Duisburg. Open Grid Europe plant den Bau einer Wasserstoffleitung von Dorsten nach Duisburg-Hamborn. Das Unternehmen hat nun über neue Details informiert.
Deutschlands größter Gas-Tranporteur Open Grid Europe (OGE) will zusammen mit Thyssengas in Duisburg den Stahlkonzern Thyssenkrupp als Großabnehmer mit Wasserstoff versorgen. Aber in der Region auch weitere Unternehmen, darunter Chemieunternehmen und Raffinerien. Wie berichtet, ist dafür eine neue Leitung geplant, die Ende 2026 in Betrieb genommen werden soll. Sie soll gut 42 Kilometer lang werden und verläuft von Dorsten über Oberhausen nach Hamborn, weshalb sie unter Fachleuten auch als „DoHa“ bekannt ist. Seit der Projektvorstellung im März in der Stadthalle Walsum gibt es inzwischen neue Entwicklungen.
Der genaue Leitungsverlauf steht zwar immer noch nicht fest, doch über den sogenannten Untersuchungsraum für mögliche Trassenkorridore haben die Behörden bereits entschieden. Darin hat Open Grid Europe drei Korridore geprüft. Das Unternehmen favorisiert den nördlichsten Verlauf (siehe Grafik) und hat ihn dem zuständigen Regionalverbund Ruhr (RVR) zur Genehmigung vorgelegt.
Schon ab nächstem Januar soll ein ein mehrjähriges Planfeststellungsverfahren vorbereitet werden, das im Februar 2024 beginnen und mit dem Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Düsseldorf enden soll. Die Bagger sollen dann im Oktober 2025 rollen und der erste Wasserstoff gegen Ende 2026 fließen.
Alle drei Korridore, durch die die künftige Wasserstoffleitung führen könnte, müssen 600 Meter breit sein. Darin wird ein Stahlrohr mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern verlegt, das mindestens einen Meter unter der Erde liegen muss. Auf dem Weg von Dorsten nach Hamborn passiert es unter anderem Bottrop, Dinslaken und Oberhausen.
Neue Wasserstoffleitung nach Duisburg-Hamborn: Verlauf soll bis zum Jahresende feststehen
„Das Ruhrgebiet ist schwierig und bleibt auch schwierig für solch ein Projekt“, sagt Projektleiter Andre Graßmann und meint damit die dichte Bebauung. Die Wasserstoffleitung wird durch Wälder und Ackerland führen. „Aber wir werden definitiv keine Gebäude abreißen“, betont Graßmann. Vielmehr wird die Leitung demnach in großem Abstand um Häuser herumführen, normalerweise mindestens 20 Meter. Zumal die spätere Trasse einen zehn Meter breiten Schutzstreifen bekommt, in dem nicht gebaut werden darf. Pflanzen sind zwar gestattet, aber keine Bäume, deren wachsenden Wurzeln die Rohre beschädigen.
Der beim RVR vorgelegte Antragskorridor ist der Leitungsverlauf, der aus Sicht von OGE den geringsten Eingriff in die Natur bedeutet und die wenigsten Probleme verursachen dürfte. Fachleute sprechen von sogenannten Raumwiderständen, die möglichst gering gehalten werden sollen. Die Behörden können dennoch, betont Graßmann, andere Kriterien anlegen und eine andere Bewertung vornehmen.
Ursprünglich sollte die Korridorvariante bereits im November feststehen, doch die Entscheidung habe sich krankheitsbedingt verzögert. Open Grid Europe rechnet aber noch bis zum Jahresende mit der Entscheidung und dass es tatsächlich der Favorit wird. Innerhalb des behördlich festgelegten Korridors sucht das Unternehmen dann „eine zentimeterscharfe Trasse“. Untersuchungen und Kartierungen dafür sollen ab Januar beginnen.
Open Grid Europe erwartet in Duisburg relativ wenig Widerstand das Bauvorhaben
In Duisburg wird relativ wenig Widerstand gegen das Neubauprojekt erwartet, während etwa der Kreis Wesel bereits grundsätzliche Bedenken geäußert hat. Tatsächlich ist es ein langwieriger Prozess, bis Baurecht herrscht. Denn mit jedem Grundstückseigentümer und mit jedem Pächter, durch dessen Gebiet sich die Trasse fräsen wird, muss OGE einen gesonderten Vertrag abschließen. Und jeder wird dafür einmalig entschädigt. Dies wurde für Bauern bereits mit deren Verbänden vorbereitet. Eine Eigentümer- und Pächterversammlung ist für Januar 2024 geplant.
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Betroffen sind bei diesem Großprojekt viele Personen, denn das Rohr verläuft durch öffentlichen Raum, landwirtschaftlich genutztem Gebiet und durch Privatgrundstücke, wobei etwa Bundesstraßen, Autobahnen, Flüsse und Bahnlinien grabenlos unterquert werden können. Auch Bäume werden gefällt, die Flächen sollen aber rekultiviert werden. Laut OGE gebe es „keine nachhaltigen Eingriffe in die Natur“.
Ohnehin lässt sich das Projekt nach Ansicht von Open Grid Europe nicht verhindern. Vielmehr sei es „im Interesse aller“. „Wir sind dafür da, die Energieversorgung in Deutschland für jeden sicherzustellen“, erläutert Andre Graßmann. Demnach kümmert sich OGE zusammen mit der Bundesnetzagentur darum, „dass das Wasserstoffnetz aufgebaut wird, damit wir uns bis 2035 von Erdgas trennen können“.
Anbindung an Thyssenkrupp: Zentraler Baustein für klimaneutralen Stahl
Die DoHa-Leitung ist ein zentraler Baustein für die Herstellung von grünem, also klimaneutralen Stahl. Den grünen Wasserstoff liefert ein RWE-Kraftwerk im niedersächsischen Lingen. „Die Anbindung an Thyssenkrupp Steel ist ganz wichtig für die Industrie im Ruhrgebiet“, sagt der Projektleiter. Doch ebenso wichtig sei, die Region grundsätzlich an das neue Verteilnetz anzubinden.
Der Zeitplan für das Großprojekt gilt als „sehr ambitioniert“, aber als machbar. Immerhin sind für die Wasserstoff-Pipeline von Dorsten nach Hamborn mindestens 100 Millionen Euro eingeplant. Bevor das Planfeststellungsverfahren beginnt, sollen im Sommer 2023 erneut Informationsveranstaltungen für die Menschen im Duisburger Norden stattfinden.
>> Wie gefährlich ist die neue Wasserstoffleitung?
• „Wasserstoff ist – wie jeder andere Energieträger auch – natürlich brennbar“, sagt OGE auf Nachfrage. Wasserstoff könne sich in Kontakt mit Sauerstoff entzünden. Diese Risiken würden bei Planung, Bau und Betrieb einer Leitung berücksichtigt.
• Da Wasserstoff sehr leicht sei, könne er wegen seiner geringen Dichte sehr schnell nach oben in die Atmosphäre aufsteigen und sich nicht an einem Ort konzentrieren. „Aus diesem Grund wird vor allem die Dichtheit der Bauteile – zum Beispiel der Sicherheitsarmaturen in der Leitung – durch regelmäßige Prüfungen sichergestellt.“
• Während der Arbeiten und auch danach sollen ständige Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt werden. Dabei wird auch ein Helikopter mit Infrarot-Laser-System eingesetzt. (mit mb)