Recklinghausen/Gladbeck. Beim Streit mit der Partnerin zuschlagen? Einige Männer finden das akzeptabel. Ein Sozialarbeiter arbeitet mit gewalttätigen Männern im Kreis.

Mit Schrecken wurde zuletzt das Ergebnis einer Studie aufgenommen, nach der es 33 Prozent der jungen Männer zwischen 18 und 35 Jahren akzeptabel finden, wenn ihnen im Streit mit der Partnerin die Hand ausrutscht. Jan Hammelmann kennt diese Klientel. Für die Caritas im Kreis Recklinghausen bietet er seit 2014 eine Beratung für Männer und Jungen in der Krise und bei Gewalttätigkeit an.

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„Viele der Männer, die zu mir kommen, kommen, weil sie Täter sind“, so der gelernte Diplom-Sozialarbeiter. Teilweise sei dies auch unfreiwillig, auf Anweisung des Amtsgerichts oder bei Vätern des Jugendamts hin. „Die Kerngruppe der Männer, die zu mir kommt, ist zwischen 30 und 45 Jahren alt“, meint Jan Hammelmann. Aber auch Männer ab 18 und teilweise noch jüngere würden zu ihm in die Beratung kommen. „Ich hatte schon mit 14-Jährigen zu tun, die gewalttätig gegenüber ihren Freundinnen geworden sind.“

Die Einsicht, dass man selbst das Problem ist, baucht häufig eine Weile

Dass die gewalttätigen Männer aus freien Stücken zu ihm kämen, würde meist erst ab einem bestimmten Alter geschehen. „Die Einsicht, dass man selbst das Problem ist, braucht häufig eine Weile“, so der Gewaltberater. „Wenn die Täter Anfang 20 sind, passiert es eher, dass sie sich nach einer Eskalation von ihrer Partnerin trennen oder umgekehrt. Viele gehen erstmal davon aus, dass es an dieser speziellen Beziehung gelegen hat, dass sie gewalttätig geworden sind. Erst, wenn sie sich selbst häufiger auf diese Weise erleben, kommen sie zu dem Schluss, sich ändern zu wollen“, so Hammelmann.

Oft sei die eigene Täterschaft stark mit Scham verknüpft, selbst wenn sich das Viele erstmal nicht eingestehen wollten. „Dahinter steckt die Einsicht, dass man den Menschen, die man am meisten liebt, etwas Schlechtes angetan hat“, so Hammelmann. Generell würden viele der Männer, mit denen er zu tun hat, nach außen erstmal nicht wie Schläger wirken. „Oft sind das Charaktere, die zum Beispiel auf der Arbeit konfliktscheu sind und die Aggressionen in sich hineinfressen.“ Zu Hause könne es dann dazu kommen, dass sich diese Aggression entlade. „Es ist sehr wichtig, mit diesen Leuten zu üben, Grenzen an den richtigen Stellen zu setzen und ihre Selbstwahrnehmung zu ändern.“ Auslöser für Gewalt in Partnerschaften gibt es viele. Der Grund ist aber häufig Frust, der nichts mit der eigentlichen Situation zu tun hat.

Einige Täter sehen Gewalt auch als legitimes Mittel an

So ist der Gewaltberater zu erreichen

Die Beratung von Jan Hammelmann für Männer in der Krise erreicht man telefonisch unter der Rufnummer 0151 / 25 34 34 44.

Per Mail ist der Gewaltberater der Caritas im Kreis Recklinghausen unter j.hammelmann@caritas-herten.de zu erreichen.

Es gebe natürlich auch solche Täter, die Gewalt als ein legitimes Mittel sehen, aus einem patriarchalen Selbstverständnis heraus. Was diese Männer häufig nicht wahrhaben wollten, ist, dass sich dieses Selbstverständnis aus einer starken Unsicherheit speist. Häufig seien diese Täter mit ihrer Rolle überfordert. Daher sei es für viele wichtig, den Blick nach Innen zu lenken. Manche hätten selbst eine Historie mit Gewalterfahrungen. „Selbst eine schwierige Kindheit gehabt zu haben, ist absolut keine Entschuldigung, Biografiearbeit kann aber dabei helfen, sich besser zu verstehen“, so der Gewaltberater. Auf diese Art könne eine verbesserte Opferempathie erwirkt werden. „Da schauen wir dann explizit: Wie habe ich mich als Kind gefühlt, als mich beispielsweise mein Vater verprügelt hat?“

Ein spezielles Milieu, das Männer hervorbringt, die gegenüber Frauen gewalttätig werden, gebe es indes nicht. „Ich habe hier genauso Menschen aus ärmeren Verhältnissen sitzen, wie Ingenieure oder Bänker“, so Hammelmann. Bei den meisten dauere es eine Weile, bis sie sich öffneten, auf lange Sicht gebe es aber Erfolgsgeschichten.

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Viele entwickelten ein innigeres Verhältnis zu ihrer Partnerin. Dafür sei es aber essenziell, dass die Männer die volle Verantwortung für die von ihnen verübte Gewalt übernehmen. „Schwierig ist es, wenn es zu einer Schuldabgabe kommt“, so Hammelmann. Das geschehe, wenn ein Paar sich nach einem gewalttätigen Übergriff wieder annähere und die Frau versuche, das Verhalten, das zu der Eskalation geführt hat, zu vermeiden. Denn Streiten in Partnerschaften sei normal und wichtig – nur physische und verbale Gewalt hätten in diesen Streitereien absolut nichts verloren, so Hammelmann.