Gladbeck. Seit dem Sommer gibt es auf dem Hauptfriedhof die Trauerbank des Hospizvereins. Ehrenamtliche sind für Gespräche da und erfahren viel Vertrauen.
Sie stehen sich gegenüber, die grauen Metallbänke an der Wegkreuzung auf dem Hauptfriedhof. „Komm, setz dich zu mir“ – so die Aufforderung auf einer Tafel an dieser Stelle. Ganz klar: Menschen können sich hier gegenüber sitzen, miteinander ins Gespräch kommen. Und genau darum geht es hier an der Trauerbank. Einmal in der Woche warten hier Gesprächspartner auf Trauernde. Der Hospizverein Gladbeck – genauer gesagt ehrenamtliche Helfer aus dem Verein – sind dann vor Ort, bieten sich an als Gesprächspartner, häufiger noch als Zuhörer. Schließlich gehört nicht nur das Begleiten Todkranker zu den Aufgaben des Hospizvereins, sondern eben auch die Trauerbegleitung.
Seit Juni stehen die beiden Bänke dort und das Angebot werde gut angenommen, sagt Beate Letzel, Koordinatorin des Hospizvereins. „Man sitzt hier eigentlich nie alleine, manchmal werden wir hier sogar schon erwartet.“ Die Menschen, die hierherkommen haben eines gemeinsam – sie wollen reden. „Für uns ist die Bank ein niederschwelliges Angebot, hier ist eine erste Kontaktaufnahme möglich“, erläuterte Beate Letzel.
Manchmal reicht ein erstes Gespräch auf der Gladbecker Trauerbank
Und manchmal reicht diese erste Kontaktaufnahme auch schon völlig aus, um sich den Kummer einmal von der Seele zu reden. Oder man kommt noch ein zweites Mal wieder. Inge Kretauer erinnert sich an so einen Fall, ein Mann sei an die Bank gekommen, habe Platz genommen und dann festgestellt, dass er in der vorigen Woche einer anderen Helferin seine Geschichte erzählt habe. „Das hat ihm aber auch nichts ausgemacht, er war froh, sie jemand anderem noch einmal erzählen zu können.“
Es sind Erfahrungen wie diese, die die zwölf bis 13 Ehrenamtlichen, die sich die Stunden auf der Bank aufteilen, immer wieder machen. Es gehe einfach darum, Empathie zu zeigen, offen zu sein und vor allem eben zuzuhören, das seien die wichtigsten Fähigkeiten, die man mitbringen müsse für dieses nicht immer einfacher Ehrenamt, sagt Inge Kretauer. Gleichzeitig dürfe man seine Gesprächspartner aber nicht bedrängen.
Gladbecker Helfer werden auch mit harten Schicksalen konfrontiert
Diese Erfahrung hat auch Gerde Oles schon gemacht. „Oft reicht es, einfach dazusitzen und zuzuhören. die Menschen wollen ihre Geschichte erzählen, das ist ihnen wichtig und dafür haben wir ein offenes Ohr.“ Dabei könne man ein Gespräch manchmal auch ein wenig lenken, kann versuchen, bei den Trauernden schöne Erlebnisse und Erinnerungen wachzurufen, ergänzte Beate Siemsen.
Doch nicht immer ist das die richtige Lösung und nicht immer ist es mit einem Gespräch auf der Trauerbank getan. Beate Letzel erzählt von einer Frau, die ihren Partner verloren hat, er hat Selbstmord begangen. In so einem Fall dient die Trauerbank dann tatsächlich nur einer ersten Kontaktaufnahme, von dort aus kann die Hospizgruppe weitere Hilfen anbieten – etwa in ihren Trauergruppen.
Warum besuchen Menschen die Trauerbank und wollen reden?
Doch was bewegt die Menschen, sich einfach auf eine der Bänke zu setzen und sich wildfremden Menschen zu öffnen? Die Motive seien da ganz unterschiedlich, sagen die Helferinnen. Manch einer, der sich dort niederlasse, habe schlicht niemanden, mit dem er reden könne. Andere wiederum haben niemanden, der ihnen noch zuhören möchte.
Einfaches Beispiel: Der Witwer oder oder Witwe, die um den Partner trauert. Mit den Kindern können sie darüber vielleicht nicht mehr sprechen, weil die ihre Trauer womöglich bewältigt haben, nicht verstehen können, dass man sein Leben nicht weiter lebt. Außerdem gebe es auch Menschen, die glauben, sie könnten mit niemandem reden. Um beim Beispiel zu bleiben: Sie möchten vielleicht ihre Kinder nicht mit ihrer Trauer belasten oder glauben, denen wären solche Gespräche lästig. Solche Fälle begegnen den ehrenamtlichen Kräften des Hospizvereins immer wieder.
Auch andere Gladbecker Stadtteile wünschen sich Trauerbänke
Gleichzeitig freuen sie sich, dass das Angebot so gut angenommen wird. Die Idee einer solchen niederschwelligen Begegnungsstätte haben Inge Kretauer und eine Vorstandskollegin von einer Tagung mitgebracht. Dort sei ihnen die Idee begegnet und habe sie nicht mehr losgelassen. In Gladbeck habe der Verein seitens der Stadt großes Entgegenkommen erfahren, berichtet Beate Letzel. Und so ist es gelungen, die Trauerbank auf dem Hauptfriedhof aufzubauen.
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Inzwischen hat das Projekt auch Begehrlichkeiten in anderen Stadtteilen geweckt. Es gebe immer wieder Nachfragen, ob man nicht auch auf den Friedhöfen in Brauck und Rentfort solche Bänke aufstellen könnte, berichten die Mitglieder des Hopsizvereins. Abgeneigt seien sie nicht, doch ganz so einfach sei es eben auch nicht. Den Treffpunkt auf dem Hauptfriedhof habe man im Jubiläumsjahr des Vereins nur realisieren können, weil der Gladbecker Lions Club eine der Bänke gestiftet hat, die Kosten für die andere hat die Stadt übernommen. Plaketten an den Bänken weisen darauf hin. Soll das Projekt ausgeweitet werden, muss also zunächst überlegt werden, wie so etwas finanziert werden könnte.
Die Trauerbank auf dem Hauptfriedhof steht unweit der Trauerhalle. Jeden Mittwoch in der Zeit von 15 bis 16 Uhr ist mindestens ein Mitglied des Hospizvereins als Ansprechpartner da. Entsprechende Infos und eine Rufnummer findet man auch auf einer Tafel neben der Bank.