Recklinghausen/Gladbeck. Die internetbasierte Kfz-Zulassung ist so kompliziert, da kann man besser weiter zum Straßenverkehrsamt nach Marl fahren. Auch von Gladbeck aus.

Die Kfz-Zulassung per Internet führt im Kreis Recklinghausen ein Schattendasein. Von 21.663 Außerbetriebsetzungen sind im ersten Quartal dieses Jahres nur 171 online erfolgt (0,789 Prozent). Bei Wiederzulassungen, Umschreibungen oder Neuzulassungen ist die Quote noch schlechter: neun von 16.794 oder 0,054 Prozent. Insgesamt, sagt Kreissprecherin Svenja Küchmeister, seien das so wenig Fälle, dass man schon allein aus Gründen des Datenschutzes noch nicht einmal Auskunft darüber geben könne, wie viele Gladbecker beispielsweise die digitale Zulassung bislang genutzt haben.

Lesen Sie auch

„i-Kfz“ ist im Kreis Recklinghausen alles andere als eine Erfolgsgeschichte

Doch woran liegt das? Immerhin könnten sich die Halter von Kraftfahrzeugen ja den mühseligen Weg zum Straßenverkehrsamt in Marl ersparen – zum Beispiel auch von Gladbeck aus. „i-Kfz“ – so die Kurzformel für die internetbasierte Fahrzeugzulassung – ist im Kreis Recklinghausen alles andere als eine Erfolgsgeschichte. Seit 2015 konnten Autofahrer via Internet ihr Fahrzeug zumindest schon einmal abmelden. Das war die Stufe eins des vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ausgerufenen Digitalprojekts – und auch die einzige Facette, die bis vor kurzem im Vest funktionierte.

Bei den i-Kfz-Stufen zwei und drei, die 2017 und 2019 bundesweit gezündet wurden, musste der Kreis Recklinghausen, zuständig für das Zulassungswesen, zunächst passen. Neuzulassungen, Wiederzulassungen sowie Umschreibungen sind im Vest erst seit Dezember 2022 technisch möglich. Der Anlass für die Verzögerungen waren nach Angaben des Kreises Probleme mit dem IT-Dienstleister, der die Portal-Lösung umsetzen sollte.

Kreisverwaltung nennt das Verfahren „kompliziert und schwierig“

Mit einem neuen Partner klappte es dann besser. Ende gut, alles gut? Eher nicht. Die Kreisverwaltung geht nach eigenen Angaben nicht davon aus, dass die internetbasierte Fahrzeugzulassung einen nennenswerten Anteil an den Bearbeitungsfällen des Straßenverkehrsamtes erreichen wird. Grund: Es sei alles „kompliziert und schwierig“, wie der Kreis in einer Vorlage für den Mobilitätsausschuss des Kreistages hervorhebt. Und die Kreisverwaltung selbst habe darauf „keinen Einfluss“, wie betont wird.

In der Tat ist das ganze Verfahren nicht ohne Tücken. Kunden, die von iKfz profitieren wollen, benötigen für die Registrierung zunächst einmal eine Grundausrüstung: einen elektronisch-digitalen Personalausweis, eine Handy-Ausweis-App fürs Smartphone beziehungsweise ein Kartenlesegerät. Anschließend werden jede Menge persönliche und technische (Fahrzeug-)Daten abgefragt. Nach dem Online-Bezahlvorgang müssen schließlich entsprechende Dokumente heruntergeladen und ausgedruckt werden. Wenn alles geklappt haben sollte, werden dem Kunden Fahrzeugpapiere und Siegelträger im Nachhinein von der Zulassungsstelle per Post zugesandt.

Viele Fehlermöglichkeiten führen zu automatischen Abbrüchen

„Das alles birgt insgesamt sehr viele Fehlermöglichkeiten, was dann zu automatisierten Abbrüchen führt“, erläutert die Kreisverwaltung in der Vorlage für die Politik. Die Kunden müssten anschließend trotzdem persönlich die Zulassungsstelle aufsuchen. Alle (!) beim Kreis Recklinghausen bisher gestellten Online-Anträge seien nicht korrekt gewesen. Jedes Mal habe Kontakt zu den Antragstellern aufgenommen werden müssen.

++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook! ++

Eine Studie der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW aus dem Jahr 2022 bestätigt, dass auch andere Zulassungsbehörden in NRW ähnliche Erfahrungen machen wie der Kreis Recklinghausen. Die Studie kommt jedenfalls zu dem Resultat, dass i-Kfz nur eine Randerscheinung im Kfz-Zulassungswesen sei. Selbst die Corona-Pandemie habe nicht zu einer höheren Nutzung geführt.

Im September soll die vierte Stufe von i-Kfz umgesetzt werden

Im September 2023 will der Bund übrigens die vierte Stufe von i-Kfz umsetzen. Dann können auch sogenannte „juristische Personen“, zum Beispiel Autohäuser und Zulassungsdienste, Zulassungsanträge online stellen. Zudem soll es eine „Großkunden-Schnittstelle“ beim Kraftfahrt-Bundesamt geben – für Kunden mit mehr als 500 Zulassungen im Jahr.