Gladbeck. Vier Tage lang haben 45 Teilnehmer in der Gladbecker Musikschule gemeinsam Jazz-Musik gespielt. Was den Workshop so besonders macht.
Konzentriert schaut der neunjährige Julian auf das Notenblatt vor sich, dann stimmt er mit seinem Saxophon die ersten Töne zu Stevie Ray Vaughans „Chitlins Con Carne“ an. Neben ihm streicht Rentnerin Eva-Maria rhythmisch mit einem Holzstab über einen Guiro – ein amerikanisches Instrument, das aussieht wie eine riesige, aufwendig bemalte Kaffeebohne mit einer Öffnung in der Mitte und Kerben an der Seite. Bis vor zwei Tagen kannten sich die beiden nicht, jetzt bereiten sie sich gemeinsam mit vier weiteren Bandkollegen auf das Abschlusskonzert des Jazz-Workshops der Gladbecker Musikschule am Sonntag vor.
Lesen Sie auch:
- Schwimmbäder: Gladbeck: Aus diesem Grund sind Schwimmmeister gefragt
- Gastronomie: So geht’s weiter mit der Afrika Lounge in Gladbeck
- Sport: 243 Kilometer Wüstenqual: Gladbecker meistert Ultramarathon
- Lebensmittel: Gladbeck: Dieser Supermarkt verkauft Produkte am günstigsten
Aus allen Stockwerken der Musikschule tönen an diesem Samstagnachmittag die Klänge von Trompeten, Saxophonen, Schlagzeugen, Bässen, Klavieren und Gesängen. Sie vereinen sich zu einem bunten Durcheinander beim 30. Jazz-Workshop, den Leiter Martin Greif bereits seit 1990 organisiert. 45 Teilnehmer treffen sich vier Tage lang (18. bis 21. Mai), um gemeinsam Musik zu machen. Teilnehmen könne jeder, der Noten lesen kann – vom Anfänger bis zum Profi. Wichtig sei nur die Freude an der Jazz-Musik und die Offenheit für Neues. Das Alter spielt dabei keine Rolle: „Unser jüngster Teilnehmer ist neun Jahre alt, die älteste Teilnehmerin 79. Kaum jemand kennt sich vor dem Workshop, aber die Musik verbindet uns alle“, erzählt Greif.
Teilnehmer reisen aus ganz Deutschland zu Gladbecker Jazz-Workshop
Nach dreijähriger Corona-Pause ist die Freude am gemeinsamen Spielen dieses Jahr besonders groß – und den Teilnehmern ist kein Weg zu weit. David Erlemann ist mit seinem Saxophon extra aus Berlin angereist: „Ich habe bei einem Musik-Workshop in Berlin von der Veranstaltung in Gladbeck erfahren. Dessen Leiter Martin Berner ist auch hier als Dozent für Blechblasinstrumente dabei und konnte mich sofort von der Idee überzeugen“. Besonders begeistere ihn, mit Menschen zusammenzuspielen, die man vorher noch nie gesehen hat – und vielleicht auch nie wieder sieht.
Erlemanns Band-Kamerad Volker Caspary aus Hünxe ist ebenfalls zum ersten Mal beim Workshop dabei und stimmt zu: „Wir fühlen uns schon nach kurzer Zeit nicht mehr wie Fremde.“ Er habe schon in vielen Bands Musik gemacht, seit fast 40 Jahren spiele er Trompete. Aber die Proben in Gladbeck seien ganz besonders. „Zudem bringt uns unser Dozent Martin Berner viele wichtige Grundlagen zu den Akkorden bei, das hilft selbst mir nach 40 Jahren noch viel weiter.“
Jazz-Bands werden von Dozenten leistungsgerecht zusammengestellt
So erhalten alle Teilnehmer, die das gleiche Instrument spielen, von jeweils einem Dozenten mehrere Stunden Theorieunterricht, bevor sie anschließend in bunt gemischten Bands unterschiedlicher Größen Jazz-Lieder proben. Die einzelnen Bands werden von den insgesamt sieben Dozenten leistungsgerecht zusammengestellt – in einem Raum spielen Anfänger, im nächsten Fortgeschrittene. Greif erklärt: „Wir passen die Lieder, die geprobt werden, an das Niveau der Gruppe an. Niemand soll sich unter- oder überfordert fühlen“.
Auch interessant
„Es ist so cool, gemeinsam in einer Band zu spielen“, erzählt der neunjährige Julian begeistert in einer kurzen Pause. Der Gladbecker ist auch außerhalb des Workshops der Schützling von Leiter Martin Greif – seit zwei Jahren unterrichtet dieser ihn am Saxophon. Bei der Probe läuft es für Julian schon richtig rund, doch Greif hört genau hin und flüstert ihm hin und wieder einen Tipp ins Ohr: „Auf das C musst du noch mal achten, das hast du eben nicht ganz so gut getroffen“.
Sieben Dozenten geben beim Jazz-Workshop Theorieunterricht und leiten Bandproben
Ein Stockwerk weiter oben schleift Dozent Heribert Kolich mit einer Gruppe fortgeschrittener Musiker ebenfalls an den Feinheiten für das Abschlusskonzert in weniger als 24 Stunden. Der Pianist aus Wien ist bereits zum 28. Mal beim Jazz-Workshop dabei, er kennt Greif aus dem Studium. „Für mich ist gar keine Frage mehr, ob ich nach Gladbeck komme, wenn ein neuer Workshop geplant wird. Neben der tollen Musik habe ich hier nicht nur gute Freunde gewonnen, sondern sogar die Mutter meiner Tochter kennengelernt.“
Neben einem Dozentenkonzert am Freitagabend gibt es zum Abschluss des Workshops am Sonntag gleich mehrere, parallel stattfindende Konzerte der Teilnehmenden. Auf drei Bühnen in den Räumen der Musikschule am Bernskamp 1 spielen die unterschiedlichen Bands zwei Stunden lang ihre zuvor geprobten Lieder vor.
Bis dahin ist am Samstagnachmittag aber noch viel Arbeit zu tun: Dozent und Gitarrist Christian Hammer aus Gelsenkirchen klatscht bei der Probe „seiner“ Band in die Hände und ruft: „Auf geht’s, lasst uns weitermachen mit dem Trompetensolo von „The Old Country“. Das soll ja morgen richtig sitzen.“ Volker Caspary holt tief Luft und spielt los.
++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook ++