Gladbeck. Alberto Fabbro übernimmt das Eiscafé Cortina in Gladbeck von seinen Eltern. Die Tradition soll weiterleben, Veränderung soll es trotzdem geben.
Seit 85 Jahren in Familienbesitz – und das bleibt auch so: Alberto Fabbro übernimmt das Eiscafé „Cortina“ an der Hochstraße von seinen Eltern Marcello und Rosanna Fabbro. Der 53-Jährige sammelte Erfahrungen im elterlichen Betrieb, baute dann ein zweites Standbein in Hattingen auf, führte das Eiscafé dort 15 Jahre und verpachtete es, als er 2019 mit seiner Frau Elena nach Gladbeck zurückkehrte und direkt neben dem Eiscafé der Eltern das italienische Bistro Ristretto eröffnete. Sein Plan für „Cortina“: „Ich will die klassische Eisdiele weiterführen und dabei eigene Akzente setzen.“
Welche das sind, das weiß er entweder noch nicht genau, oder er will es noch nicht verraten. Über ein moderneres Outfit im Inneren denkt er nach, die jetzt mehr als 50 Eissorten will er vielleicht etwas reduzieren, ein paar neue kreieren, die Winterpause auf die Tage rund um Weihnachten und Neujahr beschränken, auf Wünsche der Kunden reagieren.
Gladbecker Eisprofis kommen aus italienischem „Eismacherdorf“
Der Generationenwechsel wird nicht abrupt, sondern fließend erfolgen. Marcello Fabbro (72) und seine Frau Rosanna (69), die seit 28 Jahren Chef und Chefin des Eiscafés sind, wollen aus Altersgründen zwar kürzertreten, ihrem Sohn aber noch bei der Arbeit helfen. Der ist froh über die Unterstützung: „Ich profitiere von der langjährigen Erfahrung meiner Eltern. Sie kennen ihre Kunden und deren Vorlieben. Gemeinsam können wir die Basis für die nächsten Jahre legen.“
Die Familie stammt aus dem Dorf Claut im Friaul, wo viele „Eismacher“ zu Hause waren und sind. Wegen der schweren wirtschaftlichen Lage suchten schon in den ersten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts viele ihr Glück in der Fremde. Olga Fabbris gehörte zu ihnen, die Cousine der Großmutter der heutigen Cortina-Chefs. Ihr Schwager hatte 1911 eine Eisdiele in Essen-Steele eröffnet. Dort erlernte Olga das Handwerk und machte sich 1938 mit der ersten Eisdiele in Gladbeck, dem „Eispalast“, selbstständig, im selben Haus, in dem noch heute „Cortina“ zu finden ist. Den neuen Namen gab Olga Fabbris ihrer Eisdiele 1956, nach den Olympischen Spielen in Cortina d’Ampezzo. „Das war damals chic“, erinnert sich Marcello Fabbro.
Erste Gladbecker Eisdiele trotzte sogar dem Krieg
Mit einer Handvoll Eissorten ging es los: Milchsorten wie Schokolade und Vanille, Fruchtsorten wie Zitrone und Erdbeere. Sechs Monate im Jahr war die Eisdiele geöffnet, die kältere Jahreshälfte verbrachte die Familie in ihrer italienischen Heimat.
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Im Krieg blieb das Geschäft geschlossen. Als Olga Fabbris 1945 nach Gladbeck zurückkehrte, lag das Haus in Trümmern. Sie musste ganz von vorne beginnen, und sie schaffte das. Die Erfolgsgeschichte der ersten Eisdiele in Gladbeck ging weiter. 1969 übergab Olga Fabbris ihren Töchter Regina und Mary das Eiscafé, 1985 folgte deren Cousin Severino Martini, der Onkel des heutigen (Noch-)Chefs Marcello Fabbro, der 1995 übernahm.
Gladbecker Eisdiele Cortina steuert auf ihren 100. Geburtstag zu
Und jetzt tritt also Alberto Fabbro in die Fußstapfen seiner Eltern. Die Zeiten sind nicht leicht. „In den 1950er Jahren, als eine große Kugel 30 Pfennige kostete, war Eis für die ,kleinen Leute‘ Luxus. Heute müssen wir 1,50 Euro nehmen, und für manche Familien mit mehreren Kindern ist das wieder Luxus“, weiß der künftige Cortina-Chef. Günstiger verkaufen könne er das Eis nicht: Allein die Zuckerpreise hätten sich verdoppelt, sagt er. Auch andere Waren, die er für die Eisherstellung braucht, seien deutlich teurer geworden, die Energiekosten gestiegen. Wie in allen Branchen fehle Personal.
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Trotz allem geht er mit Hoffnung und voller Tatendrang ans Werk. „Cortina ist eine Erfolgsgeschichte, die ich weiterschreiben will und werde. Und ich hoffe, dass ich mit diesem traditionsreichen Familienunternehmen auch noch das 100-jährige Bestehen feiern kann.“