Gladbeck. Ein Notdienst-Monteur aus Gladbeck ist in Weimar festgenommen worden. Sein Opfer sollte einen Wucher-Preis für die Türöffnung zahlen.

Die miese Masche eines offensichtlich bundesweit agierenden Schlüsseldienstes zieht jetzt von Thüringen seine Kreise bis ins Ruhrgebiet. Ein Gladbecker und sein mitreisender Kollege wurden wegen des Verdachtes der Wucherei in Weimar festgenommen. Die Pressestelle der Kreispolizeibehörde Recklinghausen warnt in diesem Zusammenhang davor, sich in der Notsituation einer zugefallenen Tür von Mitarbeitern unseriöser Schlüsseldienste unter Druck setzen zu lassen. „Drastisch hohe Preise sollten nicht gezahlt und im Zweifelsfall die Polizei informiert werden“, so Polizeihauptkommissar Michael Franz. „Werden von den Schlüsseldienstmitarbeitern sogar Drohungen ausgesprochen, liegt der Verdacht einer Straftat nahe, die angezeigt werden kann.“

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Zurück zum aktuellen Fall: Ein 30-jähriger Mann aus Weimar hatte sich aus seiner Wohnung ausgesperrt und benötigte dringend Hilfe. Er recherchierte via Smartphone im Internet und stieß auf einen vermeintlich örtlichen und günstigen Schlüsseldienst mit kostenloser Rufnummer. Grund zum Misstrauen hätte schon die Tatsache geboten, dass dann die ‘Helfer in der Not’ nicht mit einem lokalen Autokennzeichen vorfuhren, sondern in einem Kastenwagen mit RE-Kennzeichen anrückten.

Die Monteure forderten zuerst eine Anzahlung in Höhe von 300 Euro

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Der Gladbecker (26) und sein Komplize (57) gingen laut der zuständigen Landespolizeiinspektion Jena sofort perfide vor. „Bevor die angeforderten Mitarbeiter des Schlüsseldienstes mit ihrer Arbeit begannen, forderten sie eine Anzahlung in Höhe von 300 Euro und behielten den Ausweis des Geschädigten ein. Mit der Maßgabe, diesen erst nach Begleichung des offenen Betrags von weiteren 150 Euro wieder heraus zugeben“, so Polizeihauptkommissarin Steffi Kopp. Der 30-Jährige sollte sich hierzu bei dem Schlüsseldienst erneut melden, um eine Übergabezeit abzusprechen. Da ihm diese Vorgehensweise merkwürdig vorkam, habe er die Polizei informiert. Eine Anzeige wegen Wuchers sei daraufhin aufgenommen und an die Kriminalpolizei Weimar übergeben worden, so die Pressesprecherin, „die im Rahmen ihrer Ermittlungen dann die Täter festnehmen konnte“.

Das rät die Verbraucherzentrale

1. Preis vereinbaren: Am Telefon sollten Kunden bereits nach dem Komplettpreis fragen. In der Regel dauert die Öffnung einer zugefallenen Tür wenige Minuten. Vor der Auftragsvergabe sollten sich Kunden mit dem Schlüsseldienst auf einen Festpreis einigen.

2. Auftrag und Rechnung: Nur das Öffnen der Tür beauftragen. Eine Auswechslung des ganzen Schlosses ist meist nicht notwendig. Viele Firmen versuchen, den Betrag in bar zu kassieren. Kunden sollten aber nur zahlen, wenn die detaillierte Rechnung aller Einzelposten vorliegt und diese der Vereinbarung entspricht.

3. Notfalls die Polizei holen: Wenn der Schlüsseldienst plötzlich deutlich mehr Geld verlangt, als am Telefon vereinbart, dann sollten Kunden nur auf die Zahlung des vereinbarten Preises bestehen und bei ausgeübtem Druck die Polizei alarmieren.

4. Lokaler Notdienst: Am besten informiert man sich unabhängig von einer Notsituation über einen nahe gelegenen seriösen Schlüsseldienst und dessen Preise. „Notpässe“ fürs Portemonnaie gibt es bei der Verbraucherzentrale.

Dabei stellte sich heraus, dass der gefasste 26-jährige Deutsche aus Gladbeck türkische Wurzeln hat, ebenso wie sein Komplize, der sich zunächst mit falschen Personalien als Bulgare ausgegeben hatte. Aus gutem Grund, denn gegen den 57-Jährigen liegt ein internationaler Haftbefehl vor. Der Mann stammt wie viele Gladbecker, die als Gastarbeiter ins Ruhrgebiet kamen, aus der Stadt Zonguldak an der türkischen Schwarzmeerküste. Dort war er an einer illegal betriebenen Kohlengrube beteiligt, in der sich ein Unglück mit Todesfolgen ereignet hat. Zwei Männer erstickten in der wohl schlecht bewetterten Grube. Der 57-Jährige ist wegen fahrlässiger Tötung zu fünf Jahren Haft verurteilt worden, konnte bis jetzt aber nicht dingfest gemacht werden.

Die Polizei stellte bei der Durchsuchung Bargeld, ein Kartenlesegerät und Werkzeug sicher

In dem Kastenwagen und bei der Durchsuchung der Männer stellte die Polizei Geld, ein Kartenlesegerät für EC- oder Kreditkarten und diverses Werkzeug sicher. Über die weitere Vorgehensweise mit den Tätern entscheide nun die Staatsanwaltschaft. Bekannt sei, so die Polizei Jena, dass es in Sachen unseriöse Schlüsseldienste offenbar Vermittlungszentralen gebe, „die bundesweit Subunternehmer zu ausgesperrten Kunden in Not aussenden, um überhöhte Rechnungen zu stellen“.

Die für Gladbeck zuständige Verbraucherzentrale in Bottrop hatte in der Vergangenheit bereits vor dem polizeibekannten „Schlüsselnotdienst Tag und Nacht“ aus Essen gewarnt, dessen Monteure überhöhte Rechnungen ausstellten. Für die einfache Türöffnung seriöser Fachfirmen seien 80 Euro in der Woche und bis zu 150 Euro am Wochenende als Preis angemessen und nicht mehrere hundert oder tausend Euro.