Gladbeck. Die Parkvision-Kritik in Gladbeck reißt nicht ab. Der Anbieter erklärt sein Vorgehen, ein Anwalt hält es „in vielen Fällen für nicht rechtmäßig“.
Er reißt nicht ab, der Ärger um die Parkplatzüberwachung der Firma Parkvision in Gladbeck. Nach zwei WAZ-Berichten zu den Parkplätzen der Sparkasse und eines Getränkemarkts in Brauck haben sich etliche Gladbecker gemeldet, die ihre eigenen, unangenehmen Erfahrungen schildern. Etwa, dass die Zahlungsaufforderung für das erste Falschparken fast einen Monat auf sich hat warten lassen. Und dass in der Zwischenzeit unwissentlich weiter auf dem nun überwachten Parkplatz geparkt wurde. Und sich die Rechnungen nun häufen, ein Leser berichtet von 260 Euro, die er Parkvision nun schuldig ist.
„Einen Lerneffekt erzielt man so ja nicht“, sagt ein andere Gladbecker, „zumindest nicht unmittelbar“. Er wittert „Abzocke“ durch absichtlich verspätet verschickte Briefe, damit die „Opfer“ noch öfter in die Falle tappen, bis sie ihr erstes Vergehen schwarz auf weiß zu sehen bekommen. Schließlich, schlussfolgert der Gladbecker, gehe es ja auch um die Existenz von Parkvision – weil, so habe er es recherchiert, die Unternehmen wie CleverFit und „Trink & Spare“ nichts für den Service des Parkplatzüberwachers zahlen.
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Und es geht noch weiter: „Parkvision schreibt, dass potenzielle Beweisfotos zur Verfügung gestellt werden können, wenn es zum Beispiel zu einer Gerichtsverhandlung kommt. Als ich nachgefragt habe, hieß es, die Fotos wären aus Datenschutz-Gründen schon gelöscht worden. Wie kann das sein? Beides geht ja nicht.“ Fragen über Fragen, die Parkvision dieser Redaktion auf Anfrage zumindest in großen Teilen beantwortet. Trotzdem, Arndt Kempgens, Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Gelsenkirchen, hält das Parkvision-Vorgehen nicht immer für lupenrein – und rechnet betroffenen Autofahrern aus Erfahrung gute Chancen aus.
Parkvision: „Haben auf späte Zahlungsaufforderungen keinen Einfluss“
Das Wichtigste zuerst: Was sagt Parkvision zu den Abzock-Vorwürfen? „Wir nehmen die Bedenken der Bürger ernst“, so eine Sprecherin, „Ich möchte jedoch betonen, dass es nicht in unserem Interesse liegt, „Abzocke“ zu betreiben oder absichtlich verspätete Benachrichtigungen zu verschicken.“ Dass die Benachrichtigungen manchmal auf sich warten lassen, liege an mehreren Faktoren, etwa an der „Dauer der Halterabfrage und dem postalischen Versand, auf die wir keinen Einfluss haben.“
Dass die Kunden von Parkvision kein Geld für den Service zahlen, bestätigt die Sprecherin. „Unsere Finanzierung erfolgt ausschließlich über die Gebühren, die bei Zuwiderhandlung der Parkregeln gegenüber Nicht-Kunden erhoben werden.“ Und wie steht es um das Fotomaterial, das – Schrödingers Katze gleich – mutmaßlich zur selben Zeit existiert und nicht existiert? Auf diese Diskrepanz geht Parkvision nicht direkt ein und antwortet lediglich: „Das Bildmaterial von Parkverstößen wird für den erforderlichen Zeitraum gespeichert, der im Einklang mit den geltenden Datenschutzgesetzen steht. Sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, wird das relevante Bildmaterial gemäß den rechtlichen Anforderungen bereitgestellt.“
„Vorgehen der Parkplatzbetreiber halte ich in vielen Fällen für nicht rechtmäßig“
Sieben Tage, „eine übliche Frist“, haben Falschparker nach dem Eingang des Briefs Zeit, Widerspruch einzulegen. Die Sorge eines Gladbeckers, dass theoretisch auch Betrüger gefälschte Zahlungsaufforderungen an unbescholtene Autofahrer schicken könnten, spricht Parkvision auch an. „Unsere Zahlungsaufforderungen sind mit spezifischen und persönlichen Informationen versehen, die es schwierig machen, sie zu fälschen.“ Sollte es aber doch mal Zweifel geben, empfiehlt das Unternehmen, direkt den Kontakt aufzunehmen.
So weit, so schlüssig argumentiert, Arndt Kempgens, Fachanwalt für Verkehrsrecht in Gelsenkirchen, hegt trotzdem Zweifel. „Wir haben in der anwaltlichen Praxis zahlreiche solcher Verfahren. In vielen Fällen halte ich das Vorgehen der Parkplatzbetreiber beziehungsweise Überwachungsfirmen für nicht rechtmäßig.“ Wesentlicher Punkt: Im Falle des Falschparkens müsse der Fahrer haften, nicht der Halter des Autos, Kempgens verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs. Zur Erinnerung, Parkvision ermittelt den Fahrzeughalter und verschickt die Zahlungsaufforderungen auch an ihn.
Anwalt: Kaum Klageerhebung seitens der Parkplatzüberwacher
Aus Erfahrung kann Arndt Kempgens betroffenen Autofahrern ein wenig Mut machen. Denn wenn ein Verfahren tatsächlich vor Gericht landen würde, müsse Parkvision den Fahrer, also nicht den Halter, verklagen und Beweisfotos vorlegen. Allerdings, so Kempgens: „Ich persönlich habe bei Hunderten Verfahren diese Art noch nicht eine einzige Klageerhebung erlebt.“ Und weil das Thema Kempgens Kanzlei immer wieder beschäftigt, hat der Fachmann auf seiner Internetseite gleich einen ganzen Musterbrief zur Verfügung gestellt.