Gladbeck. Eine Gladbecker Optikermeisterin berichtet von ihrer vielfältigen Arbeit von Handwerk bis Kundenberatung. Darum lohnt sich hier eine Ausbildung.
„Ich liebe die Vielfältigkeit in meinem Beruf – es ist die perfekte Mischung aus Kundenkontakt, handwerklicher Arbeit und Büroarbeit“, erzählt Wiebke Spelthuys, während sie eine winzige Schraube in der Hand hält, kaum so groß wie ein Reiskorn. Auf einer blauen Gummimatte vor ihr liegt eine schwarzgerahmte Brille sowie allerlei Werkzeug: Zangen, Schraubendreher, Pinzetten. Die schlichte Werkstatt im hinteren Gebäudeteil des Gladbecker Optikers Groß-Blotekamp unterscheidet sich deutlich vom schicken Beratungsraum im Eingangsbereich – beide Räume gehören zum Berufsalltag der Augenoptikermeisterin.
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2016 begann Spelthuys ihre Ausbildung zur Augenoptikerin bei dem Traditionsbetrieb in der Goethestraße 55. Die Idee zur Ausbildung kam eher zufällig: „Ich war schon lange Kundin bei Groß-Blotekamp, und nach dem Abitur wusste ich nicht so recht, wie es weitergehen soll. Spontan kam mir die Idee, mal beim Optiker anzufragen, ob dort ausgebildet wird“, erzählt die 25-Jährige. Inhaber Rainer Heil lud sie zu einem einwöchigen Schnupper-Praktikum ein, woraufhin für beide Seiten feststand: Das passt!
In der Berufsschule lernen angehende Optiker viele naturwissenschaftliche Fächer
Bis 2019 wurde die gebürtige Gladbeckerin dual ausgebildet – zusätzlich zur praktischen Arbeit beim Gladbecker Optiker besuchte sie die Berufsschule. Dort lernte sie unter anderem technisches Zeichnen, die Anatomie des Auges und auch physikalische Grundlagen dazu, wie das Licht in einem Brillenglas gebrochen wird. Im Fach Englisch wiederum ging es viel um Fachbegriffe, die man als Optiker braucht. „Die Fächer waren relativ naturwissenschaftlich geprägt – davon sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Ich war selbst nie ein Ass in Mathe oder Physik und habe die Berufsschule trotzdem gut geschafft“, berichtet Spelthuys.
Der große Unterschied zur Schule sei, das man wisse, wofür man die theoretischen Grundlagen lerne und durch die vielen praktischen Arbeitstage einen guten Ausgleich zur Berufsschule habe, bei dem man das Gelernte gleich anwenden könne. So konnte sie bei Groß-Blotekamp Brillengläser einarbeiten – „von der Hand, nicht mithilfe eines Automaten“ – Löten, Schleifen und Gläser in einen Bohrer einspannen. Neben der Arbeit beim Optiker in Gladbeck besuchte die 25-Jährige eine Lehrwerkstatt in Dortmund, wo sie einen Intensivkurs für die handwerklichen Tätigkeiten absolvierte.
Kundenberatung macht Optikermeisterin in Gladbeck am meisten Spaß
Während besonders im ersten Ausbildungsjahr die handwerkliche Arbeit im Vordergrund stand, wurde Spelthuys im Laufe der Ausbildung auch an die Kundenberatung herangeführt. „Zum Ende der Ausbildung durfte ich dann Kunden alleine beraten, das macht mir bis heute am meisten Spaß. Der menschliche Kontakt hat mir sehr dabei geholfen, mich persönlich weiterzuentwickeln und beispielsweise meine Zurückhaltung immer mehr abzulegen.“
Heute ist die gebürtige Gladbeckerin froh, sich nach dem Abitur für eine Ausbildung entschieden zu haben – mittlerweile hat sie sogar ihre Meisterprüfung abgelegt und bestanden. Dass sich immer weniger junge Menschen für eine Ausbildung interessieren, kann sie nicht verstehen: „Eine Ausbildung lohnt sich wirklich, weil man dort sinnvolle Dinge lernt und eine viel bessere Alltagsstruktur hat, dadurch, dass man direkt im Berufsleben steht.“ Im Zweifel könne man nach der Ausbildung auch immer noch Studieren – „aber dann hat man schonmal was Festes in der Hand“.
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Auch die guten Übernahmechancen sind ein großer Pluspunkt, der für eine Ausbildung spricht. Im Optikerbereich werden dringend Leute gesucht – auch bei Groß-Blotekamp hatte man in diesem Jahr Probleme, die freie Azubistelle ab August zu besetzen. Der angestellte Augenoptikermeister Marco Hölting hebt hervor, dass es im Familienbetrieb viele Vorteile gegenüber großen Optiker-Ketten gebe: „Wir bauen und reparieren wirklich noch alles selbst – in vielen Ketten müssen Azubis extra in Lehrwerkstätten gehen, weil in den einzelnen Filialen keine Werkstätten mehr vorhanden sind“. Beim Traditionsbetrieb könne man individuelle Kundenwünsche viel schneller umsetzen, als wenn die Brille erst in eine externe Werkstatt geschickt werden müsse.