Gladbeck. Wucher: Weil er hohe Rechnungen für seinen Schlüsselnotdienst gestellt haben soll, ist ein Gladbecker angeklagt. Die Taten liegen lange zurück.

Manchmal mahlen die Mühlen der Justiz wirklich langsam. Vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Gladbeck muss sich ein mittlerweile 27-Jähriger für Taten aus den Jahren 2016 und 2017 verantworten. Ihm wird Wucher vorgeworfen. Als Betreiber eines Schlüsselnotdienstes soll der Gladbecker in sechs Fällen Kunden deutlich überhöhte Preise in Rechnung gestellt haben. Das zu viel kassierte Geld summiert sich laut Anklage auf rd. 2287 Euro. Der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen.

Eine Erklärung für die lange Zeit zwischen den Taten und der jetzigen Verhandlung: „Die Geschädigten hatten zwar zeitnah Anzeige erstattet, das Verfahren wurde aber seinerzeit eingestellt, vereinfacht ausgedrückt mit der Begründung: Wenn der Kunde eine Rechnung unterschreibt, ist er selbst dafür verantwortlich“, erläuterte der Vorsitzende Richter Bernd Wedig.

Nur eine Geschädigte hat den Gladbecker auf einem Foto erkannt

Seit einer Änderung der Rechtsprechung im Jahr 2020 gelten solche Taten doch als Wucher bzw. Betrug. Das Verfahren wurde wieder aufgenommen. Weil es sich „nur“ um ein Vergehen handelt, leitete 2022 ein Einzelrichter am Amtsgericht Gladbeck die Verhandlung. Aber: Der Angeklagte war in zwei Fällen noch Heranwachsender. Deshalb ist das Jugendschöffengericht zuständig.

Und dort wurde jetzt schnell klar, dass der Fall kompliziert ist. So hat nur eine Geschädigte den Angeklagten auf einem Foto als den Mann identifizieren können, der ihr den Zugang zu ihrer Wohnung wieder ermöglicht hatte. Monteure, die bei den Geschädigten u. a. in Krefeld, Bochum und München im Einsatz waren, sind nicht bekannt. Ungeklärt ist auch, wie sie an die Rechnungsformulare des Angeklagten gekommen sind. Einige Kunden bezahlten bar, andere per Kartenlesegerät. Dieses Geld landete aber nicht auf dem Konto des Angeklagten, sondern dem einer Essener Firma. Auch andere Fragen können bisher nicht beantwortet werden.

„Vielleicht hat mein Mandant nur die Rechnungsformulare zur Verfügung gestellt, und in Wahrheit stecken Andere hinter der ganzen Sache“, gab der Verteidiger zu bedenken. Auch dem Vorsitzenden Richter sind solche Fälle bekannt. Über die Anregung des Verteidigers, das Verfahren nach dem Jugendstrafrecht unter Auflagen (Geldbuße oder soziale Arbeitsstunden) einzustellen, konnte nicht entschieden werden, weil sie Staatsanwältin von ihrer Kollegin, die den Fall federführend bearbeitet hat, die klare Ansage bekommen hatte, einer Einstellung nicht zuzustimmen: „Mir sind die Hände gebunden.“

Fast sieben Jahre nach der ersten Tat ist der Fall immer noch nicht erledigt

Auch fast sieben Jahre nach der ersten Tat ist der Fall damit immer noch nicht erledigt. Richter Wedig ordnete Nachermittlungen vor allem mit Blick auf die Zahlungsflüsse an. Fortsetzung folgt bei einem neuen Verhandlungstermin.