Oberhausen. Die neue Pipeline, die in Dorsten startet, führt über Oberhausen zu Thyssenkrupp in Duisburg. Nun stehen neue Details fest.
Deutschlands größter Gas-Transporteur Open Grid Europe (OGE) will zusammen mit Thyssengas nicht nur den Stahlkonzern Thyssenkrupp in Duisburg als Großabnehmer mit Wasserstoff versorgen. Denn in der Region gibt es auch weitere Unternehmen, darunter Chemieunternehmen und Raffinerien. Für all diese Betriebe ist eine neue 42 Kilometer lange Leitung geplant, die Ende 2026 in Betrieb genommen werden soll. Sie verläuft von Dorsten über Oberhausen nach Duisburg-Hamborn, kurz „DoHa“ genannt. Seit der Projektvorstellung im März 2022 in der Sporthalle an der Königshardter Kiefernstraße gibt es inzwischen neue Entwicklungen.
Der exakte Leitungsverlauf steht zwar immer noch nicht fest, doch der Regionalverband Ruhr (RVR) hat aus drei möglichen Trassenkorridoren einen ausgewählt und genehmigt – und zwar den von Open Grid favorisierten nördlichsten Verlauf (siehe Grafik). Damit ist das Raumordnungsverfahren, einer der zahlreichen Schritte auf dem Weg zum Trassenbau, erfolgreich abgeschlossen. Nun kann das mehrjährige Planfeststellungsverfahren beginnen, das mit dem Beschluss der Bezirksregierung Düsseldorf enden wird. Die Bagger sollen dann im Oktober 2025 rollen und der erste Wasserstoff gegen Ende 2026 fließen.
Der Korridor, durch den die künftige Wasserstoffleitung führen wird, ist 600 Meter breit. Darin wird ein Stahlrohr mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern verlegt, das mindestens einen Meter unter der Erde liegen muss. Auf dem Weg von Dorsten nach Duisburg passiert es neben Oberhausen auch Bottrop und Dinslaken. Für eine „zentimeterscharfe Trasse“ müssen zunächst noch Untersuchungen und Kartierungen vorgenommen werden. Doch eines steht bereits fest: Da die beiden südlicheren Korridor-Varianten nun ausgeschieden sind, ist In Oberhausen der Sterkrader Wald doch nicht betroffen von dem Bauprojekt. Allerdings könnte jetzt die Leitung das wichtige Grüngebiet Hühnerheide durchqueren.
Möglichst geringer Eingriff in die Natur
„Das Ruhrgebiet ist schwierig für solch ein Projekt – wegen der dichten Bebauung“, sagt Projektleiter André Graßmann. Die Wasserstoffleitung wird nicht nur durch Wälder und Ackerland führen. „Aber wir werden definitiv keine Gebäude abreißen.“ Vielmehr wird die Leitung demnach in großem Abstand um Häuser herumführen, normalerweise mindestens 20 Meter. Zumal die spätere Trasse einen zehn Meter breiten Schutzstreifen bekommt, in dem nicht gebaut werden darf. Pflanzen sind zwar gestattet, aber keine Bäume, deren wachsende Wurzeln die Rohre beschädigen würden.
Der vom RVR genehmigte Antragskorridor ist der Leitungsverlauf, der nach Ansicht von Open Grid Europe den geringsten Eingriff in die Natur bedeutet und die wenigsten Probleme verursachen dürfte – mit Blick auf Tiere und Pflanzen, Bodenschätze und Kulturstätten.
Widerstand gegen das Bauvorhaben ist unvermeidbar
In Oberhausen besteht bisher noch kaum Widerstand gegen das Neubauprojekt, während etwa der Kreis Wesel bereits grundsätzliche Bedenken geäußert hat. Tatsächlich ist es ein langwieriger Prozess, bis Baurecht herrscht. Denn mit jedem Grundstückseigentümer und mit jedem Pächter, durch dessen Gebiet sich die Trasse fräsen wird, muss Open Grid einen Extra-Vertrag abschließen. Und jeder wird dafür einmalig entschädigt. Dies wurde für Bauern bereits mit deren Verbänden vorbereitet. Eine Eigentümer- und Pächterversammlung ist für Januar 2024 geplant.
Betroffen sind bei dem Großprojekt viele Personen, denn das Rohr verläuft durch öffentlichen Raum, landwirtschaftlich genutztes Gebiet und durch Privatgrundstücke, wobei etwa Bundesstraßen, Autobahnen, Flüsse und Bahnlinien grabenlos unterquert werden können. Auch Bäume werden gefällt, die Flächen sollen aber rekultiviert werden. Laut Open Grid gebe es „keine nachhaltigen Eingriffe in die Natur“. Ohnehin lässt sich das Projekt nach Ansicht von Open Grid Europe nicht verhindern. Vielmehr sei es „im Interesse aller“. Projektleiter Graßmann: „Wir sind dafür da, die Energieversorgung in Deutschland für jeden sicherzustellen.“ Sein Unternehmen kümmere sich mit der Bundesnetzagentur darum, „dass das Wasserstoffnetz aufgebaut wird, damit wir uns bis 2035 von Erdgas trennen können“.
Anbindung an Thyssenkrupp: Zentraler Baustein für klimaneutralen Stahl
Der größte Profiteur des neuen Transportweges wird der Duisburger Konzern Thyssen-Krupp sein. Dessen Wasserstoff soll es hauptsächlich sein, der ab Ende 2026 durch die Leitungen fließt, die auch Oberhausen queren. Nur so ist die sogenannte grüne Stahlproduktion, die klimaneutral sein soll, möglich.
Der Zeitplan für das Großprojekt „DoHa“ gilt als ambitioniert, aber machbar. Immerhin sind für die Wasserstoff-Pipeline von Dorsten über Oberhausen nach Duisburg-Hamborn mindestens 100 Millionen Euro eingeplant. Bevor das Planfeststellungsverfahren im zweiten Halbjahr 2023 beginnt, sollen erneut Informationsveranstaltungen für die Menschen in den betroffenen Städten stattfinden.