozialen Netzwerken, damit das „Schwein“ gefasst wird.

Im Netz tauchen Bilder von vermeintlichen Tierquälern, Pädophilen und Schlägern auf

Vielleicht, so Ramona Hörst, handelt es sich bei der Person aber auch um einen völlig Unbeteiligten. In Zeiten von Handys und Überwachsungskameras sind Fotos schnell bei der Hand. Auf diese Weise will zum Beispiel ein Gastwirt einen Zechpreller überführen oder ein Hausbesitzer einen Einbrecher. Bilder von mutmaßlichen Tierquälern, Pädophilen und Schlägern tauchen im Netz auf, verbunden mit dem Aufruf, diese Posts zu teilen.

Dem hält das Polizeipräsidium Recklinghausen den dringenden Rat entgegen, Straftaten ausschließlich bei der Polizei anzuzeigen und mögliche Beweismittel wie Bilder den Ermittlern zur Verfügung zu stellen, statt sie in sozialen Netzwerken zu veröffentlichen. Zivilklage und Strafanzeige können die Folge sein. Denn wer diesen Weg wählt, verhält sich illegal. Selbst wenn es sich herausstellen sollte, dass es sich bei dem Abgebildeten tatsächlich um einen Straftäter handelt. Denn auch dieser hat das Recht am eigenen Bild.

Wen man plötzlich als Unschuldiger einer Online-Hetzjagd ausgesetzt wird

Besonders übel kann es für Menschen werden, die unschuldig an den Pranger gestellt werden. Sie sehen sich womöglich einer (Online-)Hetzjagd ausgesetzt. „Die Situation kann schnell kippen“, erläutert Ramona Hörst. Das könne soweit gehen, dass der vermeintlich Tatverdächtige schon Schläge einstecken müsse, bevor die Polizei eingreifen könne.

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Der Urheber eines solchen privaten Fahndungsaufrufs muss wegen des Verstoßes gegen Persönlichkeitsrechte mit einer Zivilklage und einer Strafanzeige rechnen. Weitere Straftatbestände wie Verleumdung, Üble Nachrede und Beleidigung können noch hinzukommen.

Auch das Teilen eines solchen Posts kann rechtliche Konsequenzen haben

Auch das Teilen eines solchen Posts über soziale Medien kann unter Umständen zu rechtlichen Konsequenzen führen. Fahndungsaufrufe dürfen grundsätzlich nur von Ermittlungsbehörden gestartet werden. Private Initiativen dieser Art könnten die Ermittlungen der Polizei sogar gefährden. „Es könnte sein, dass im Hintergrund bereits verdeckte Ermittler am Werk sind“, sagt die Sprecherin des Polizeipräsidiums. Oder dass Tatverdächtige bereits observiert würden. Eine Internet-Veröffentlichung könne die Täter warnen und untertauchen lassen, gibt Ramona Hörst zu bedenken.