Gladbeck. Glashersteller Pilkington muss inzwischen viel stärker um Azubis werben. Wie sich das Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber darstellen will.

1600 Grad herrschen in dem Ofen. 24 Stunden lang an sieben Tagen die Woche ist er in Betrieb, schmilzt unter anderem Scherben, Quarzsand und Mineralien ein und liefert so die glühend heiße, flüssige Grundlage für die quasi unendliche Glasscheibe, die am Ende der Produktionsstraße zum Vorschein kommt. Floatglas, wie es bei Pilkington produziert wird, ist Grundlage für viele Produkte, etwa die Scheiben von Autos und Glasfassaden. Auch in der Spiegel- und Möbelherstellung kommt es zum Einsatz.

Was auffällt: In der großen Produktionshalle begegnen einem kaum Menschen. Dabei beschäftigt das Unternehmen rund 500 Mitarbeitende an dem Standort. Doch die Produktion läuft nahezu automatisch – vom Leitstand gesteuert und überwacht. Klar ist aber auch: Ein so großes Unternehmen braucht immer wieder Nachwuchskräfte. Neun Ausbildungsstellen sollen im nächsten Jahr wieder besetzt werden – gruppenweit sind es noch viel mehr.

In Gladbeck werden die gewerblich-technischen Berufe gelehrt

In der Gladbecker Ausbildungswerkstatt werden die gewerblich-technischen Berufe gelehrt: Mechatroniker, Industrieelektroniker, Elektroniker für Betriebstechnik oder Maschinen- und Anlagenführer – das sind nur einige der Angebote. An den Standorten in Gelsenkirchen und Witten werden außerdem noch kaufmännische und Ausbildungen im IT-Bereich geboten. Auch Lageristen werden gesucht.

Auf speziellen Trägern werden die fertigen Blätter – so nennt man die riesigen Scheiben – in Gladbeck gelagert.
Auf speziellen Trägern werden die fertigen Blätter – so nennt man die riesigen Scheiben – in Gladbeck gelagert. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Die Bandbreite ist groß, die Besetzung der Stellen längst nicht mehr so einfach wie vor zehn oder 20 Jahren noch, sagt Unternehmenssprecherin Birgit Kernebeck. Aus dem Grund trete man als Unternehmen inzwischen ganz anders in der Öffentlichkeit auf, präsentiere sich an unterschiedlichen Stellen, um von potenziellen Bewerben wahrgenommen zu werden. Dazu gehört auch die Kampagne „Wir suchen Durchblicker“, mit der das Unternehmen beispielsweise auch in den Sozialen Medien unterwegs ist.

Eine qualitativ hochwertige Ausbildung als guter Start ins Leben

„Wir wollen so zeigen, dass eine gute, qualitativ hochwertige Ausbildung ein guter Start ins Leben sein kann“, macht die Unternehmenssprecherin deutlich. Zumal in den nächsten Jahren auch immer wieder Führungskräfte gesucht würden, heißt es seitens des Unternehmens. Bedeutet: Nach der Ausbildung gibt es verschiedene Möglichkeiten sich weiterzubilden, seinen Meister oder Techniker draufzusatteln und vielleicht noch berufsbegleitend zu studieren.

Lesen Sie auch

Entsprechend gebe man sich Mühe, als Arbeitgeber attraktiv zu sein, den Auszubildenden Einsätze an unterschiedlichen Standorten zu ermöglichen und ihnen so die Chance zu bieten, die ganze Vielfalt des Unternehmens kennenzulernen, sagt Birgit Kernebeck.

Dialog mit der Jugend bringt Schüler und Betriebe zusammen

Projekte wie der Dialog mit der Jugend, den die Talentmetropole Ruhr regelmäßig organisiert, helfen dabei selbstverständlich. Jugendliche erhalten so Einblicke in die Betriebe, kommen in Kontakt mit Verantwortlichen aus der Wirtschaft, gleichzeitig kann sich das Unternehmen als potenzieller Arbeitgeber zeigen und um künftige Fachkräfte werben.

Auch interessant

Das Projekt richtet sich an Gymnasien, Gesamtschulen und Berufskollegs aus dem gesamten Ruhrgebiet. Und so sind an diesem Nachmittag Schülerinnen und Schüler aus Castrop-Rauxel, Dinslaken und Essen in Gladbeck zu Gast. In kleinen Gruppen führen die Pilkington-Verantwortlichen sie durch die Produktionshallen.

1300 Tonnen Glas werden in Gladbeck an einem Tag produziert

Sogar ein Blick in den glühend-grellen Schmelzofen ermöglichen sie ihren Besuchern. Wer dort hineinschauen will, muss sich eine Schweißermaske vors Gesicht halten – die Glut ist schlicht zu grell für die Augen. Aus dem Ofen fließt das Glas dann in das Floatbad, gefüllt mit flüssigem Zinn. Weil das flüssige Glas leichter ist als das Zinn, schwimmt es in dem Bad. Durch die Oberflächenspannung bilden sich dann sehr glatte Flächen.

++ Folgen Sie der WAZ Gladbeck auch auf Facebook! ++

Am Ende des Floatbades ist das Glas immer noch rund 600 Grad heiß – zu Beginn rund 1100. Es wird abgekühlt und am Ende des Prozesses in überdimensionale Scheiben geschnitten. Der Fachmann spricht hier auch von „Blättern“. Das klingt harmlos, tatsächlich ist so ein Blatt 3,21 Meter mal sechs Meter groß und kann – je nach Dicke einiges an Gewicht auf die Waage bringen. „Bei einer Dicke von vier Millimetern wiegt ein Quadratmeter zehn Kilogramm“, erklärt Qualitätsprüfer Christian Püttmann, der einige der Jugendlichen durch das Werk führt. Rund 1300 Tonnen Roh- und beschichtetes Glas entstehen so täglich in Gladbeck.

Zahlen und Einblicke, die die jungen Besucher sichtlich beeindrucken. „Es war sehr interessant und für absolutes Neuland so eine Produktion mal zu sehen“, sagt Emir. Er habe überhaupt keine Vorstellung gehabt, wie Glas hergestellt wird und wie aufwendig der Vorgang ist. Und, könnte sich der 21-Jährige vorstellen, sich hier zu bewerben? Durchaus sagt er, allerdings liege sein Fokus bisher eher auf dem kaufmännischen Bereich.