Gladbeck. Gedenkfeier am Volkstrauertag in Gladbeck: Vereine, Schützen und Stadtspitze nahmen teil, die Polizeipräsidentin sprach. Das sagen Jugendliche.

Unter all den älteren Herrschaften, unter den in Uniform gewandeten Abordnungen der Schützenvereine, der Feuerwehr und Soldatenverbände fielen die drei Jugendlichen schon auf. Lia-Marie Matthes, Anil Enes Yildirim und Junes Atris hatten sich am Sonntag auch auf den Weg in den Wittringer Wald gemacht, um am Ehrenmal an der Gedenkfeier zum Volkstrauertag teilzunehmen. Sie gehören dem Jugendrat an und waren einer Einladung der Stadt Gladbeck gefolgt. Und wie fanden sie es? „Wir nehmen viel mit von hier“, antwortet Lia-Marie Matthes. Eigentlich, sagt Anil Enes Yildirim, sei das ja eine Veranstaltung für Jugendliche, weil vor den Folgen von Krieg, Gewalt und Terror gewarnt werde.

Im Krieg sterben nicht nur Soldatinnen und Soldaten

Dass im Krieg nicht nur Soldatinnen und Soldaten sterben, sondern dass Zivilisten getötet und Familien ins Unglück gestürzt werden, das machte Friederike Zurhausen, Präsidentin der Kreispolizeibehörde Recklinghausen, in ihrer Ansprache zum Volkstrauertag in Gladbeck deutlich – auch anhand ihrer eigenen Familiengeschichte. Ein Großvater verlor im Krieg ein Bein, Haus und Hotel der Großeltern brannten im Zweiten Weltkrieg nieder, ihr Vater diente im Krieg als 17-Jähriger in der Marine und habe Dinge erleben müssen, „die kein 17-Jähriger erleben sollte“. Die Polizeipräsidentin: „Der Krieg hat meine Familie geprägt.“

Der Erste Beigeordnete Rainer Weichelt, Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen (vorn v.l.) sowie der stellvertretende Bürgermeister Norbert Dyhringer und Bürgermeisterin Bettina Weist (hinten v.l.) legten am Sonntag beim Volkstrauertag am Ehrenmal in Wittringen Kränze nieder.
Der Erste Beigeordnete Rainer Weichelt, Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen (vorn v.l.) sowie der stellvertretende Bürgermeister Norbert Dyhringer und Bürgermeisterin Bettina Weist (hinten v.l.) legten am Sonntag beim Volkstrauertag am Ehrenmal in Wittringen Kränze nieder. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Nur wenige Privatpersonen hatten sich auf den Weg zum Gedenk-Ensemble im Wittringer Wald gemacht. Dafür waren die Vereine und Verbände bei der vom Volksbund deutsche Kriegsgräberfürsorge und der Stadt Gladbeck ausgerichteten Gedenkstunde stark vertreten. „Ist öffentliches Gedenken noch ein Thema? Nehmen die Menschen in der Region das noch wahr?“ Diese Fragen formulierte auch Friederike Zurhausen. Vor dem Krieg in der Ukraine und den Angriffen der Hamas, so mutmaßte die Polizeipräsidentin, wäre die Antwort wohl eine andere gewesen. Aber es sei wichtig, der Opfer von Krieg und Terror zu gedenken und sich der Vergangenheit zu stellen.

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Und nicht nur der. „Die Schäden und Folgen unserer Kriege müssen ungeschützt gezeigt werden“, forderte die Rednerin auf. Nachrichten zu schauen, Zeitungen zu lesen, hinzusehen und sich zu informieren, das sei unerlässlich, „auch wenn es anstrengend und belastend ist“. Gleichgültigkeit und Desinteresse würden dazu führen, dass Kriegstreiber und Aggressoren leichtes Spiel hätten. Veranstaltungen wie am Volkstrauertag seien dazu da, zum Nachdenken anzuregen, nicht aber die Menschen vor Verzweiflung erstarren zu lassen.

Der Erste Beigeordnete ging in seiner Rede auf die weltpolitische Lage ein

Rainer Weichelt, Erster Beigeordneter der Stadt Gladbeck und Geschäftsführer des hiesigen Volksbund-Ortsverbandes, ging in seinem Grußwort auf die weltpolitische Lage ein. Viele zwischenstaatliche Verhältnisse seien derzeit von Aggressivität und Gewalt geprägt. Das Existenzrecht Israels, so sagte er zum Konflikt im Nahen Osten, sei aber ebenso unbestritten wie das Recht des Landes auf Selbstverteidigung. Ziel des Krieges im Gaza-Streifen sei es, die Mörder der Hamas auszuschalten, nicht die Palästinenser anzugreifen.

Für die musikalische Umrahmung der Gedenkfeier am Ehrenmal sorgte ein Bläserensemble der Städtischen Musikschule, die Gedenkworte sprach Bürgermeisterin Bettina Weist. Rainer Weichelt verabschiedete die Besucherinnen und Besucher mit den Worten: „Wir sehen uns im nächsten Jahr wieder.“ Vielleicht sind dann ja erneut Jugendliche in den Reihen zu sehen