Gladbeck. Das Landesprogramm „Jedem Kind Instrumente, tanzen, singen“ unterstützt Schulen bei der musischen Ausbildung. Doch es gibt Probleme in Gladbeck.
Eigentlich gilt das vom Land NRW finanziell geförderte JeKits-Programm als ein erfolgreiches Angebot an Grundschulen, um Kinder frühzeitig an die Musik und das eigenständige Musizieren mit Instrumenten heranzuführen. In Gladbeck beteiligten sich alle acht Grundschulen an der musikalischen Grundbildung, die in Kooperation mit der städtischen Musikschule erfolgt. Damit gibt es jetzt aber offenbar Schwierigkeiten, denn nach der Regenbogenschulesteigt jetzt auch die Südparkschule aus „Jedem Kind Instrumente, tanzen, singen“ (JeKits) aus.
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Darüber informierte Musikschuldirektor Rolf Hilgers bei seiner Jahresbilanz die Politik im Schulausschuss. Schuldezernent Rainer Weichelt bedauerte den Entschluss und Abschied der Grundschule im Stadtsüden zum neuen Schuljahr. Er habe durch Gespräche versucht, beide Grundschulen im JeKits-System zu halten. Denn es sei ja auch bewiesen, „dass sich die musikalische Ausbildung positiv auf die gesamte Bildung eines Kindes auswirkt“. Mit Blick auf die sechs im Programm verbliebenen Grundschulen hofft Weichelt, „dass die Entwicklung des sich Rauslösens aus dem System damit beendet ist“. Denn es sei dann auch schwierig, wieder zu JeKits zurückzukehren, da landesweit bereits eine lange Warteliste existiere.
„Welche konkreten Gründe haben zum JeKits-Ausstieg geführt?“
JeKits ist ein niederschwelliges Projekt, um in der Grundschule an das Musizieren herangeführt zu werden und so auch Schülernachwuchs für die Kurse der Musikschule zu gewinnen. Durch den Ausstieg der Regenbogenschule sei bereits die entsprechende Schülerzahl im Grundstufenbereich gesunken, berichtete Hilgers der Schulpolitik weiter. Dies habe jedoch durch eine höhere Anmeldezahl bei den Instrumentalgruppen und die sukzessive Erweiterung des JeKits-Programms in die Vierjährigkeit etwas kompensiert werden können. Sebastian Steinzen (FDP) wollte wissen, welche konkreten Gründe zum JeKits-Ausstieg geführt hätten und was unterstützend von der Ratspolitik getan werden könne. Jens Bennarend (SPD) befürchtete, dass die Schulen falsch einschätzen würden, was der JeKits-Ausstieg für ihre Schulgemeinde bedeute. Das wichtige Projekt sei ein Geschenk für die Schulen, beeinflusse die kognitive Entwicklung der Kinder positiv.
Rolf Hilgers berichtete, dass die Regenbogenschule mit ihrem offenen Ganztag und verpflichtendem Unterricht am Nachmittag offensichtlich ein Problem habe, „ihren Stundenplan mit unserem in Einklang zu bringen“. Das bestätigt Rektorin Anne Frieß auf Anfrage der Redaktion. Bei knapp 430 Schulkindern die klassenübergreifenden oft sehr kleinen JeKits-Instrumentalgruppen zu koordinieren, und „unser Ganztagskonzept mit den Zeiten und dem starren Korsett der Musikschule zu verbinden, ist letztlich kaum mehr möglich gewesen.“ Das Interesse der Eltern an JeKits sei zudem „stark zurückgegangen“. Die Schule verfolge mit ihrem ausgebildeten Musiklehrer ein eigenes, flexibleres wie passgenaueres Musikunterricht-Konzept. „Und wir haben uns in der Schulkonferenz in Absprache mit den Eltern dazu entschieden, eigene Wege zu gehen“, so Anne Frieß.
„Eine reibungslose Zusammenarbeit mit der Musikschule war nicht möglich“
Der Ausstieg der Südparkschule sei „stärker bedauerlich“, als der der Regenbogenschule, da die Schule im Stadtsüden von vielen Kinder aus Familien mit prekäreren finanziellen Verhältnissen besucht werde, „die den Zugang zu Musikunterricht erschweren“, so Hilgers im Ausschuss. Man habe versucht, der Schule entgegen zu kommen, und statt vierjähriger Ausbildung das Angebot zu modifizieren. Etwa, in dem der Chorbereich statt Instrumentalgruppen hätte gestärkt werden können, was deutlich weniger organisatorischen Aufwand bedeuten würde. Auch der Vorschlag, „ein neues Konzept mal ein Jahr auszuprobieren“, sei von der Schule nicht angenommen worden. „Das konnten wir, trotz der Sechszügigkeit der Schule und sicher allen damit verbunden Herausforderungen, nicht verstehen“, so Hilgers. Man bemühe sich „den Kindern zuliebe“. Das Ganze sei „mehr als unglücklich gelaufen“.
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Die Südparkschule stellt sich als größte Grundschule in Gladbeck (533 Kinder) vielen Herausforderungen einer multikulturellen Schülerschaft, sie hat mit 78 Prozent die stadtweit zweithöchste Migrationsquote der Grundschulen (Lambertischule 82,7 Prozent). Auf WAZ-Anfrage informiert Schulleiterin Birgit Vielhauer, dass die Schulkonferenz der Südparkschule „bereits im April 2022 einstimmig den Ausstieg aus dem JeKits-Programm beschlossen“ habe. Dafür seien „einzig und allein organisatorische Gründe ausschlaggebend“. Blumige Schilderungen von Seiten Herrn Hilgers und die Arbeit vor Ort seien „doch verschiedene Welten“, übt die Rektorin ihrerseits Kritik. „Eine reibungslose Zusammenarbeit mit der Musikschule, als Voraussetzung für eine gedeihliche Zusammenarbeit mit einer künftig sechszügigen Grundschule, war auch nach wiederholten Zusagen der Musikschulleitung nicht möglich.“
An den verblieben JeKits-Grundschulen nachhören, „ob alles okay ist“
Die Gründe des JeKits-Ausstiegs seien ausführlich mit der Schulaufsicht im Kreishaus und Bildungsamtsleiterin Silke Döding erörtert worden. Die Schulrätin habe hierbei „großes Verständnis für die Beweggründe der Schule gezeigt“. Auch wenn Fördergelder verloren gingen, sei „ein Verzicht manchmal eben doch die bessere Lösung“, so Birgit Vielhauer.
Sebastian Steinzen bat die Verwaltung darum, an den verbliebenen JeKits-Grundschulen nachzuhören, „ob alles so okay ist, wie es gehandhabt wird, oder wo wir im Projekt nachsteuern können“. Schuldezernent Rainer Weichelt sagte zu, „den Staus Quo zum JeKits-Projekt abzufragen“.